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Ariadne denken, wie sie die pompejanischen Bilder Heibig
n. 1211 und Not. d. scavi 1880 S. 481) zeigen. Wenn
auch keines der Wandbilder ans der Theseussage in den
Motiven genaue Übereinstimmung mit den Tonreliefs
aufweist, so ist doch die Auffassung und Gruppierung der
Figuren sehrähnlich; im letzten Grund werden die Wand-
bilder und die Tonreliefs meist auf Vorbilder derselben
Zeit zurückgehen.
Auffällig gering gegenüber der grofjen Zahl der Dar-
stellungen aus der Herakles- und Theseussage ist an Zahl
der Typen wie der Exemplare, was sonst an Bildern aus
dei Heldensage auf den Tonreliefs auf uns gekommen ist.
Wenn auch vielleicht in den ersten Zeiten der Vorliebe für
diese Reliefs heroische Stoffe nicht so selten waren, wie
es jetzt schein!, so sind sie doch in der Folgezeit nicht
wieder benutzt worden: vom Bestand dessen, was im
Laufe des ersten und im zweiten Jahrhundert an solchen
Darstellungen auf den Reliefs üblich war, gibt das Erhal-
tene wohl eine im Wesentlichen vollständige Vorstellung.
Sie sollen hier besprochen werden in der Reihenfolge,
dag das wenige, was gewig oder möglicherweise mit der
Mias zusammenhängt, vorangeht, dann die Odysseebilder
folgen, dann die übrigen in alphabetischer Ordnung: Dae-
dalos, Endymiou, Iason, Leda, Leukippiden, Orest, Pe-
lops, Perseus; zum Schluß einige Bruchstücke unbekannter
Darstellungen und, als Übergang zu den mehr dekora-
tiven als erzählenden Bildern, die Amazonenkämpfe.
[MAS
Sicher gegeben hat es eine Darstellung des Priamos
bei Achtlleus in einer Folge von zwei oder drei Platten,
von denen eine nachweisbar ist, eine zweite sich wenig-
stens vermuten lägt.
Sehr zweifelhaft ist schon, ob es auch ein Bild des
Auftretens von Helena vor Priamos gab, oder ob die zu
einer so gedeuteten Darstellung vereinigten Bruchstücke
ursprünglich andere Bedeutung hatten.
Die Tonreliefs mit Darstellung des Palladionraubes,
Overbcck, Hcroengalerie S. 592 n. 43. 44, gehören einer
andern Gattung au. Die Tonreliefs mit dem Parisurteil,
Overbeck S. 245, Welckcr, Ann. d. Inst. XVII S. 202 ff.,
sind nach der Ära Casali gefälscht.
HEKTORS LÖSUNG
Eine Darstellung dieses Inhalts ist ohne Zweifel zu
erschließen aus dem nur sehr unvollsländig erhaltenen
Relief tles British Museum D 608 aus Sammlung
lowuley 429 (Abb. 197. H. 0,585, Br. 0,445 m). Dar-
gestellt war ein Maultierwagen, der am Ziele angelangt
ist: die Tiere stehen ruhig, mit milde gesenkten Köpfen.
Der Wagenlenkcr, aufrecht auf dem Gefährt, trägt eine
phrygische Mütze; eine gleiche bedeckt das Haupt des
Jünglings, der in gegürtetem Ärmelchiton, Hosen und
Schuhen vor den Köpfen der Tiere vorwärts schreitet, mil
der Linken eine reliefverziertc Vase schulternd, in der ge-
senkten Rechten den Rest eines Gegenstandes, der wie
t\<.-r Fufj eines Thymiaterion aussieht. Das Pracht| i
am unteren Teil und au der Schulter mit gedrehten Rie-
feln geschmückt, im Bildstreif dazwischen ist der Kampf
eines Reiters mit einem Krieger zu Fug dargestellt. Den
Hinteigrund für das Maultiergespann bildet eine Mauer
die schräg abgedeckt ist und über die ein ziemlich hohes
Gebäude mit Satteldach emporragte, ein Fensf
scheint nach äugen aufgeschlagen gewesen zu sein. Es
ist der Wagen, der Priamos zum Zelt des Achill gebrachl
hat und von dem jetzt die kostbaren Geschenke abgeladen
werden, ähnlich wie auf den Sarkophagreliefs (Robert
II Taf. XV. XXIV), aber sehr viel schlichter mit Sufjerster
Beschränkung der Figurenzahl dargestellt. Die Arbeit ist
vorzüglich, mehr auf Charakteristik als auf Schönheit ge-
richtet, der der Londoner Korybantenplatte D 501, Taf. XXV,
nahe verwandt, sogar in der eigentümlichen Belebung der
Augen durch aufgesetzte Pünktchen, und gleich ihr gewift
der Übergangszeit zuzurechnen.
Zu dieser Platte mufj eine zweite gehört haben, auf
der Priamos selbst und Achill dargestellt waren; Reste
davon sind bis jetzl nicht bekannt geworden. Weiterhin
aber lägt die Übereinstimmung zwischen Bruchstücken
von Tonreliefs und den Sarkophagbildern noch eine dritte
zugehörige Platte vermuten, auf der wie auf den Sarko-
phagen die abgeschirrten Pferde des Achilleus dargestellt
waren. Die wichtigsten hierher zu zählenden Bruchstücke
von Platten aus verschiedenen Werkstätten sind Taf. LVI
zusammengestellt. Von diesen stimmt das Bruchstück in
Berlin n. 8217, 27 aus Sammlung Dressel in der eigen-
artigen Bildung von Haar und Augen und dem ganzen
Streben nach Charakteristik so sehr mit dem Londoner
Relief D 608 überein, dag die Herkunft aus derselben
Werkstatt kaum zweifelhaft ist, und damit erhöht sich die
Wahrscheinlichkeit, dafi beide Darstellungen ursprünglich
zusammengehört haben, und diesem Berliner Bruchstück
wiederum steht das im Text zu Taf. LVI abgebildete des
Kesliier-Museums in Hannover sehr nahe. Späterhin
müssen dann Platten dieses Typus mehrfach auch in an-
dern! Zusammenhange oder allein verwendet worden sei::.
die beiden andern Tal". LVI abgebildeten Bruchstücke im
Louvre S 913 und in Berlin n. 8806 aus Sammlung
Kopf (Pollak. J. v. Kopf als Sammler n. 176 Tat. VIII'
sind nach dem Charakter der eleganten weichlichen For-
mengebung eher als Gegenstücke zu Tat. LV2 zu denken;
zu einem solchen paßt auch die gleichfalls im Text zur
Tafel abgebildete rechte untere Ecke im kapitolini-
schen Magazin durch die Angabe des Erdbodens so-
wohl wie durch die Form des unteren Zierstreifens. Die
genaue inhaltliche Übereinstimmung aber der beiden Pia''
tenformen steht auger Frage. Der Krieger zwischen den
Pferden wie auf den Sarkophagen und wahrscheinlich ffie
dort die Zügel haltend, dahinter der Jüngling mit dem
Ariadne denken, wie sie die pompejanischen Bilder Heibig
n. 1211 und Not. d. scavi 1880 S. 481) zeigen. Wenn
auch keines der Wandbilder ans der Theseussage in den
Motiven genaue Übereinstimmung mit den Tonreliefs
aufweist, so ist doch die Auffassung und Gruppierung der
Figuren sehrähnlich; im letzten Grund werden die Wand-
bilder und die Tonreliefs meist auf Vorbilder derselben
Zeit zurückgehen.
Auffällig gering gegenüber der grofjen Zahl der Dar-
stellungen aus der Herakles- und Theseussage ist an Zahl
der Typen wie der Exemplare, was sonst an Bildern aus
dei Heldensage auf den Tonreliefs auf uns gekommen ist.
Wenn auch vielleicht in den ersten Zeiten der Vorliebe für
diese Reliefs heroische Stoffe nicht so selten waren, wie
es jetzt schein!, so sind sie doch in der Folgezeit nicht
wieder benutzt worden: vom Bestand dessen, was im
Laufe des ersten und im zweiten Jahrhundert an solchen
Darstellungen auf den Reliefs üblich war, gibt das Erhal-
tene wohl eine im Wesentlichen vollständige Vorstellung.
Sie sollen hier besprochen werden in der Reihenfolge,
dag das wenige, was gewig oder möglicherweise mit der
Mias zusammenhängt, vorangeht, dann die Odysseebilder
folgen, dann die übrigen in alphabetischer Ordnung: Dae-
dalos, Endymiou, Iason, Leda, Leukippiden, Orest, Pe-
lops, Perseus; zum Schluß einige Bruchstücke unbekannter
Darstellungen und, als Übergang zu den mehr dekora-
tiven als erzählenden Bildern, die Amazonenkämpfe.
[MAS
Sicher gegeben hat es eine Darstellung des Priamos
bei Achtlleus in einer Folge von zwei oder drei Platten,
von denen eine nachweisbar ist, eine zweite sich wenig-
stens vermuten lägt.
Sehr zweifelhaft ist schon, ob es auch ein Bild des
Auftretens von Helena vor Priamos gab, oder ob die zu
einer so gedeuteten Darstellung vereinigten Bruchstücke
ursprünglich andere Bedeutung hatten.
Die Tonreliefs mit Darstellung des Palladionraubes,
Overbcck, Hcroengalerie S. 592 n. 43. 44, gehören einer
andern Gattung au. Die Tonreliefs mit dem Parisurteil,
Overbeck S. 245, Welckcr, Ann. d. Inst. XVII S. 202 ff.,
sind nach der Ära Casali gefälscht.
HEKTORS LÖSUNG
Eine Darstellung dieses Inhalts ist ohne Zweifel zu
erschließen aus dem nur sehr unvollsländig erhaltenen
Relief tles British Museum D 608 aus Sammlung
lowuley 429 (Abb. 197. H. 0,585, Br. 0,445 m). Dar-
gestellt war ein Maultierwagen, der am Ziele angelangt
ist: die Tiere stehen ruhig, mit milde gesenkten Köpfen.
Der Wagenlenkcr, aufrecht auf dem Gefährt, trägt eine
phrygische Mütze; eine gleiche bedeckt das Haupt des
Jünglings, der in gegürtetem Ärmelchiton, Hosen und
Schuhen vor den Köpfen der Tiere vorwärts schreitet, mil
der Linken eine reliefverziertc Vase schulternd, in der ge-
senkten Rechten den Rest eines Gegenstandes, der wie
t\<.-r Fufj eines Thymiaterion aussieht. Das Pracht| i
am unteren Teil und au der Schulter mit gedrehten Rie-
feln geschmückt, im Bildstreif dazwischen ist der Kampf
eines Reiters mit einem Krieger zu Fug dargestellt. Den
Hinteigrund für das Maultiergespann bildet eine Mauer
die schräg abgedeckt ist und über die ein ziemlich hohes
Gebäude mit Satteldach emporragte, ein Fensf
scheint nach äugen aufgeschlagen gewesen zu sein. Es
ist der Wagen, der Priamos zum Zelt des Achill gebrachl
hat und von dem jetzt die kostbaren Geschenke abgeladen
werden, ähnlich wie auf den Sarkophagreliefs (Robert
II Taf. XV. XXIV), aber sehr viel schlichter mit Sufjerster
Beschränkung der Figurenzahl dargestellt. Die Arbeit ist
vorzüglich, mehr auf Charakteristik als auf Schönheit ge-
richtet, der der Londoner Korybantenplatte D 501, Taf. XXV,
nahe verwandt, sogar in der eigentümlichen Belebung der
Augen durch aufgesetzte Pünktchen, und gleich ihr gewift
der Übergangszeit zuzurechnen.
Zu dieser Platte mufj eine zweite gehört haben, auf
der Priamos selbst und Achill dargestellt waren; Reste
davon sind bis jetzl nicht bekannt geworden. Weiterhin
aber lägt die Übereinstimmung zwischen Bruchstücken
von Tonreliefs und den Sarkophagbildern noch eine dritte
zugehörige Platte vermuten, auf der wie auf den Sarko-
phagen die abgeschirrten Pferde des Achilleus dargestellt
waren. Die wichtigsten hierher zu zählenden Bruchstücke
von Platten aus verschiedenen Werkstätten sind Taf. LVI
zusammengestellt. Von diesen stimmt das Bruchstück in
Berlin n. 8217, 27 aus Sammlung Dressel in der eigen-
artigen Bildung von Haar und Augen und dem ganzen
Streben nach Charakteristik so sehr mit dem Londoner
Relief D 608 überein, dag die Herkunft aus derselben
Werkstatt kaum zweifelhaft ist, und damit erhöht sich die
Wahrscheinlichkeit, dafi beide Darstellungen ursprünglich
zusammengehört haben, und diesem Berliner Bruchstück
wiederum steht das im Text zu Taf. LVI abgebildete des
Kesliier-Museums in Hannover sehr nahe. Späterhin
müssen dann Platten dieses Typus mehrfach auch in an-
dern! Zusammenhange oder allein verwendet worden sei::.
die beiden andern Tal". LVI abgebildeten Bruchstücke im
Louvre S 913 und in Berlin n. 8806 aus Sammlung
Kopf (Pollak. J. v. Kopf als Sammler n. 176 Tat. VIII'
sind nach dem Charakter der eleganten weichlichen For-
mengebung eher als Gegenstücke zu Tat. LV2 zu denken;
zu einem solchen paßt auch die gleichfalls im Text zur
Tafel abgebildete rechte untere Ecke im kapitolini-
schen Magazin durch die Angabe des Erdbodens so-
wohl wie durch die Form des unteren Zierstreifens. Die
genaue inhaltliche Übereinstimmung aber der beiden Pia''
tenformen steht auger Frage. Der Krieger zwischen den
Pferden wie auf den Sarkophagen und wahrscheinlich ffie
dort die Zügel haltend, dahinter der Jüngling mit dem