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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0047
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aufbewahrt werden, rühren von einem bis jetzt unbekannten, hier wie in Pforzheim tätigen
begabten Bildhauer her. Von dem »Meister der Karlsburg« stammt die künstlerisch bemerkens-
werte große Wappentafel, die einst über dem Schloßeingang angebracht war, nach der Zerstörung
in die Ostseite des Rossibaues über dem Kapelleneingang und anläßlich der neuerlichen
Restauration in die Hochwand des südlichen Torgebäudes, des sog. Prinzessinnenbaues, ein-
gelassen wurde (Abbild. 9).

Mit Renaissanceornament verzierte Pilaster und Dreiviertelsäulchen rahmen drei Felder
mit dem kunstvoll ausgehauenen Wappen Karls II. und seiner beiden Gattinnen ein — das
mittlere teilweise beschädigt —, darunter die zugehörigen Inschrifttafeln mit der Zahl 1565,
dem Jahr der Beendigung des Schloßbaues (dieselbe nochmals im Bogen über dem Wappen-
feld Annas), über dem zierlichen Gesims zwischen Flachbogen munter bewegte Putten, im
mittleren Blendbogen ein grotesker Geiger, eine für den Bildhäuer der Karlsburg, wie ich
ihn einstweilen nenne, charakteristische Füllfigur, die wir in Pforzheim und bei den Kapitalen im
Durlacher Schloßgarten wiederfinden.1)

Die buntfarbigen Architekturmalereien der Hoffassaden, die Rundbogenfriese, Diamant-
quader, Fenster- und Türeinfassungen, deren Vorhandensein in genau derselben Weise, wie es
die Zeichnung Arhardts gibt, durch die Funde anläßlich der Restauration des Prinzessinnenbaues
erwiesen wurde, gehören einer etwas späteren Epoche, höchstwahrscheinlich der Regierungs-
zeit Markgraf Ernst Friedrichs an und werden dort ihre Erwähnung finden. Diese Schein-
malereien vor allem sind es wohl gewesen, welche bei ihrer Dauerhaftigkeit und Frische
die Karlsburg in den Schilderungen der Zeitgenossen zu einem herrlichen Renaissance-
schloß erhoben.

Durch das Südtor der Karlsburg, genannt »Prinzessinnenbau«, den heute noch am meisten
bemerkenswerten Überrest des Renaissanceschlosses, dessen Obergeschosse in gotischer
Weise mit Rippenkreuzgewölben eingedeckt sind und dessen • ehedem' vermauerter unterer,
Durchgang mit Fallgatter durch die jüngste Restauration freigelegt wurde (auch die Dach1
abschlüsse mußten moderne Renaissancegiebel aufsetzen, die denen von 1565 nach der
Zeichnung Arhardts allerdings ziemlich entsprechen), gelangte man über eine Fallbrücke des
Schloßgrabens in den hinteren Schloßbezirk (Abbild. 10 u. 42). Das dritte Geschoß dieses Tor-
baues wurde erst im XVII. Jahrhundert, vermutlich unter Friedrich VI., aufgesetzt. Aus diesem
Grund sind die Architekturmalereien, der um den Fürstenbau in Höhe des ersten und
zweiten Stockwerks umlaufende Rundbogenfries samt dem Fensterdekor heute noch in der
östlichen Innenwand des Prinzessinnenbaues, welche eigentlich die westliche Stirnmauef des
Fürstenbaues ursprünglich vorstellte, wie an der äußeren Hofmauer des Torbaues in Mittel-
geschoßhöhe, dem damaligen Obergeschoß, deutlich sichtbar.

Vor dem Südtor gruppierten sich der Marstall und die Wirtschaftsgebäude um einen
großen Hof, von dem aus man durch das Rennbahntor über den äußeren Wassergraben
in den Lustgarten gelangte, in dem wir in der Folge Orangerie, Glashaus, Reithaus und
Rennbahn, Ballhaus und Fischweier antreffen. Doch begegnen wir hier bereits Anlagen, die
durch die späteren fortifikatorischen Umgestaltungen der Schloßumgebung verändert oder
nachher erst geschaffen worden sind. —

Mit der Karlsburg ist des Markgrafen Bautätigkeit nicht zu Ende.2) Durlach ver-
schönerte er durch Neubauten; die Stadttore, darunter das Bienleintor (1571), ließ er in eini-
gen Jahren ganz neu erbauen.3) Aus Karls Regierungszeit stammt der Grundstock der heutigen

!. l) Uber eine dritte Zeichnung Arhardts von einem Kamin im »Tanzsaal« des Schlosses siehe unten.

2) Um.sich Erfahrung im Bauwesen zu verschaffen, ritt er 1568 nach Bergzabern hinüber zur Besichtigung des
dortigen Schloßbaues Herzog Wolfgangs von Zweibrücken. Stuttg. H. u. St.Arch., Kab.Akten. Briefw. Christophs mit
Karl fol. 134.

3) Sachs IV, 141. Vgl. die im Vorraum des Durlacher Rathauses eingemauerte Inschrift.

SO
 
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