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Gerd Rosen (Berlin, West)
Versteigerung — 10.1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.61781#0007
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NACHTRAG
ERICH SCHMIDT’S EXEMPLAR DES HIMBURG’SCHEN GOETHE

113a GOETHE. Schriften. 2. Aufl. 3Teile in 1 Band. Mit 8 Kupfern
(Titelkupfe: und 7 numer. Kupfer) von Chodowiecki, ge-
stochen von Daniel Berger u.a. und 3 Titelvignetten von Meil.
Halblederband.der Zeit mit Fleurons auf dem Rücken und rotem
Titelschildchen (eine kleine Ecke abgeplatzt). Berlin, Himburg, 1777.
(458/4) 180.—

„Himburgs Ausgaben Goeth escher Schriften werden heute
Tan Liebhabern höher bezahlt als die schönsten Ausgaben,
die Goethe selbst veröffentlicht hat. Dieser Erfolg. ist zum großen
Teil durch die beigegebenen Kupfer erreicht worden. Die bibliographische Auf-
klärung über diese Illustrationen ist noch nicht gelungen. Weder in Goethes
Handbibliothek, noch in ‚der Landesbibliothek in Weimar, noch im Goethe-
Schiller-Archiv ist auch nur ein Exemplar mit allen Kupfern vorhanden.“ (Volk-
mann, Chodowiecki und Goethe. Privatdruck 1930.) ;

Der Grund, weshalb die meisten Exemplare hinsichtlich der Anzahl der Kupfer
voneinander abweichen, liegt in Himburgs Manipulation bei der Lieferunz der
einzelnen Bände, wobei er Extrabezahlung für die beliebtesten Chodowiecki-
Kupfer (das Lotte-Porträt etc.) verlangte, obwohl sie bei der Ankündigung im.
Kaufpreis inbegriffen waren. Die für diese Ausgabe bekannt gewordene Höchst-
zahl an Kupfern beträgt 9, von denen nur das zu „Erwin und Elmire‘‘ in dem vor-
liegenden Exemplar nicht ‚enthalten ist. Dafür ist das meist fehlende Titelkupfer,
Lottes Bildmedaillon, vorhanden, und zwar mit der „Pastorenscene“ im Basrelief
(das gleiche Porträt mit der Scene „Lotte Brot schneidend‘“ vertrieb Himburg
nur als Einzelblatt, ebenso wie das Gegenstück, . das Porträt Werthers, nicht.
für die Buchausgabe bestimmt war). Die vorliegende Ausgabe ist in drei Bänden
vollständig, erst die 3. Ausgabe von 1774 ist vierbändig.

Interessant für die Geschichte des Buchdrucks ist es, daß Himburgs Ausgabe
nicht nur von mehreren auswärtigen Raubdruckern nachgedruckt wurde,
sondern daß er selbst „Nachdrucke“ seines Nachdruckes veranstaltete, indem
er von seinem Satz Exemplare auf geringem Papier abziehen ließ und diese
als angeblich in „Frankfurt und Leipzig‘ erschienene unrechtmäßige Ausgaben
zu billigerem Preise vertrieb (cf. Erna Arnhold, Goethes Berliner Beziehungen.
1925, pag. 27). Er unterbot also selbst den Ladenpreis seiner eigenen „echten“
. Ausgabe, so daß die Schwierigkeiten, in die er die Buchhändler versetzte,
die noch unverkaufte Exemplare zu den teueren Preisen auf Lager hatten, leicht
vorzustellen sind. . ; 3

Daß dieser selbe Himburg bei Chodowiecki einen Kupferstich in Auftrag gibt
mit dem Titel „Wercke der Finsternis oder Beytrag zur Geschichte des Buch-
handels in Deutschland. Allegorisch vorgestellt zum besten, auch zur Warnung
. aller ehrliebenden Buchhändler, zu finden bey C. F. Himburg in Berlin“, ist eine
Ironie, die kaum zu überbieten ist. Offenbar war es eine geglückte Spekulation
auf die Gutgläubigkeit — nicht nur seiner Zeitgenossen, denn Arnhold führt
_ das Fiugblatt an „als schlagenden Beweis dafür, daß Himburg durchaus nicht
das Bewußtsein hatte, daß er Unrecht tat“. Auf dem Bild ist eine Räuberhöhle -
dargestellt, aus der sich ein paar handfeste Kerle auf die Vorüberwandernden
stürzen und sie ihrer Gewänder berauben, während die Justizia ihr Haupt
— verhüllt. Die Ausgeplünderten sind die. rechtmäßigen Verleger, die Räuber die
Nachdrucker. „Ein solches Blatt hätte Himburg ohne Zweifel nicht verlegt,
wenn er sich selbst unter diese Räuber gezählt hätte“, schließt E, Arnhold

Dr an über Himburg. Wem fällt hierbei nicht das Wort ein „mundus vult
1 ; ;

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