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Kekulé von Stradonitz, Reinhard [Editor]; Rohden, Hermann von [Oth.]
Die antiken Terrakotten (Band IV,1: Text): Architektonische römische Tonreliefs der Kaiserzeit — Berlin u.a., 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.948#0303
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l-lKSTKlil'iM'NliI-N L-NUSTOCKK VON KKÖNLWiKN

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das vom unteren Rande übrig war, die dir diese Art von
Stücken bezeichnende schräge Richtung hatte.

Unsicher ist auch, ob das Bruchstück in der Antiken-
Sammlung zu Wien n. 32 (Sacken und Kenner n. 31),
Abb. 482, zu einer Platte gleicher Arl gehörte. Die
Abtreppung des oberen Randes beweis!, dag es sich
um den Teil einer Krönung handelt; aber der untere Teil
mit der für die Verwendung als Firstkrönung bezeichnenden
Knickung des Randes und ebenso die seitlichen Stoßflachen
leiden, aus deren schräger Stellung man Seldüsse ziehen
könnte. Erhalten ist der Oberkörper einei geflügelten Frau
mit einem Modius auf dem Haupte. Die Flügel sind ge-

senkt, der Kopf ins Profil nach links gedreht. Die Kleidung
scheint aus einem hochgegürteten Chiton mit kurzen
Ärmeln bestanden zu haben, der von der linken Schulter
auf den Arm herabgeglitten ist. Auf der linken Hand
tragt die Frau in Schulterhöhe einen Korb mit Früchten,
von denen eine in Form einer Rübe mit ihrer Spitze hoch
emporragt. Ob die Figur vollständig war oder vielleicht
auch hinter Akanthusblättem zum Vorschein kam wie
Tai. LX 3—5, lägt sich nicht mehr entscheiden. Die Platte
ist dünn, der harte feine Ton hellrötlich. Die Arbeit ge-
hört gewifj dem ersten Jahrhundert n. Chr. an. Ein fast
gleiches Stück befindet sich im Musco Gregoriano.

Daß es sehr verschiedene Arten von Firstkrönungen
gab, scheint auch die Hochreliefplatte mit dem Raub des
Ganymedes (abg. d'Agincourt Taf. VI; danach oben S. IM
Abb. 216) zu bestätigen; denn soweit die Abbildung des
verschollenen Stücks ein Urteil gestattet, ist auch hierfür
diese Art von Verwendung die wahrscheinlichste.

ENDSTOCKE VON KRÖNUNGEN

Besondere Ausbildung erfuhren die Endstücke der
Krönungen am unteren Ende der Giebelschenkel. Bei-
spiele sind Taf. LX1V 2—5 zusammengestellt. Das fort-
laufende Ornament der Krönung verschwand hinter einem
aus einem Kranz von Akanthusblättem hervorwachsenden
Kopfe; unter diesem entsprang eine Akanthusranke, aus
der sich eine durchbrochene aufgebogene Halbpalmette
entwickelte. Die Einsatzleiste reicht bis etwa unter die
Mitte des Kopfes, das übrige stand frei über die unterste

Simaplatte hinaus. Fs sind sowohl Knaben- und Jüng-
lingsköpfe wie Gorgoneien au solcher Stelle verwendet
worden. Von den Knabenköpfen zeigt der Taf. LXIV.'!
abgebildete in Würzburg n. 59, luv. H. 2744, gegen-
über den anderen eine bemerkenswerte Abweichung in
der Stellung: er steht nicht senkrecht zum Plattenrand
sondern entsprechend ilei Giebelschräge etwas geneigt, so
dafj er am Bau versetzl senkrecht stand, während die
übrigen am Giebel schräg erschienen. Ähnlich scheint
ein sehr zerstörtes Fckslück von besserer Arbeit in Ber-
lin n. 4304 gewesen zu sein. Verschieden von den auf
Taf. LXIV abgebildeten Beispielen, aber im Wesentlichen
der tektonischen Form ihnen nächst verwandt ist ein Eck-
stück im Casino di Pio IV, das Abb. 483 nach einer

Zeichnung L Ottos wiedergibt, allerdings ohne auf stili-
stische Treue Anspruch zu machen, da die sehr ungünstige
Aufstellung das Zeichnen erschwerte. Das Einsatzstück ist
abgebrochen oder eingemauert, die Endpalmette auch teil-
weise abgebrochen. Der Kopf trägt wunderlich gesträubtes
Lockenhaar, rechts und links füllt ein breites Band auf
die Schulter herab. Das fortlaufende Ornament der
Krönung entspricht dem von Taf. LXIV 5 (vgl. S. 230);
aber der Bogenfries am unteren Rande setzt sich auch
noch unterhalb des Kopfes fort, der deshalb im Verhält-
nis zur Höhe des Ganzen sehr viel kleiner gebildet wer-
den mufjte.

Statt der Knabenköpfe werden auch Gorgoneien
verwendet, die über einem von unten emporwachsenden
dichten Akanthuskelch sitzen. Am häufigsten sind in
dieser Verwendung Gorgoneien des ersten Typus (vgl.
S. 179), entweder in der Gestalt, wie sie das Bruchstück
in den römischen Magazinen Abb. 353 zeigt, oder mit
etwas weniger ausgedehntem Haarputz, unter dem das
Gesicht sehr viel breiter erscheint, auf einem Bruchstück
in der Antikensammlung in Wien n. 13 (vgl.S. 179).
Auch diese Eckstücke und die Wiederholungen im Anti-
quarium zu Berlin n. 1236 und im Thorwaldsen-
Museum zu Kopenhagen n. 122 scheinen am freien
Ende in Halbpalmetten ausgelaufen zu sein. Ein fast
vollständiges Relief im Museo Kircheriano n. 806
(191) mit sehr lebhaften, nachlässig aufgetragenen Farben,
hat an gleicher Stelle ein Gorgoneion des zweiten Typus,
 
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