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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0040
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36

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

5. DAS AREAL IM 2. UND 3. JH. N. CHR.
Philipp von Rummel
Der West-Trakt
In dem Hof des West-Traktes wurden einige Jahrzehnte nach der
Einbringung des Laufniveaus 11 zwei kurze, 2,20 m und 2,30
m lange, ca. 60 cm breite, rechtwinklig an Mauer 8 stoßende
Bruchsteinmauern (64, 65) errichtet (Beil. 1). Relativchronolo-
gisch wird die Errichtung von Mauer 64 durch zwei Befunde
gefasst: Boden 11, der von den Mauern geschnitten wird, und
die Verfüllschicht 67, die an die Mauer anläuft. Dies ergibt ei-
nen Errichtungszeitraum zwischen der Wende des 1. und 2. Jhs.
n. Chr. und dem mittleren 3. Jh. n. Chr.204 Zusätzlich konnte
der westliche Teil der Baugrube samt Füllung dokumentiert wer-
den (91). Die Funde weisen auf die Mitte des 2. Jhs. n. Chr.,
nur das Fragment eines Tellers ARS A/D Hayes 181 (Kat. D
38) weist auf eine spätere Zeitstellung. Die mit vielen Funden
homogene und gut ins späte 2. Jh. n. Chr. datierbare Verschüt-
tungsschicht 67 hat ebenfalls ein Fragment ARS A/D Hayes 181
(Kat. D 200). Da 67 relativchronologisch jünger ist als die Gru-
benfüllung 91, handelt es sich bei Fragmenten Hayes 181 wohl
um frühe Exemplare dieses Typs205. Mauer 65 wird durch die
Mauer 8 gefasst, an die sie mittels einer Stoßfuge anläuft, sowie
durch die fundleere Baugrube 85 und die Schichten 84 und 82,
mit denen die Fläche zwischen den Mauern 64 und 65 verfüllt
wurde. Das jüngste klar bestimmbare Fragment aus Bef. 82
ist ein Fragment ARS A Hayes 6B (Kat. D 372) aus der Mitte
des 2. bis Ende des 2. Jhs. n. Chr. Im Befund fanden sich aber
auch 2 Bodenfragmente von ARS D, die auf ein späteres Datum
hinweisen. Bef. 84 enthielt keine nach Typ bestimmbaren Frag-
mente, aber 3 Scherben ARS C und 6 Fragmente ARS D, die
auch hier auf einen deutlich späteren Entstehungszeitpunkt des
Befundes als das mittlere 2. Jh. n. Chr. hinweisen.
Die Mauern 64 und 65 bildeten gemeinsam mit Mauer 8
einen kleinen Raum, der von den verschiedenen Laufniveaus
des 1. Jhs. n. Chr. jedoch nicht zugänglich war, da er von
Mauer 83 blockiert war. Die sehr einheitliche Kiesschüttung
82 wird nach oben hin durch einen Boden aus Bruchsteinen
und Mörtel (70) abgeschlossen. Ob dieser Boden zur ersten
Nutzungsphase der Mauern gehört, ist unklar. Die wenigen
datierbaren Keramikfragmente aus der Schüttung 82 sprechen
jedoch nicht dagegen, dass der Bau der Mauern 64 und 65,
die massiven Aufschüttungen 67 und 60 sowie Kiesschicht 82
und Boden 70 recht zeitnah im Rahmen einer größeren Um-
gestaltung erfolgt sind. Mit dem Fragment Hayes 181 in der
Baugrubenverfüllung 91 und den Bef. 67, 82 und 84 deutet
sich trotz zahlreicher älterer Stücke eine allgemeine Datierung
dieser Umgestaltungsmaßnahmen im 3. Jh. n. Chr. an. Der
Durchgang in den Raum zwischen 64 und 65 war jedoch auch
auf der Höhe des Bruchsteinpflasters durch die vorrömische
204 Zu 11s. Kap. II. 4; zu 67 s. in diesem Kapitel.
205 Die Gliederung der Form Hayes 181 in unterschiedliche Varianten
durch M. Bonifay (Bonifay 2004, 211—215) erschien nach der Aufnahme der
Funde vor Ort durch G.-C. Rossi. Da das Fundmagazin anschließend nicht
mehr zugänglich war, konnte die Bestimmung dieser Fragmente nicht präzisiert
werden.

Mauer 83 gestört, sodass der Raum entweder von oben begeh-
bar war oder er nicht der primäre Zweck der Mauern 64 und
65 war. Ihre Funktion bleibt auf der Grundlage des derzeitigen
Kenntnisstandes unklar.
Nach Errichtung der Mauern 64 und 65 wurde das Areal
südlich der Straße, das von der langen West-Ost-Mauer (8;
Beil. 1) begrenzt wird, im späten 2. Jh./ 3. Jh. n. Chr. durch
mehrere starke Schuttschichten bedeckt (Taf. 2, 1). Die massi-
ven Verfüllungen sind sowohl im westlichen wie im östlichen
Grabungsareal zu beobachten. Im Westen wird das Laufniveau
11 auf der ganzen Fläche des Schnitts von Schicht 67 über-
lagert, die genau wie die darauf folgende Schicht 60 neben
grau-braunem, schlufflgem Erdmaterial Bruchsteine und Bau-
schutt aufweist: Fragmente von Wandverputz, Wandmalerei,
Mosaikbruchstücke, marmorne Wandverkleidung, Gewölbe-
röhren und Nägel. Parallel dazu lagerten sich auch im Osten
über dem Laufniveau des späteren 1. bis frühen 2. Jhs. n. Chr.
(281, 119) gleichartige Füllschichten ab (267, 206, 178, 356,
355, 87=107, 81, 181, 187), die allesamt in die Mitte bzw. die
zweite Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. datieren (Taf. 4, 1).
Das Fundmaterial der verschiedenen und stratigraphisch
gut differenzierbaren Auffüllschichten ist insgesamt recht ho-
mogen. Im Ostteil des Grabungsareals ist nach den Anschüt-
tungen 356, 355 und 87=107 die Mauer 8 aus unbekannten
Gründen noch einmal freigelegt worden. Die hierdurch ent-
stehende Grube wurde durch den hauptsächlich aus aufge-
schichteten Bruchsteinen bestehenden Bef. 90 geschlossen,
unter dessen Fundmaterial ein Fragment ARS A Hayes 9B
(Kat. D 653) einen terminus post quem in der zweiten Hälfte
des 2. Jhs. n. Chr. gibt. Aufgrund vieler jüngerer Formen in
benachbarten Befunden ist davon auszugehen, dass zwischen
dem terminus post quem und der tatsächlichen Ablagerung
des Fragments eine längere Zeit vergangen ist und Bef. 90 im
Laufe des 3. Jhs. n. Chr. entstanden ist. Uber 90 lagerte sich
wiederum die massive Schicht 81 ab, die der Schicht 60 im
Westteil des Grabungsareals entspricht und deren jüngste da-
tierende Funde zwei Fragmente ARS A/D Hayes 181 (Kat. D
120; Kat. D 199) darstellen. Aufgrund der Kombination mit
den anderen Funden und im relativchronologischen Kontext
ist Schicht 81 wie Schicht 60 in das 3. Jh. n. Chr. zu datieren.
Nach der Einbringung der Schichten 81 und 60 wurde auf der
planierten Fläche eine ca. 1, 30 m breite Grube mit senkrech-
ten Seitenwänden angelegt, deren Verfüllung (161 = 162=188)
sich absolutchronologisch nicht von der umgebenden Schicht
81 unterscheiden lässt. Auch hier handelt es sich bei den jüngs-
ten Funden um zwei Fragmente ARS A/D Hayes 181 (Kat. D
167; Kat. D 418). Der zeitliche Abstand zwischen Schicht 81
und der Anlage sowie der Verfüllung der Grube war demnach
zumindest nicht so groß, dass er sich in charakteristischem
Feinkeramikmaterial niedergeschlagen hätte. Die Funktion der
Grube ist unbekannt.
Überall finden sich klein fragmentierte Reste von Innenar-
chitektur (bemalter Wandverputz, Fragmente von Marmorver-
kleidung, Mosaiksteine), die darauf schließen lassen, dass die
insgesamt bis zu 1,60 m hohe Aufschüttung in einem kurzen
Zeitraum erfolgt ist. In den älteren Befunden des Grabungsa-
reals fanden sich keine Hinweise auf entsprechende Raumde-
koration. Es ist daher zu vermuten, dass der mit Erdmaterial
 
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