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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 6.1913

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Nr. 5 (Sept. u. Okt.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25476#0086
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man an eine schon vorhandene Kelten-
siedlung anknüpfte oder dass jedenfalls
einheimischer Einfluss bei der Wahl des
Namens mitspielte; denn Flussnamen —
Nida = Nidda ist ein solcher — als Be-
zeichnung der Siedlung am Ufer ist Zeichen
ältester Namenprägung, indes nicht bloss
besonders auf keltischem Gebiet, wie Verf.
S. 14 annimmt, sondern ebenso sehr auf
germanischem (wie z. B. dem chattischen
Mattium ein Gewässername zu grunde liegt)
und andern Sprachgebieten.

DerVorort der civitas Taunensium (dies
war seit der Hadrianischen Neugestaltung
der Gemeindeverhältnisse das nunmehrige
Stadtgebiet Nida) erhielt ebenso wie Laden-
burg (Lopodunum) und Wimpfen noch
unter Hadrian 2 m starke, 3 — 4 m hohe
Stadtmauern mit einem 7 m breiten und
etwa 2 m tiefen Graben; das ist insofern
bemerkenswert, als manche Ortschaften
von ähnlicher Bedeutung Iinks des Rheines
erst viel später (eben erst infolge der Zu-
rückverlegung der Verteidigungslinie) eine
gleich starlce Befestigung erhielten. Die
Frage nach dem Strassennetz ist, so viel
geht aus der Darlegung S. 42 ff. hervor,
noch nicht soweit geklärt, dass man eine
Übereinstimmung mit der in Trier und
anders wo durchgef ührten hellenistischen Art,
der schachbrettartigen Rechtwinkligkeit, be-
jahen oder verneinen könnte. Genauer ist
man dagegen über das Forum (89:115 m),
besonders die daran gelegenen Thermen,
unterrichtet. Ein anderes Badegebäude,
vom Verf. „Westthermen“ (S. 46) genannt,
war 68 : 45,50 m gross, zeigt also naturge-
mäss im Vergleich etwa zu den Trierer
Bauten einen gewaltigen Abstand, ähnelt
aber den Anlagen in Pompeji. Wenn es
aber S. 50 bezüglich der Heiligtümer
heisst: „Grössere Bedeutung noch als die
einheimischen Kulte gewannen in der
ganzen römischenWeltdie orientalischen
Religionen“, so wird hier zu stark ver-
allgemeinert. Im Limesgebiet, d. h. im Be-
reich einer Militärgrenze, überwog aller-
dings das Internationale, aber in den weiter
rückwärts gelegenen Strichen, so in Metz,
erst recht in Trier, ja auch in Unterger-
manien dicht am Rhein, da überwog doch
völlig das Einheimische, das Gallisch-
Germanische; es sei nur an die Mütter-
verehrung erinnert.

Was die Wohnhäuser betrifft, so ist
man in der glücklichen Lage, bereits jetzt
hier und da den genauen Grundriss fest-
stellen zu können; mit dem pompejanischen
Haus hat er (wie zu erwarten) weniggemein.
Sehr wichtig scheint mir die Feststellung
(S. 58), dass im Keller eines Gutshofes in
der Nähe der Stadt und besonders eines
solchen bei Dortelweil Wein gekeltert
wurde. Wenn also um das Jahr 150 schon
in diesen rechtsrheinischen Gebieten der
Weinbau blühte, so ist damit der Rück-

schluss auf das dem Anbau jedenfalls er-
heblich früher erschlossene Moselland
unmittelbar gegeben und damit auch das
bisweilen noch vernommene Gerede von
der mangelnden Beweiskraft der Neumage-
ner Grabskulpturen, deren Weinfässer zwar
Weinhandel, aber nicht Weinbau bezeugten,
ins richtige Licht gerückt. Für die gewerb-
liche Tätigkeit in Nida und Umgegend ist
auch (abgesehen von der bis zum Ende
blühenden Töpferei) ein Haus an der 'platea
praetoria' (S. 56) wichtig, in dessen Hof
u. a. ein Schmelzofen für Eisengiesserei
festgestellt wurde.

Der beigegebene neue Plan des Geländes-
der Römerstadt (1 : 2000) ist sehr genau
und übersichtlich.

Mit der Wahl seiner Aufgabe hat Verf.
einen glücklichen Griff getan; man sieht
aus dieser übersichtlichen und anschau-
lichen Zusammenstellung wie an einem
lehrreichen Querschnitt, um wie viel weiter
wir auch im allgemeinen seit den letzten
zwei Jahrzehnten in der Erkenntnis der
römisch-germanischen Welt gekommen sind.

Münster. Franz Cramer.

Johann Schmaus, Geschichte und Her-46.
kunft der alten Franken. (Das Buch
der Geschichte. Einzeldarstellungen aus
der Werdezeit von Kultur und Staat. 2.)

Mit 15 Bildern im Text und 1 Karte.
Bamberg, Buchner 1912. 8°. 4 Mk.

Das Buch ist aus dem Wunsche her-
vorgegangen, klarere Anschauung über die
älteste Geschichte der Franken und beson-
ders über ihre Herkunft in einem weiteren
Kreise zu verbreiten. Der Verf. denkt dabei
in erster Liniean dieLehrer der Geschichte
an höheren Anstalten, aber auch an die
Schüler der oberen Klassen. ErgehtmitBe-
geisteruhg an seine Aufgabe heran, und bringt
es in der Tat dahin, dass seme Darlegungen
„sich nicht allzu trocken lesen“; ich denke
besonders an die Charakteristik der Fran-
ken (S. 164 ff.) und an die Würdigung Chlod-
wigs (S. 138 ffl), in dem er einen Mann von
grosser staatsmännischer Begabung erblickt.
Der Text ist mit Bildern geschmückt, auch
ein Teil der Peutingerschen Tafel wieder-
gegeben; ein Schlagwort-Verzeichnis und
eine Karte erleichtern den Gebrauch.

Der Verf. will aberauch die Lösungeiner
wissenschaftlichen Streitfrage geben, einer
neueren Hypothese über die Herkunft der
Franken zum Siege verhelfen, und da ist
es angebracht, auch an dieser Stelle auf
Art und Inhalt der Darstellung einzugehen.

Offenbar hat sich der Verf. bemüht, die
einschlägige neuere Literatur heranzuziehen,
aber es zeigt sich doch, dass ihm unsere rhei-
nischen Zeitschriften nicht vertraut sind, und
man wird es bedauern, dass er sogar die schö-
nen Darstellungen von Fr. Koepp und E. Sa-
dee nicht kennt: gerade sie fordern für den
ersten Teil zu einem Vergleich heraus, der,
 
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