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35 «Ä-

driickt das Siegel sciner Gegenwart scharf und kühn auf
die Dinge umher, sein Leben mündet, wie es kommt, als
ein Tropfen, als ein Bach, viellcicht auch als ein ma-
jestätischer Strom hinüber in den Ocean der allgemeinen
Geschichte. Da ist befriedigter Ehrgeiz, geloschtec Wissens-
durst, ein heiteres Bewußtsein eigenec Kraft, eine allsei-
tige Anschauung dcr Welt: wir sehen die Erfolge der
Jdeen, für die wir gestritten, wir sehen die Schonheits-
gestalten, die wir in einsamen Stunden gedichtet und ge-
bildet. Auch in diesen Dingen ist eine herzschwellende
Poesie, aber nicht jene Süßigkcit des Gefühles mehr, wie
da du schweigend zu den Füßen der Geliebten saßest, an
ihrem Auge hingst und jedes Lächeln ihres Mundes, je-
den flüchtigen Gedankenschatten ihrer Stirn bewachtest.
Die wahre erste Liebe ist dcr Segen unseres Morgenroths,
dessen Erinnerung wir als einen herrlichen Traum hin-
übernehmen in die schwülcn Mittage und kalten Abende
des Lebens; auch sie, wie alles Göttliche, wird vom Men-
schenherzen in scincr unvergleichlichen Gewalt und Tiefe
nur einmal empfunden und genossen.

Von solchen Betrachtungen war Robert freilich weit
entfernt. Er gab ssch ganz dem Strome der schönen Ge-
genwart hin, und die seligsten Stunden folgten einandcr.
Marie entfaltete sich in ihrer eigensten Liebenswürdigkeit
schöner von Tag zu Tag vor seinen Augen; er sclbst
cmpfand sich in allen Lebenspulsen gestcirkt und wie wic-
dergeboren zu dcn Thaten einer stolzeren Aukunft. Nur
Eins mißstimmte unsern Freund. Er hattc Maximilian
die Nachricht seiner jungen Liebe mitgetheilt, bei diescm
 
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