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die Blattmotive etwas naturalistischer. Die beiden Vögel finden
sich schon im Stiche, die leidenschaftliche Erregung, die sie
auf dem Schnitte erfüllt, blies ihnen der Kopist ein. Wesent-
lich freier sind die Kandelaber, die die Bildfläche seitlich be-
grenzen, gestaltet: nur die zwei bauchigen Schalen jedes
in seiner Mitte und oben erscheinen auf dem Schnitte als die
höchstbetonten Glieder des Rhythmus beibehalten. Die nach
unten sich öffnenden Akanthusblattkelche, auf denen die
Schalen des Schnittes ruhen, sind in ihrer besonderen Form
neu und einem der markantesten (auch von Springinklee
daraus übernommenen) Motive des Pirkheimer-Rahmens des
Birgittenmeisters nachgebildet. Sicher auf Springinklees Bei-
spiel beruhen die drachenartigen Schreckgestalten in den Lei-
bungen der Kandelaber (Hortulus fol. 3 v, 5 v). Gleichfalls
neu sind die beiden Putten des Schnittes. Sie erinnern in ihrer
Lebhaftigkeit an die Putten, die der Birgittenmeister im
Widmungsblatte der Amores und im Ex libris Pirkheimers
angebracht hatte. Der am rechten Kandelaber ist in Beziehung
gesetzt zu der flügelschlagenden Eule, auf die er mit einem
Schweinsschwerte eindringt; der Vogel des Vorbildes steht
im Begriffe, von den Beeren des Rankenwerks zu naschen.
Das kühle Verhältnis des Vogels unten zu der Maske, in die
der untere Bogen der gestochenen Ranke endigt, ist auf dem
geschnittenen Blatte in die lebhafteste Spannung verkehrt. Mit
gesträubtem Gefieder stellt sich das Tier zischend gegen einen
von unheimlichem Leben erfüllten Manneskopf, dessen
stilistische Beziehungen zu den Windsköpfen der Mappa
mundi ebensowenig zu übersehen sind wie die seines Wider-
parts mit dem ruppigen Federkleide, den in Unordnung ge-
ratenen Schwungfedern und dem wehrhaften Schnabel mit
den stark betonten Nasenlöchern zu einigen der Vögel in den
Gebetbuchzeichnungen des H D (z. B. fol. 122). Die dichte
Schraffierung des Grundes, von dem die Ranke des Italieners
sich abhebt, wurde vom H V durch volles Schwarz ersetzt. Die
Vorliebe für tieftonige Folien hat er sich für die Folge
bewahrt. Eine genaue Datierung des Holzschnitt-S ist nicht
leicht zu geben. Die Stiche Zoan Andreas scheinen seit 1507
im Bereiche Dürers sich befunden zu haben. Von der grossen
Ranke speziell hat sich dieser auf der Gebetbucbseite 19 anre-
gen lassen, wie unabhängig von ihm der H V fol. 141 v. Aus

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