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Jacques Rosenthal <München> [Hrsg.]
Handschriften und Frühdrucke in deutscher Sprache — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.20918#0013
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alemannische Reimchronik von dem Lehrgedicht des Hugo von Trimberg „der Renner",
die volkstümlich gestaltete Eschatologie der „Fünfzehn Zeichen" wie der theologische
Erbauungstext der „Tagzeiten Unserer Lieben Frauen" von der phantastischen Reise-
beschreibung Mandevilles und den moralisierenden Versen zu Barlaam und Josaphat.
Im Bereiche der Holztafeldrucke und der typographischen Bücher öffnet sich nun erst
recht die Spannweite der literarischen Gebiete. Prosa und Verse wechseln, Theologie
steht neben reiner Wissenschaft, eigene neben entlehnter Dichtung. Von der mittel-
hochdeutschen Sprache des Parzival-Epos scheint kaum mehr ein Weg zu dem abstrusen
Deutsch des Terenz-Übersetzers zu führen. Man vermag die deutschen Sprachformen
eines liturgischen Textes wie des Plenariums mit den Versen des Hans Rosenplüt, mit
den lehrhaften Biographien der „Heidnischen Meister" oder der Geschichte vom Räuber
Dracole Waida zu vergleichen. In mundartlicher Verschiedenheit erklingt die Sprache
aus Chroniken und Volksbüchern, aus volkstümlich satirischer Dichtung und populär-
wissenschaftlichen Abhandlungen, aus Rechtswerken, höfischen Texten, Legendenbüchern.

Wenn diese Ehrengabe eine Reihe von Handschriften und Frühdrucken zusammen-
faßt, so sind mit solcher Stoffwahl die beiden Gebiete getroffen, welchen der Gefeierte
seit mehr als einem halben Jahrhundert die stärkste Anteilnahme und Pflege ent-
gegenbringt. Über die umfassende Kenntnis des Buches aller Zeiten hinaus erstand
ihm hier das Doppelfeld einer Betätigung, welche durch persönliche Anregungen und
selbst aufgezeichnete Ergebnisse, durch Kataloge und Verlagsveröffentlichungen dauernd
die Wissenschaft befruchtete und womit er dem deutschen, dem kontinentalen Anti-
quariat vollkommen neue Wege gewiesen hat.

ERWIN ROSENTHAL
 
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