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Rinne, Christoph
Odagsen und Großenrode, Ldkr. Northeim: jungsteinzeitliche Kollektivgräber im südlichen Leinetal — Rahden/​Westf.: Leidorf, 2003

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.67240#0055
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Christoph Rinne - Odagsen und Großenrode

Siedlungsgrube 115 (Busch 1975, 72; Taf. 4,8; 65,10;
93). Nur 5 m nördlich, im mittleren Bereich der Grube,
wurden zwei Holzkohleproben entnommen. Die eine, in
einer Tiefe von 1,2 m geborgen, erbrachte ein mittel-
bronzezeitliches Datum, die zweite, nur 2 m westlich in
einer Tiefe von 1,7 m geborgen, ein jungbronze-
/ältereisenzeitliches Datum (Busch 1975, 40)8 * * * * *. Das
umfangreiche Material der Siedlungsgrube weist dabei
neben langlebigen Elementen wie Ringabrollung und
Strichgruppenverzierung (Busch 1975, 30; 34; Taf. 86;
87) auch drei Fragmente auf, die mit der Umenfelderkul-
tur in Verbindung gebracht werden können (Busch
1975, 35; 39; Taf. 52,4.5; 57,2). Neben der Holzkohle-
probe HV-3518 belegen auch einige Steinbeile neolithi-
schen Charakters eine mögliche Vermischung mit deut-
lich älterem Material (Busch 1975, 21 f., Taf. 60).
Das Einbecker Randfragment entstammt der fundreichen
Grube 262, aus der u.a. Randscherben von Terrinen und
einer scharf profilierten Tasse sowie eine kreisbuckel-
verzierte Wandscherbe geborgen werden konnten
(Werben 1996, 41f, Taf. 37.5-14). Nicht für jeden der
angeführten Vergleiche ist eine jungbronzezeitliche
Datierung gesichert. Die aus dem Hügel II von ,ßrävin s-
löcker“ bei Duingen angeführte Terrine wurde ohne
Grabzusammenhang geborgen, und das hallstattzeitliche
(Ha C) Grab 9 aus demselben Hügel belegt die räumli-
che Nähe der frühen Eisenzeit (PETERS 1990/91,332f.).
Zu der kreisbuckelverzierten Wandscherbe wird ein
Vergleichs stück aus Hohnstedt angeführt, das mit einer
früheisenzeitlichen Schälchenkopfnadel vergesellschaftet
war (Althoff 1992, 140; 198 Kat.-Nr. 70; 237 f. Abb.
62,15; 63,8). Die Schwierigkeit, Keramik der jüngeren
Bronzezeit und älteren vorrömische Eisenzeit im südli-
chen Niedersachsen zu trennen, bleibt somit bestehen. Es
verwundert daher nicht, dass aus einem annähernd
gleichzeitig publizierten Befund aus Bründeln, Ldkr.
Peine, ein schöner Vergleich zu einer Tasse aus der
Einbecker Grube (WERBEN 1996, Taf. 37,7) aus einem
früheisenzeitlichen Horizont angeführt werden kann
(Geschwinde/Petschmann 1996, 30; Taf. 6,1).
Ein kleines Randfragment einer Schale (Gef. 40, Taf.
43) zeigt eine deutliche Schwappleiste. Vergleiche kön-
nen von zahlreichen südniedersächsischen Fundplätzen
der Eisenzeit angeführt werden (Althoff 1992, 233
Abb. 48,5; 228 Abb. 53,3; 237 Abb. 62,2; 241 Abb.
66,12. Both 1987, 132 Abb. 3,1/6. A. Heege 1987, 93
Abb. 15,2.3.6.9.15. Raddatz 1981, 225 Abb. 3.
Schlüter 1975, Taf. 15,14; 17,2. Werben 1996, Taf.
39,5). Es handelt sich um eine sehr langlebige Form, der
nur in Kombination mit einer unterrandständigen Hen-
kelöse oder mit einer eingedrückten Verzierung eine

8 Es handelt sich um die Proben Hv-3518 und Hv-3929. Die Altersan-
gaben sind die unkalibrierten 14C-Daten minus 1950, mit der Streuung
der einfachen Standardabweichung (vgl. Probe Hv-587 und Geyh
1967, 202). Für die Probe HV-3518 ergibt sich somit 3210 ±140 BP,
für die Probe Hv-3929 2600 ±35 BP. Die mit dem Programm Oxcal
v2.18 kahbrierten Werte ergeben: Hv-3518; In 1690 BC - 1370 BC,
1350 BC - 1310 BC; 2g 1900 BC - 1100 BC. Hv-3929; 1g 817 BC -
787 BC; 2g 840 BC - 760 BC, 680 BC - 660 BC, 630 BC - 600 BC

chronologische Relevanz zukommt (SCHLÜTER 1975,92
f.). Für das Fragment aus Odagsen ist dies nicht belegt
und so verwundert es nicht, dass unter den genannten
Vergleichsfunden aus der Siedlung bei Hohnstedt ein
Fragment mit der bereits erwähnten früheisenzeitlichen
(Ha C/D) Schälchenkopfnadel vergesellschaftet war
(Althoff 1992,140, 198 Kat.-Nr. 70; 237 f. Abb. 62,2;
63,8) und ein weiteres auch mit einer zweigliedrigen
Stufenfibel der Stufen Lt C/D (Althoff 1992, 151; 223
f. Abb. 48,5; 49,22). Der Zusammenfund des genannten
Schalentyps in der Jettenhöhle mit einer Fibel der Var. J
nach Beltz bzw. G/H nach Kostrzewski bestätigt nur das
Vorkommen in der Stufe Latene Dl (Both 1987, 131
Abb. 2, 3; 133).
Hiermit ergibt sich für das Fundmaterial aus Odagsen
eine mögliche Erweiterung des chronologischen Rah-
mens bis in die späte Eisenzeit, die durch den Fund der
Randscherbe eines eiförmigen Topfes bestätigt wird
(Gef. 23, Taf. 44). Das Fragment zeigt ein mäßig ge-
wölbtes Oberteil, auf das der Rand schräg nach außenge-
stellt ansetzt. Die Randlippe ist flach abgestrichen und
dadurch nicht vollkommen gleichmäßig nach außen
verbreitert. Diese Gefäßform ist zahlreich unter den
Lesefunden der eisenzeitlichen Siedlung am Steinbühl
bei Nörten-Hardenberg vertreten (Raddatz 1981, 227
Abb. 4) und findet sich auch mit Exemplaren der Varian-
ten d und e nach Schlüter unter den Funden der Pippins-
burg bei Osterode im Harz (Schlüter 1975, 91 f.; Taf.
14,4; 7). Für diese Funde sind deutliche Bezüge zu den
Töpfen von der befestigten Höhensiedlung auf dem
Kleinen Gleichberg bei Römhild herausgestellt worden,
deren unterschiedliche Varianten sich nahezu ausschließ-
lich durch die Gestaltung des Randes unterscheiden.
Allen Töpfen ist ein Mündungsdurchmesser um 20 cm
eigen, worin ihnen das Odagser Exemplar mit einem
nicht exakt bestimmbaren Durchmesser von 19-21 cm
entspricht (Peschel 1962, 55). Unter den für die Gefäße
vom Kleinen Gleichberge herausgearbeiteten Randtypen
findet sich keine exakte Entsprechung. Der abgesetzte
Rand spricht zumindest gegen einen Vergleich mit der
einfachen, geschwungenen Randbildung, die an den
Anfang der jüngeren Latenezeit gestellt wird, und für
eine Verbindung mit den Spätlatenetöpfen, die gleich-
falls einen abgesetzten Rand aufweisen (Peschel 1962,
56).
Eine letzte Wandscherbe (Gef. 115) ist in diesem Zu-
sammenhang noch zu erwähnen. Sie zeigt eine Verzie-
rung aus breiten, kräftig ausgeführten Besenstrichen, die
sich, überwiegend schräg angeordnet, kreuzen. Nahezu
identische Funde können vom Kleinen Gleichberg ange-
führt werden (Peschel 1962, Taf. 18,A6; 19,B11;
41,15), doch sind sie darüber hinaus auch in Mittel-
deutschland und am westlichen Harzrand in Nieder-
sachsen belegt (R. Müller 1985, Taf. 57,8; 71,11; 72,6.
Schlüter 1975, Taf. 15,10; 19,21). Besenstrichverzie-
rungen sind in der Latenezeit sehr häufig vertreten und
kommen in der älteren und jüngeren Siedlung vom Klei-
nen Gleichberg vor. Die schräg sich kreuzenden Muster
scheinen dabei jedoch eine eher ältere Datierung aufzu-
 
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