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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0017
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alda Ihrer flirstl. Ohl. undt dero Gemahlin Gemächer gewesen«.*) Die damals noch bescheidene
Schloßanlage des Markgrafen Ernst diente später seiner dritten Gemahlin Anna Bombast von
Hohenheim zum Witwensitz, wo sie 1574 starb und in der Schloßkirche, der heutigen (seit 1834
neu erbauten) Stadtkirche ihr Grabmal erhielt, ein schlichtes Renaissanceepitaph mit ihrem
Bildnisrelief in ganzer Figur zwischen wappengeschmückten Pflastern. *) Diese Kirche selbst
wie die südöstlichen Fortsetzungen des Ernestinischen Schlosses, der Saalbau, das Ballhaus und
der Dienerbau, verdanken ihre Entstehung erst dem zu Anfang des XVII. Jahrhunderts in Sulz-
burg residierenden Enkel Georg Friedrich.

Früh bereits hatte Markgraf Ernst, wie die Quellen berichten, Neigungen zu Kunst und
Wissenschaft gezeigt. Als die Basler 1529 infolge der Einführung der Reformation das an
Kunstwerken überreiche Inventar des Münsters öffentlich an den Meistbietenden versteigerten,
darunter auch die Reliquien, die Krone und den ganzen Ornat Kaiser Heinrichs IL, den
dieser einst dem Dom verehrt hatte, da war es der damals in der oberen Markerafschaft
residierende Markgraf Ernst, der durch Vermittlung des dortigen Professors der Medizin
Seb. Singeier den kaiserlichen Mantel für sich erwarb.3)

Weltabgeschieden hatte während der Regentschaft der Söhne der alte Christoph seine letzten
Lebensjahre auf Hohenbaden verbracht und 1527 die lebensmüden Augen geschlossen. Und
nach kurzer Frist, am 17. September 1533 bereits, sollte auch sein Lieblingssohn, Markgraf
Philipp, sterben, ein kluger, weltgewandter und welterfahrener Fürst.4) Nach anfänglicher
gemeinsamer Verwaltung des Landes, die in dem vortrefflichen Doppelporträt Friedrich
Hayenauers, der »brüderlichen Eintracht«, ihren historischen Niederschlae fand, Pfineen die
Brüder Bernhard und Ernst zur Teilung über. Ernst erhielt zu seinem oberländischen
Besitz die Amter, Städte und Schlösser: Pforzheim, Durlach, Graben, Staffort, Mühlburg,
Stein, Remchingen und andere, später an Württemberg gelangte Orte wie Besigheim, Mundels-
heim, Altensteig und Liebenzell. Markgraf Ernst wurde damit der Stammvater der jüngeren
badischen Linie, die sich infolge der Verlegung der Residenz von Pforzheim nach Durlach nach
letzterem Ort nannte und beim Aussterben der baden-badischen Linie nach über 2 0ojähriger
Dauer den gesamtbadischen Besitz wieder in einer Hand vereinigte.

Mit dem Jahre 1535 siedelte Ernst samt seinem Hofstaat von Sulzburg nach Pforzheim
über, das mit seinem aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammenden Schloß für die nächsten
30 Jahre der Regierungssitz bleiben sollte. Dort an der Enz fand der Fürst eine Stätte, wo
es an künstlerischen Kräften keineswegs fehlte. Schon der große Reuch'lin hatte seine Vater
Stadt (1503) als eine Zierde der Künstlerschaft gepriesen.0) Hier hatte Hans Spryß von
Zaberfeld, der badische Hofwerkmeister und Bildhauer, den hochragenden Chor der St. Michaels-
kirche im letzten Drittel des fünfzehnten Jahrhunderts eingewölbt;c) hier schnitzte 1512 der
tüchtige Pforzheimer Bildhauer und Kunstschreiner Hans Kern das treffliche, ehemals
in der Stiftskirche zu Baden, jetzt in der Spitalkirche aufgestellte Chorgestühl. Unter den

') G.L.A., Plansamml., Sulzburg. Plan 1: Aufnahme um 1650; Plan 2: Eine beabsichtigte Restauration: »Ein
Entwurff des Schlosses zu Sultzburg«. In späterer Schrift: »Praesentirt in camera den 30^ septemb. 1659 « Beide
von Arhardt, dem damaligen Hofarchitekten.

2) Die Kunstdenkm. des Großh. Baden. Kreis Lörrach (V), p. 153 und Taf. XXI.

:!) Christ Urstisius (Wursteisen), Epitome historiae Basiliensis, Basel 1577, p. 73 f.: »Accedit huc omnis ornatus
caesareus, Corona argentea inaurata affabre confecta, paludamentum thronusque, quorum illud anno 1529, cum post
reformatam ecclesiam lanea lineaque suppellex omnis auctionaria venditione distraheretur, a Sebastiano Singelero
medico marchioni Badensi emptum fuit.« Über Singeier (Sünckeler) vgl. H. Pantaleon, Heldenbuch III (1570), 531;
Zedier, Univ.Lex. XXXVII, 1674. Er gab 1537 den Galen griechisch und lateinisch zu Basel heraus.

4) H.Pantaleon, Prosopographia III (1566) p. 215: »Erat Philippus magnae prudentiae princeps.« Die Zimme-
rische Chronik, die den Söhnen Christophs durchweg nicht hold ist, betitelt ihn boshaft: »Ein stolz hochmuetig man
und ein rechter untrewer Francos.« Z. Chronik, ed. Barack II, 461. *

5) »Honor artificum«. Pflüger, Gesch. d. Stadt Pforzheim, 159.

6) E. Vischer, Die Schloßkirche zum heiligen Michael in Pforzheim, 1911 (= Studien z. d. Kunstgesch.
Heft 141).

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