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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0056
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500 Gulden in den Jahren 1571 —1573 aufführte, bequem verfolgen.1) Hier tritt er zum ersten-
mal mit jenem Typus der beiderseits um das Kreuz knienden Gruppe auf, den er zweifellos
von Frührenaissance-Denkmälern aus dem Fränkischen entlehnte und in zwei ziemlich
gleichen Kopien während jener Jahre wiederholte.

Nur eine Variante zu dem Philibert-Epitaph in der Badener Stiftskirche ist das zu St.
Johannisberg bei Kirn im Nahetal noch erhaltene Grabmal des Wild- und Rheingrafen Johann
Christoph, das dieser erst 1585 verstorbene Graf zu seinen Lebzeiten (um 1573) für sich und
seine Gemahlin aufrichten ließ. »Fast ebener Gestalt« lieferte Johann von Trarbach, um
seine eigenen Worte zu gebrauchen, ein Wandepitaph für den auf seinem Kriegszug in Frank-
reich ebenfalls 1569 gestorbenen Herzog Wolfgang von Zweibrücken. Die Vollendung des
1572 vom Meister begonnenen Monuments für beide Ehegatten zog sich bis 1575 hin. In
der Komposition wie im architektonischen Aufbau fast eine getreue Kopie des Philibert-
grabmals, ist es das schönste unter den Grabdenkmälern der Meisenheimer Kirche. Über
dem Kreuzesstamm, zu dessen Seiten die Ehegatten knien, schwebt bei diesen drei Werken
die Trinität. Ein weiteres Grabmal in gleichem Charakter bei kleineren Abmessungen lieferte
der Bildhauer von Simmern 1577 nach Meisenheim für die 1576 abgelebte Markgräfin Anna,
die Tochter Wolfgangs.2)

Mit einem neuen Denkmaltypus tritt der Meister von Simmern dann in Pforzheim wie-
der auf, in dem schönen Epitaph, das Markgraf Karl seinem 1574 frühzeitig verstorbenen
Erstgeborenen Albrecht kurz vor des Bestellers eigenem Tode errichten ließ (Abbild. 13),
nachdem der ursprüngliche Auftrag an den Bildhauer Leonh. Baumhauer zu Tübingen infolge
Saumseligkeit und Krankheit desselben sich wieder zerschlagen hatte (oben p. 36). Das
Grabmal des Prinzen Albrecht, der seine wilden Jugendjahre mit einem frühen Tode büßte,
ist ein an Bronzeepitaphien gemahnendes Werk, ausgereift sowohl im Aufbau wie in den
Profilen und dem eleganten, immerhin noch sparsam verwandten Ornament; gelungen der
physiognomische Ausdruck und die etwas kokett-stutzerhafte Haltung der Figur. Daß ihre
Züge gut getroffen sind, ergibt ein Ölbild, das sich von dem Prinzen unter den Gemälden
des Badener Schlosses erhalten hat, ein gleichzeitiges Konterfett Albrechts, das größte
Porträtähnlichkeit mit dessen Wiedergabe an dem Grabmal aufweist und vielleicht als
»Visierung« diente.,!)

Damals erhielt auch, wohl auf Wunsch des für seine Hausgeschichte interessierten Mark-
grafen Philipp IL, der schon 1536 gestorbene Bernhard III., sein Großvater und der Begründer
der nach ihm benannten Baden-Baclener Linie, sein Grabmal, ebenfalls von der Hand des
Meisters von Simmern. Gemeinsam ist dem Pforzheimer und Badener Epitaph der flache
Charakter der Architektur, derselbe Aufbau, die Masken mit den flatternden Bändern und

10. April 1571. »Nachdem man im werck zu Verfertigung baider hochlob. und christseliger gedechtnus unsere
gnedigen fürsten und herrn marggrafen Philiberten und gnediger fürstin und frauwen, frauwen Mechtilden marggrävin
epitaphia, so bericht uns aber der werckmaister, das er ein Hanauwische visierung alher gen Baden verschickt,
wolche er jetzo bedörff und gern haben wolte. Dieweil dann vor diser zeit vermeldte visierung neben anderm
E. f. gn. zu besichtigen von uns in underthenigkait zuogesendet worden, alss pitten E. f. gn. wir underthenig, solche
Hanauwische visierung gnedig uns wider zuokommen ze laßen, fürtter obvermeldtem bildthauwer dieselb wider
haben zu überschicken, wolten E. f. gn. wir underthenig nit verhalten.«

') Von dem badischen Statthalter v. Schwarzenberg melden die Kollektaneen des Straßburger Festungsbau-
meisters Daniel Specklin: »[Anno 1574] faengt Otto Heinrich graf zu Schwarzenberg, des jungen marggraffen Philip
von Baden Statthalter, das neue schloß zu Baden an zu bauen.« Specklins Kollekt., ed. R. Reuß, in den Mitteil. d.
Gesellsch. f. Erh. d. Denkm. im Elsaß3 XIV (1889) p. 389.

2) Das Wolfgang-Epitaph kostete 510 fl., also fast dasselbe wie das Philiberts. Berichte über die Tätigkeit
d. Prov. Kommiss. d. Rheinpr. XV (1911) ]>. 47 ff. mit Abb. —■ J. Jüngst, Chronik v. St. Johannisberg 1912. —
Bonner Jahrbücher Heft 102 (1898) p. 235 ff. — Fr. Lehfeld, Die Bau- und Kunstdenkm. d. Reg.Bez. Coblenz p. 459. —
E. Renard, Grabmäler der Renaissance in der ev. Kirche zu Simmern, in Mitteil. d. Rhein. Vereins f. Denkmalpflege
1909 Heft 3. — Mitteil. d. Hist. Vereins d. Pfalz XXIV (1900) p. 164 fr. u. bes. p. 237 ff. ( - K. Heintz, Die Schloß-
kirche zu Meisenheim und ihre Denkmäler).

3) Badener Schloß Nr. 331 (III. Stock).

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