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Weinberger, der die Blätter (233, Abb. des einen Taf. XIII 2, da
andere Fig. 93) in die Literatur einführte, hält sie, einer
handschriftlichen Notiz Naumanns folgend, für Werke Hans
Wechtlins. In Wirklichkeit gehören sie dem Zeichner
der Komödienschnitte; man braucht nur die von den
Kräueln zerfleischte Heilige mit den Jungfrauen des Ko-
mödienschnittes II zu vergleichen, um über diese Tatsa-
che ins klare zu kommen. Das Vorbild, ja das Studium
Dürers wird allenthalben erkenntlich: aus dem Stiche
mit den sechs Kriegern B. 88 nahm der Zeichner unter
vergleichender Heranziehung anderer Blätter Dürers stück-
weise die Ausstattung der Knechte der Marterszene mit den
Kräueln (aus B. 120, demselben Werke, das im Birgittenmei-
ster-Kreise so viel benutzt wurde, mindestens den Turban, aus
B. 10 Hose, Schuhe und die muskulöse Wade des einen Knech-
tes, B. 9 und 61 fand sich die spitze Mütze des andern etc.), und
ich denke, auf die Bückenfigur des türkischen Zuschauers
ebendieses Blattes, die er kunstvoll aus dem Orientalen des
Schnittes B. 73 und dem linken Beine der Maria des Stiches
B. 29 zusammensetzte, wird er nicht wenig stolz gewesen
sein. Auf einen versteckteren Bezug zum Birgittenmeister
mache ich aufmerksam, wenn ich auf die Uebereinstimmung
hinweise, die nach Aussehen und Gebaren die Schergen mit
den Knechten der Bodensee - Schlacht in Berlin verbindet. Der
alte Meister selbst hatte mit den Erlanger Blättern unmittelbar
nichts zu schaffen; wer eben die Benedikt-Folge erledigt
hatte, kann nicht mit jenen Schulübungen belastet werden.
Der Charakter einer Kopie, der den beiden Erlanger Blättern
anzuhaften scheint, erklärt sich aus der geschilderten Art
ihrer Schöpfung. Eine ähnliche Arbeitsweise war, wie wir
sahen, auch dem Birgittenmeister nicht unbekannt. Aber die
fremden Gestalten, die in seinem Werke auftauchen, waren
doch, von einigen besonders krassen Fällen wie dem der Sippe
von 1511 abgesehen, den originalen Bestandteilen seiner Bild-
gedanken vor ihrer Niederschrift bereits völlig assimiliert. Das
ist bei der Erlanger Agnes-Folge nicht der Fall.
Ueberblicken wir die Tätigkeit des Zeichners der Komödien-
schnitte, so finden wir ihn äusserlich vergesellschaftet mit und
innerlich abhängig von dem Birgittenmeister und den jungen
R.1’

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