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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0070
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Im Jahre 1586 ließ sich Jakob von dem Hofplattner seines Schwagers Ludwig in Stuttgart
einige Rüstungen schmieden, um sie auf seinen Kriegszügen anzulegen.') Aber schon am
17. August 1590 starb der Stadtgründer in seinem Schloß zu Emmendingen nach einem
raschen, dramatisch bewegten Lebenslauf, in dem ein edles Streben und eine mystische
Veranlagung unzulänglichen Kräften gegenüberstanden. Sein Ländchen fiel an die beiden
Brüder heim. —

Im Oktober 1588 hatte Joh. Schochs Palier zu Straßburg, Paul Murer, mit Erlaubnis
seines Vorgesetzten, der damals städtischer Lohner war, eine »Visierung« für Markgraf Ernst
Friedrich gerissen, den Entwurf zum Schloß Gottesau, und ihn nach Durlach hinübergesandt.
In den folgenden Wochen knüpfte der Markgraf mit ihm an wegen Ubertritts in fürstlichen
Dienst; die Straßburger Bauherren, die den Meister wegen seiner Tüchtigkeit schätzten,
versuchten ihn durch Versprechungen zu halten, was für den Augenblick gelang. Aber im
Januar 1589 hatte Murer — so und nicht Maurer schreibt er sich in den Korrespondenzen,
gleich wie der bekannte Züricher Christoph Murer — bereits den Straßburger Dienst ohne
weitere Zeremonien verlassen und zu Durlach das Bauwesen übernommen.2)

Der nunmehrige Schloßbaumeister3) Markgraf Ernst Friedrichs war ein Schweizer von
Geburt, stammte aus Zürich, wohl als eines der zwölf Kinder des älteren Josias Murer, des
1580 verstorbenen bekannten Glasmalers, Zeichners, Geometers, Dichters und Ratsherrn.
Sein Bruder war nach dieser Voraussetzung der in den 80er Jahren zu Straßburg ansässige,
in Tobias Stimmers Werkstatt tätige, berühmte Stecher und Glasmaler Christoph Murer d. J.
(1558—1614). In der elsässischen Reichsstadt ebenfalls längere Zeit haushäblich, erwarb
Paul Murer das Bürgerrecht, arbeitete seit 1583 als »Parlier der Steinmetzen« auf dem
städtischen Werkhof und baute wohl nach Schochs Plänen unter dem Werkmeister Ambr.
Müller zusammen mit seinem Landsmann Jörg Schmitt von Schaffhausen von 1582 bis 1585
an dem schönen Rathaus, dem sogenannten »Neuen Bau« (Hotel du commerce). Nach
dem Tode des aus Lovere am Iseosee stammenden welschen Bauunternehmers und Kollegen
Stephan Bernard, den Schoch vom Durlacher Bauplatz mitgebracht hatte, vollendete Paul
Murer 1586 die neue Metzig an der Rabenbrücke, wohl nach Plänen seines vorgesetzten
Lohners.4)

Als Murer um die Jahreswende 1588/89 nach Durlach kam,3) waren schon zwei Jahre
vorher unter dem Architekten Hans Jocken Bauten auf der Gottesau von dem welschen
Maurermeister Benedikt Roth und dem Durlacher Steinmetz Michael Seitmann vorgenommen
worden, ein Schweizerhaus und Ökonomiegebäude, die in keinem Zusammenhang mit dem
Schloßbau selbst stehen.") Während im Sommer 1588 der markgräfliche Werk- und Bau-
meister Georg Salzmann, der Nachfolger des Durlachers Mich. Hornung — dieser war durch
Streitigkeiten mit den auswärtigen Steinmetzen in fürstliche Ungnade gefallen und hatte von

') Kleinschmidt, Jakob III. p. 32.

2) Straßburg. Stadtarch., Ob. Bauh. 208 zum 26. Okt. 1588. Auf die Beschuldigung, er arbeite für Fremde,
erwiderte Murer: »Es seie im durch den lonherrn (Schoch) bewilliget, marggrave Ernsten ein visierung zu machen,
hab Iren Gnaden auch die gelifert.« Ib. 212, 220, 232, 238 zum 2. u. 14. Nov. u. 12. Dez. 1588; XV, 191. — Am
3. Febr. 1589 wurde gemeldet: »Paulus von Zürich ist von unsern hern geurloubt, da er marggravischer diener worden,
und das on wißen unserer herrn.« Ob. Bauh. 15.

3) Ich stelle die zerstreute Literatur über P. Murer hier zusammen: Der Abschnitt O. Winckelmanns in »Straß-
burg und seine Bauten«, 1894, p. 291 f., 294 f. u. Derselbe in Z.G.O.2 VIII (1893), 579 f., bes. 590 ff. — C. Brun,
Schweiz. Künstlerlex. II (1908), 457. — Anzeiger f. Schweiz. Altertumskunde XXII (1889), 244. —■ E. v. Czihak im
Repert. f. Kunstwissensch. XII, 362, 369 f. — K. Ohnesorge, Wendel Dietterlin p. 63 Anm. 49 mit arch. Notizen.

4) Straßburg und seine Bauten p. 295. — Seb. Bühelers (Maler) Chronik in dem Bulletin hist. pour la conserv.
des monuments XIII (1887) p. 142. Bei der Grundsteinlegung der neuen Metzig wird Murer »Steinmetz und Parlier«,
auch »Underwerckmeister« betitelt.

5) Zum Folgenden außer den Gottesauer Akten E. v. Czihak in Z.G.O.2 IV (1889) p. 16 ff. — Derselbe in
Ortweins Deutscher Renaissance Abt. 49 (1883) 154. Lieferung mit Zeichnungen und einem Blatt Text.

6) 1586 der Werkmeister Matth. Spindler genannt, f 1588.

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