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Äusser in Basel, Strassburg und Hagenau kam im Rheintale
noch eine Arbeit des H V zur Ausgabe, das für das Wo r m s e r
M i s s a 1 e von 1522 entworfene Canonbild* 1) (Fig. 66). Es
ist der Hauptsache nach eine verfeinernde Paraphrase des
Canonbildes Anshelms. Maria (das betonte Kinn) und Johannes
(die preziöse Lockenbildung, die scharf konturierte Nase, die
Fingerhaltung der rechten Hand) schliessen unmittelbar an im
Triumphzuge zu beobachtende Gepflogenheiten des H V, Maria
in der Faltung der Hände an die Hauptfigur in der grossen
Initiale S des Anshelm (Heitz VI). Der Christus geht abermals
auf den des Ursulaschiffes zurück. Diesmal ist auch der Kopf
in die Anleihe einbezogen und die Bewegtheit des Schamtuches
beibehalten; die Beine hingegen sind weniger gestreckt. Die
Bühne der Szene und ihre Requisiten stimmen so ganz zu
denen der Hagenauer Kreuzigung (die Landschaft, der Toten-
schädel in seiner unbestimmten Formgebung) und zu Einzel-
heiten des grossen Alphabetes (der Baumschlag im D, Heitz II),
dass auch nach dieser Seite hin der Zusammenhang gegeben
ist. Ich halte dafür, dass das Wormser Canonbild sehr bald

scheint, den der Meister HS mit dem Kreuze (Nagler, Mon. III, Nr. 144$P
verfertigt hatte, und den Melchior Lotter in Leipzig schon 1516 und der
jüngere Drucker dieses Namens in Wittenberg 1520 verwendeten. Die
erste Zahl erscheint mir unwahrscheinlich früh.
1 Missale secundum ritum & observantiam Ecclesie & diocesis wor-
matiensis. S. typ. & a. fo. Weale S. 217. Das Einbegleitungsschreiben des
Wormser Bischofs Reinardus ist vom 9. I. 1522 datiert. Daß diesem Buche
das überaus seltene Blatt, von dem einen Abdruck das Berliner Kupfer-
stichkabinett, einen anderen Herr 0. Vogelgesang in Freiburg i. B be-
sitzt (dem ich auch die Abbildung verdanke), und das in allen Weale be-
kannten Exemplaren zu fehlen scheint, zugehört, schließe ich u. a. aus
der vollständigen Uebereinstimmung, in der die den Schnitt umgebenden
vier Leisten (die untere ist 1521 datiert) zu dem von einer Hand her-
rührenden sonstigen Buchschmucke des zitierten Missales stehen. Er glie-
dert sich in ein Titelbild, 24 große und viele kleinere Initialen. Elf der
großen kopieren in wechselnder Treue Anshelms große Initialen des H V,
sechs weitere sind in ihren figuralen Füllungen' wahrscheinlich Wieder-
holungen von Straßburger Vorlagen. Im Titelbilde (der stehende hl. Petrus
mit dem knienden Bischof Reinardus und einer Ansicht des Wormser
Domes) kommt der Einfluß Baldungs zum Ausdrucke. Mit diesem Blatte
decken sich stilistisch aufs engste die restlichen sieben großen Initialen,
von denen vier mit ES (Nagler, Mon. II 649 f., Nr. 1753), gelegentlich
unter Hinzufügung des Datums 1521 signiert sind. Der Künstler wird
von Nagler Erhard Schlitzoc genannt. Vgl. Muther, Bücher-Ill. Nr. 1406
bis 1408. Mit der Ornamentik der kleinen Initialen stimmt die der Leisten,
die das Canonbild des HV umschließen.

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