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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0132
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gerichtet, die einen hohen Ruf genoß. In der unteren Hardt ließ Friedrich hohe Dämme
aufführen und Kanäle ausstechen, um das Land vor den Überschwemmungen und Unter-
spülungen des Rheins zu schützen.*)

Beachtenswert ist die Schilderung des Hugenotten Sam. Chappuzeau, der in den 60 er
Jahren des XVII. Jahrhunderts mehrfach die deutschen Höfe bereiste, am 20. und 21. April
1669 zu Durlach weilte, wo er Gast des Markgrafen war und sich allenthalben genau um-
sah. Seine Beobachtungen veröffentlichte er in einem recht seltenen Werk, »L'Allemagne
protestante« betitelt und zu Genf 1671 gedruckt.2) Der Genfer Reisende legte seine Eindrücke
aus der unteren Markgrafschaft, besonders über die Residenz, in den Worten nieder: »Dour-
lach est riante et agreable dans une belle planure au pied de la montagne. Les rues sont
larges et droites et les maisons parfaitement bien basties, entre les quelles il se void un
beau College pourvu d'excellens moderateurs. Le palais du prince, des plus vastes et plus
exaucez d'Allemagne, est attache ä la ville, et j'y ay vü de tres beaux appartemens. Les
jardins sont les plus mignons et les mieux enjolivez qu'on puisse s'imaginer; et assez proche
Ton decouvre une canardiere des plus belies de l'Europe.«3)

Nach diesen Angaben der gleichzeitigen Schriftsteller über die allgemeinen Zustände der
Markgrafschaft unter der Regierung Friedrichs VI. versuchen wir den Kräften im einzelnen
nachzugehen, die auf dem Gebiet der Baukunst und der Bildnerei am Hofe tätig waren.4) -
Arhardts Nachfolger im Hofbauamt wurde, wenn wir von der vorübergehenden Erscheinung
des Durlacher Mathematikprofessors David Fleckhammer absehen, der frühere Hofschreiner
Franz Strauß, der den Titel Hofwerkmeister, von 1662 auch den eines Hofbaumeisters
erhielt. Über seine Verpflichtungen gibt das Anstellungsdekret des Markgrafen näheren Auf-
schluß, in dem es u. a. heißt: »Zugleich soll er auch uff unser Schloß Carolsburg und
desselben gantzen Begriff sambt der Cancelley, lateinischen Schuel, item Mühlinen, Brunnen-
und Wäschhäuser und sonst all ander uns angehörige Häuser und Gebäw, sowohl alhier bey
Hof und in der Statt als auf dem Landt sein fleissig Uffsehen und Achtung geben.«0)

Im Jahre 1667 berief Markgraf Friedrich sodann den berühmten Baumeister und Ingenieur
Georg Andreas Böckler, neben dem bekannten Ulmer Joseph Furttenbach (1591—1667) der
bedeutendste und fruchtbarste Architekturschriftsteller nach dem großen Krieg.6) Er stammte

') Joh. Fecht, Liecht etc. p. 9.

2) Sam. Chappuzeau, L'Allemagne protestante 011 relation nouvelle d'un voyage fait aux cours des electeurs et des
princes protestants de l'empire aux mois d'avril ... et aoust de l'annee MDCLXIX avec les portraits des princes et
des princesses, Genf 1671. Exemplar der Münchener Hof- u. Staatsbibl. — Über den Verfasser (ca. 1625 — 1701) vgl.
Nouv. biogr. univers. (Hoefer) X, 705. Bereits 1666 erschien sein »Europe vivante«.

3) L. c. p. 82.

"*) Zum Vergleich führe ich eine Reihe damaliger Künstler am Hof Markgraf Wilhelms bezw. Ferd. Maximilians
an, an welchem 1670 für 2920 fl. »verbawen« und den Handwerkern 1004 fl. ausbezahlt wurden: Seb.Mantz, Bau-
meister, vor 1669, 1672, 1678 (Gehalt 135 fl.); Joh. Straum (Strohm), Baumeister und Maler, vor 1669 im Dienst
Ferd. Max. (Gehalt 150 fl.); Franz Kutzenberger, Bildhauer, vor 1670 (Gehalt 150 fl.); Kaspar, der »Marmelhawer«,
vor 1670; Joh. Kasp. Strauß, Maler, vor 1670 (im Dienst Ferd. Max.); Thomas Lefebure, Maler »en mignature«, bis
1669; Nicola Juliani, Maler bei Prinz Ludwig Wilhelm, 1675 ; Konrad Albinus, Maler, 1680, mit zwei Malergesellen
und sieben Gipsern (Gehalt 150 fl.); der »Maler von Offenburg«, 1672 (Gehalt 150 fl.); Paul Spindtier (Spitter),
Hofschreiner, vor 1670 (Gehalt 275 fl.). G.L A., H. u. St.Arch. II. Haus- u. Hofsachen, Hofökonomie. Allgem. fasc. 1
(1624—1669); fasc. 5 (1678—1709) und fasc. 36 fol. 43.

a) G.L.A., Diener und Dienste unter Fr. Strauß zum 23. Mai 1659. Er mußte bei dem kärglichen Lohn von
50 fl. (seit 1662 100 fl.) und Naturalbezügen jährlich »alle gebäw ordentlich und sonderlich nach dem muster und
visirung« ausführen. Ib. H. u. St.Arch. II. Haus- u. Hofsachen, Hofökonomie Nr. 36 (1553 —1570) und Baden-Durl.
Urk. Abt. 38, Durl. Häuserstand conv. 30.

ü) Uber G. A. Böckler Handschriftliches in der Karlsr. H. u. L.Bibl., Durl. Handschr. Nr. 68, 152, 153. —
Eine Handschrift mit seinen neuesten Erfindungen, 1666 dem Markgrafen Friedrich VI. gewidmet, ib. Durl. Handschr.
Nr. 80. — G.L.A., Plansammlung des Großh. Hausfideikommisses und Handschriften. — Wien, Hofbibliothek.
Tab. cod. mscr.VI Nr. 10993. Hier eine Machina universalis B.s von 1653 beschrieben. — Allg. D. Biographie II,
787 f.; J. H. Zedier, Univ.Lex. IV, 351/52; M. Jahns, Gesch. der Kriegswissenschaften II, 1123, 1151 f., 1344;
Fr. H. Hofmann, Die Kunst am Hofe d. Markgrafen von Brandenburg (—Studien z. d. Kunstgesch. Heft 32), 1901,
p. 98 ff., 105. — Jetzt auch Art. bei Thieme-Becker, Allg. Kunstlex. IV, 178, der bei unvollständiger Literatur nichts
Neues bringt.

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