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Zur Geschichte der Forschungsmeinungen

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sei. 1907 wurde das Bild dann durch C. J. Holmes8 mit dem Vorschlag einer
Zuschreibung an Rogier van der Weyden in die wissenschaftliche Diskussion
eingebracht. Obgleich er »... the remarkable delicacy of workmanship ...«
würdigte, sah er in dem schlecht erhaltenen Leinwandbild kein eigenständiges
Bildwerk, sondern das Fragment einer Tapisserievorlage. Holmes Artikel löste
mehrere Stellungnahmen9 aus, die die Zuschreibung zugunsten von Hugo
van der Goes korrigierten: Sowohl W. J. Weale (1907) als auch J. Destree
(1907)10 erkannten in dem Oxforder Tüchlein

»... certainly a fragment of one of the most famous paintings of the early Netherlan-
dish School, the Deposition of the Cross by Hugh Van der Goes.«11

Die Einschätzung des Oxforder Fragments als eigenhändiges Werk blieb aller-
dings in der nachfolgenden Forschung nicht unumstritten12.

1946 wurden bei einer Restaurierung1 3 des Tüchleins durch H. Buttery die
gröbsten modernen Retuschen abgenommen; für die Diskussion der Frage der

s Holmes (1907), S. 328.

9 Außer Weale und Destree sind in diesem Zusammenhang noch zu nennen: Ceuleneer (1908),
S. 342; Durand-Greville (1908), S. 20.

10 Weale (1907), S. 158-163, brachte diese Komposition mit dem verlorenen Altarbild Hugos in der
St. Jakobskirche in Brügge in Verbindung, die van Mander (1604) und Sanderus (1624) als Kreuzi-
gung, Descamps (1769) als Kreuzabnahme beschrieben hatten (s. o. S. 2lf zur Forschungsge-
schichte). Mit dieser Identifikation des Bildes war zugleich die These einer Verwendung des Oxfor-
der Tüchleins als Webvorlage stillschweigend erledigt. Weiterhin listete Weale die ihm bekannten
Kopien dieser Komposition van der Goes' auf, unter anderem auch die Zeichnung in der Albertina
in Wien (Benesch [1928], S. 4, Nr. 18, Tafel 5), die nach seiner Einschätzung dem Original stilistisch
besonders nah kam.

Destree (1907 b), S. 168-175, sah im Berliner Tüchlein mit den klagenden Marien und Johannes
die nächsten Stilparallelen und wies beide Bilder Hugo als eigenhändige Arbeiten zu. Wegen der
großen Anzahl von Kopien nach der »Großen Kreuzabnahme« vermutete er, Hugo habe erste
Repliken noch selbst ausgeführt.

11 Weale (1907), S. 158.

12 Ein Originalwerk Hugos sahen im Oxforder Fragment: Fierens-Gevaert (1909), S. 93f; Destree
(1914), S. 46f; Pfister (1923), S. 14, 26; Georges Hulin de Loo, Ville de Gand. Catalogue du Musee
des Beaux-Arts. Maitres anciens. Peintures, dessins, gravures, Gand 1937, S. 6 lf; Godfrey (1950),
S. 5; Paintings and Drawings from Christ Church, Oxford (London 1960), Cat. Nr. 6; Arndt (1964),
S. 70-73; Byam Shaw (1967), S. 120f; Wolfthal (1989), S. 34-36, 46f, Nr. 12.

Demgegenüber hielten das Stück für eine Kopie nach einer verlorenen eigenhändigen Schöpfung
Hugos: Friedländer (1926), S. 68, 130; Oettinger (1938), S. 5913; Cunningham (1952), o. S. ; Wink-
ler (1964), S. 130; Völker-Hänsel (1968), Bd. 1, S. 13; Egbert Haverkamp-Begemann (Ed.),
Wadsworth Atheneum Paintings. Catalogue I: The Netherlands and the German-speaking Coun-
tries, 15th-19th Centuries, Hartford, Conn. , 1978, S. 146.

Im Hinblick auf den Erhaltungszustand wollten sich zur Frage der Eigenhändigkeit nicht festlegen:
Ring (1913), S. 85; Tancred Borenius, Pictures by the old masters in the Library of Christ Church
Oxford. A brief catalogue with historical and critical notes on the pictures in the collection, Oxford
1916, S. 103; Winkler (1924), S. 112; Schöne (1938), S. 821; Juste de Gand, Berruguete et la cour
d'Urbino (Gent 1957), S. 126; Ringbom (1965/84), S. 135106; Eisler (1967), S. 64d9; Pächt (1969),
S. 4913.

13 Byam Shaw (1967), S. 120.
 
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