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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0035
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Derselbe markgräfler Pfarrer legt aber auch Karl II. die stolzen Worte in den Mund:
»Arx extructa mihi, quae nominis anchora nostri est « *) Genieint ist damit das Lebenswerk
des Fürsten, die Erbauung der einst vielgepriesenen Karlsburg, über deren Entstehung bis
jetzt reichlich Dunkel schwebte, die später im französischen Mordbrand (1689) in Flammen
aufging und von der man über 200 Jahre lang nur literarische Vorstellungen hatte, bis eine glück-
liche Entdeckung in diesen Tagen wieder eine sichere Anschauung von dem Stammschloß
der Baden-Durlacher Linie ermöglichte.

Auf Grund der äußerst spärlichen ältesten Quellen versuche ich, den bisherigen Wirrwar,
der über der Residenzverlegung Karls und der Baugeschichte der Karlsburg lagert, zu beheben.
Weechs, Pflügers, Gehres, Sachs' und Schöpflins Angaben gehen, einer den andern nach-
schreibend, zurück auf unklare und unrichtige Mitteilungen sowohl des markgräflichen Archivars
Joh. Fr. Jüngler wie des zu Pforzheim geborenen späteren Durlacher und Gießener Philologie-
professors Joh. Heinr. May. Letzterer erzählt in seiner an lokalgeschichtlichen Notizen
über Pforzheim wertvollen Vita Reuchlini über den Grund der Residenzverlegung Karls
von Pforzheim nach Durlach: »Cuius mutationis haec fertur fuisse causa, quod Pforz-
heimenses nescio quae postulanti denegaverint.« 2) Es ist die gekränkte Eitelkeit des Pforz-
heimers, der noch damals (1687) seine Vaterstadt für schöner hält als die Residenz Durlach.3)
Wichtiger ist schon die ältere Quelle, J. Fr. Jüngler, der weit ins XVI. Jahrhundert zurück-
geht und der von Karl und der Verlegung zu sagen weiß: »Sedem Pforzheimio Durlacum
transtulit ao 1565. Cui translationi causam dedere Pforzheimenses, qui nescio quid dene-
garunt, quibus praestandis deinde, translata aula, fuissent promtissimi. In arce Pforzheimensi
aliquot annos affixa fuisse tabula dicitur, in qua causae huius translationis erant descriptae.«4)
Jüngler berichtet also von Hörensagen; seine Quelle über die Inschrifttafel mit der seltsamen
Begründung der Translation ist aber zweifellos eine nachlässige Wiederholung- einer Angabe
des Binzener Pfarrers, der gerade während des Baues der Karlsburg als Erzieher am Hofe
weilte und darüber 1577 berichtete: »Extruxit [sc. CarolusJ a fundamento novam regiam
arcem mutata sede aulica et translata ex Phorcemia Durlachum anno salutis 1566. Causam
rei aenea tabula in arce Carlspyrgo edocet, parieti infixa.«'1) Unter der »ehernen« Tafel
ist wohl das damals bemalte, heute noch erhaltene große Wappenrelief gemeint, das gegen-
wärtig in dem Torgebäude des Prinzessinnenbaues eingemauert ist (Abbild. 9).

Daß nicht Unzufriedenheit mit seinen Pforzheimern, wo 1553 der Archivbau und noch
1558 die Kanzlei entstand, den Grund zum Hofwechsel gaben, sondern die viel bequemere
Lage Durlachs an der großen Rheintalstraße inmitten der unteren Markgrafschaft gegenüber
dem exzentrisch gelegenen Ort an der Enz, bestätigt ein Augenzeuge, der mehrfach schon
genannte Basler Pfarrer Pantaleon, der im Frühjahr 1565, also im Jahre der Übersiedlung
des Hofes, zu Pforzheim anwesend war und mündlichen wie schriftlichen Stoff auch dort für

Tod 1600 Pfarrer zu Binzen. Von ihm ein Gedichtband, betitelt: P. Cherlerus, Eclogae X de Jesu Christo,
Basel 1583. Über ihn: Beiträge zur vaterl. Geschichte, Basel, N. F. III (1893), 431 f.; Joh. Fecht, Historiae eccl.
seculi XVI Supplementum. Durlach 1684, p. 159 f. Dort auch mehrere Briefe von ihm. — Nicht zu verwechseln mit
Martin Moritz Cherler aus Leipzig, dem Rektor des von Georg Friedrich begründeten Gymnasiums zu Sulzburg.
K. Fr. Ledderhose, Aus dem Leben d. Markgr. Georg Friedrich, 1890, p. 27 f.

') Cherlerus, 1. c. p. 31:

Arx extructa mihi, quae nominis anchora nostri est,
hic ubi convallis Durlachiana jacet.
Haec ut nulla dies memori me substrahat aevo
augurio fallar ni pereunte dabit.

2) Joh. Heinr. Majus, Vita Joh. Reuchlini Phorcensis, Durlach 1687, p. 125.

3) L. c. 139: »Est [sc. Pforzheim] pro Germanorum captu satis bene atque splendide aedificatum, ut Durlacum
etiam ornatu superat.«

4) Karlsr. H. u. L.Bibl. Durl. Handschr. 162 fol. 35.

°) P. Cherler, Epicedion sive luctus, im Epilogos p. 37.

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