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Jacques Rosenthal (München); Jacques Rosenthal [Editor]; Haebler, Konrad [Contr.]
Kataloge / Jacques Rosenthal München (Nr. 92): Einblattdrucke von den Anfängen der Druckkunst bis zum Tode Maximilians I.: 1455-1519 — München: Jacques Rosenthal, Buch- und Kunst-Antiquariat, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.68079#0013
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VORWORT

Noch ehe Gutenberg durch die Herausgabe der 42 zeitigen Bibel
bewiesen hatte, welche unermeßlichen Aussichten seine Erfindung für
das geistige Leben eröffnete, war man sich darüber klar geworden,
daß diese neue Schreibkunst auch für die Verwendung im Leben des
Alltags in hohem Grade geeignet war. Es ist zweifelhaft, ob man schon
den monumentalen astronomischen Almanach auf das Jahr 1448 in diesem
Sinne auswerten darf. Weiterhin haben die Buchdrucker zweifellos ihre
Einblattkalender vielfach als eine Art von Reklame für ihre neue Kunst
hergestellt. Gutenbergs Kalender könnte sehr wohl eine ähnliche Be-
deutung gehabt haben, obwohl sein wissenschaftlicher Inhalt und seine
ungewöhnlich großen Maße ihn über das Alltägliche hinausheben. Voll
ausgewertet ist aber die Eignung der neuen Kunst für den Formular-
druck in den Ablaßbriefen von 1454/55. Die Eroberung von Konstan-
tinopel 1452 hatte die Christenheit in Schrecken gesetzt, und Papst
Calixtus II. nahm dies zum Anlaß, um durch einen besonderen Ablaß
die Mittel zu einer energischen Abwehr der Türkengefahr zusammen-
zubringen. Solche Ablässe für besondere Zwecke hatten die Päpste seit
Jahrhunderten schon verliehen, und es war den Spendern wohl auch
schon handschriftlich die Bestätigung ihrer Leistungen erteilt worden.
Das war aber bei einem Massenvertrieb des Ablasses eine sehr um-
ständliche Sache gewesen. Durch die Herstellung der Formulare im
Buchdruck wurde das Verfahren außerordentlich vereinfacht, und seit
dem Türkenablaß von 1453 hat die Kirche einen außerordentlich um-
fänglichen Gebrauch von der Druckkunst für diese Zwecke gemacht.
Es ist keineswegs ausgemacht, daß die Ablaßbriefe die einzigen
Formulare gewesen sind, die schon aus Gutenbergs Werkstätte hervor-
gegangen sind. Es sind aber die einzigen, von denen sich Proben bis
auf unsere Zeit erhalten haben. Wir sind durchaus berechtigt an-
zunehmen, daß die sogenannten Einblattdrucke in viel größeren Mengen
hergestellt worden sind, als wir dies heute noch erkennen können. Es
wäre nur natürlich, wenn diese kleinen Druckerzeugnisse, die in ihrer
 
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