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sich im Zustande erhöhter Bereitschaft befanden. Das gemein-
same Einschreiten Rußlands und Englands in Mazedonien, dem
sofort die Aufrollung der ganzen türkischen Frage und, den Ab-
sichten Englands nach, weiterhin der Versuch zur Liquidation der
Türkei im russisch-englischen Sinne gefolgt wäre —- Arabien,
Mesopotamien und Südpersien an England, Armenien, Kur-
destan und Nordpersien an Rußland und entsprechende Dou-
ceurs an die übrigen Mächte, die mitmachten — kam aber nicht
zustande, weil unvermutet die türkische Revolution ausbrach
und durch dies Ereignis die Verhältnisse im Orient ein ganz
verändertes Gesicht erhielten. Auf die innere Vorgeschichte
der jungtürkischen Erhebung einzugehen, ist hier nicht mög-
lich, aber wir sehen ohne weiteres, welche Folgen für die inter-
nationale Politik von ihr sofort ausgingen. Das erste, was sich
in einer Weise offenbarte, die zwar nicht die Kenner des
türkischen Volkes, um so mehr aber die Fernerstehenden
überraschte, war die Offenbarung einer erstaunlichen mora-
lischen und militärisch-politischen Kraft, die aus dem türki-
schen Volkstum hervorbrach, sobald der Druck der Tyrannei
und der Korruption von oben her von ihm genommen war.
Man braucht weder ein kritikloser Bewunderer der Jungtürken,
noch überzeugt zu sein, daß es ihnen gelingen wird, so voll-
kommen und so dauernd, wie sie es sich vorstellen und wie
auch wir es wünschen müssen, alle inneren Schwierigkeiten in
der Türkei zu lösen, aber darum bleibt das Einzigartige dieser
Staatsumwälzung doch bestehen und erfüllt uns mit der hohen
Achtung, deren jeder Beweis diziplinierter und zum Fortschritt
gewendeter nationaler Kraft sicher sein kann.
Äußerlich gesehen hatte es zuerst den Anschein, als ob durch
die Revolution dem englischen Einfluß in der Türkei gedient
sei, denn es fehlte viel daran, daß sich die allgemeine Meinung
unter dem liberal gerichteten Jungtürkentum über die Interessen
sich im Zustande erhöhter Bereitschaft befanden. Das gemein-
same Einschreiten Rußlands und Englands in Mazedonien, dem
sofort die Aufrollung der ganzen türkischen Frage und, den Ab-
sichten Englands nach, weiterhin der Versuch zur Liquidation der
Türkei im russisch-englischen Sinne gefolgt wäre —- Arabien,
Mesopotamien und Südpersien an England, Armenien, Kur-
destan und Nordpersien an Rußland und entsprechende Dou-
ceurs an die übrigen Mächte, die mitmachten — kam aber nicht
zustande, weil unvermutet die türkische Revolution ausbrach
und durch dies Ereignis die Verhältnisse im Orient ein ganz
verändertes Gesicht erhielten. Auf die innere Vorgeschichte
der jungtürkischen Erhebung einzugehen, ist hier nicht mög-
lich, aber wir sehen ohne weiteres, welche Folgen für die inter-
nationale Politik von ihr sofort ausgingen. Das erste, was sich
in einer Weise offenbarte, die zwar nicht die Kenner des
türkischen Volkes, um so mehr aber die Fernerstehenden
überraschte, war die Offenbarung einer erstaunlichen mora-
lischen und militärisch-politischen Kraft, die aus dem türki-
schen Volkstum hervorbrach, sobald der Druck der Tyrannei
und der Korruption von oben her von ihm genommen war.
Man braucht weder ein kritikloser Bewunderer der Jungtürken,
noch überzeugt zu sein, daß es ihnen gelingen wird, so voll-
kommen und so dauernd, wie sie es sich vorstellen und wie
auch wir es wünschen müssen, alle inneren Schwierigkeiten in
der Türkei zu lösen, aber darum bleibt das Einzigartige dieser
Staatsumwälzung doch bestehen und erfüllt uns mit der hohen
Achtung, deren jeder Beweis diziplinierter und zum Fortschritt
gewendeter nationaler Kraft sicher sein kann.
Äußerlich gesehen hatte es zuerst den Anschein, als ob durch
die Revolution dem englischen Einfluß in der Türkei gedient
sei, denn es fehlte viel daran, daß sich die allgemeine Meinung
unter dem liberal gerichteten Jungtürkentum über die Interessen