LTheils MI Buch.
I Capitel.
Die Zeich-
aung geſchi
het / mit Roͤ⸗
tel oder
Kreide.
Wie der
Umriß auf
den Kalch
u tragen.
Von der In-
vention,
vorinn ſie
beſtehe.
hicht-
Kahlerey-
un was bey
zu beobach-
len.
koͤnnen nachmals die Bilder / mit einer ſonderbaren
gratia und Natuͤrlichkeit / kehren und wenden:
welches oft vielen ermanglet / und doch einem jeden
notwendig iſt / der da verlanget / ſo wol Bilder / als
Statuen / nach dem Leben zu mahlen.
Es geſchihet aber die Zeichnung auf Papier /
entweder durch den Roͤtel / ſo ein zarter und linder
Stein / leicht zu ſchaben und zu ſchneiden / auch in
unſerm Teutſchen Gebuͤrg zu finden iſt; oder aber
durch ſchivarze Kreide gleicher Gattung / welche
uns Holland uͤberſchicket. Andere nehmen bloß ei-
ne Feder / und laſſen dem weißen Stoff / es ſey gleich
Papier oder Tuch / ſeine Liechte und Helle. Es iſt
zwar ſchiver / aber die gewoͤhnliche meiſterhafte
Manier / daß man auf graulicht Papier mit ſchivarz
ſchattiret / und mit weiß erhoͤhet: deren ſich die mei-
ſten gebrauchen.
Wer nun / nach ſolcher Zeichnung / auf die
Mauren mahlen will / der nimt ein langes Rohr /
ſtecket oben eine Kohle darein / und faſſet es in die
rechte Hand / in die linke aber ſeinen Carton oder
Papier / auf welchem der Abriß ſtehet: tritt alſo
von ferne / und traͤget ſolchen / mit dem Kohl Rohr /
von Stuck zu Stuck / nach proportion und Maß
ſeines gutgedunkens / in geziemender Groͤße / auf
die naße Mauer; nach welchem Abriß er ſo fort ſein
Verk / mit den gebuͤhrenden Farben / auf ſolcher
Mauer Kunſtmaͤßig vollendet.
Aus beſagter Ubung an natuͤrlichen Leibern /
entſpringet die invention oder Erfindung / welche
anordnet / wie man in großen Hiſtorien vier / acht /
zehen / fünfzehen / zwanzig und mehr Figuren / oder
ganze Heere in Bataglien und Feldſchlachten / ſtel-
len ſolle. Bey ſolcher Erfindung iſt zu beobachten /
daß man die Bilder manierlich alſo ordne / damit /
wann zun Exempel eine Perſon die andere mit Ehr-
erbietung zugruͤßen hat / ſie im umwenden den an-
dern nicht den Rucken kehre: und alſo iſt auch in
andern Stuͤcken zu verfahren.
Eine Hiſtorie ſoll erfuͤllet ſeyn mit vielen un-
terſchiedlichen Dingen / doch daß jedes aufden vor-
geſetzten Zweck ziele. Es mus auch der Figuren
Amt / Dienſt und Verrichtung / Jugend und Al-
ren ſeyn. Dahero an einem Frauenbilde / wie auch
an einem Juͤngling / das Geſicht etwas lieblicher
und zaͤrter / als an Maͤnnern / zu bilden: die Alten /
muͤßen mit ſittſamen und bedachtſamen Gebaͤrden /
abſonderlich ſo ſie geiſtliche oder hohe Stands Per-
ſonen præſentiren / geſtaltet werden. Mal hat
auch allezeit zu beobachten / damit jedes Ding mit
dem ganzen Werk einſtimme / und alſo / gleich in er-
ſter anſchanung des Gemaͤhls / eine Harmonie zu
ſpuͤren ſey. Trotzig ſoll eine Furie, und freundlich
eine Liebes-Goͤttin / gebildet werden: damit man
der / ſo ernſthaft / zornig und wild erſcheinen ſollen /
muͤßen eine freche Geſtalt bekommen. Andere / die
man in die ferne ordnet / muͤßen als fluͤchtig / mit all-
bracht werden.
In dieſem aber beſtehet hierbey die meiſte Mei-
ſterheit / daß ſie die nackende Bilder lebhaft und
natuͤrlich treffen / ingleichen hinter einander alſo ein-
theilen / und nach und nach zu⸗ oder abnehmen ma-
chen / daß ſie zum theil herfuͤr kommen / die andere
aber / der Ordnung nach / durch brechung der Far-
ben / nach der Kunſt ſich verlieren und entweichen.
Wie aber ſolches anzugreiffen und zuweg zu brin-
gen / davon ſoll hernach / bey den Oelfarben und an-
derer Orten / ausfuͤhrlicher Bericht geſchehen. Es
mus aber allhier / wie in allem / die Perſpectiv
kuͤnſtlich beobachtet werden: daß naͤmlich erſtens
das vorgenommene Stuck / nach proportion des
Orts und der Regeln / ſich entweder ordentlich ver-
liere / oder ſich herfuͤr thue und ergroͤßere; Feruer
daß alles / nach Ordnung des Gebaͤues / der Zimmer
und Seulen / kluͤglich und ſauber eingerichtet / lieb-
lich in die Augen falle; und endlich / daß / gleich-
wie das perſpectiviſche Gebaͤu ſelber / alſo auch die
Hoͤhe und Helle / Gaͤnze oder Haͤrte der Farben /
wie oben gedacht / ſich gemaͤchlich verliere. Und aus
ſolcher guken Eintheilung / wird des Kuͤnſtlers Ver-
ſtand gepruͤfet.
Rachdem man auch die Perſpe ctiv wol begrif-
ſen / und aller Dingen Gliedmaßen und Leiber in
ſein Gedaͤchtnus eingedrucket / ſo kan der Mahler
zum oͤftern unter die Leute Luſtwandlen / wo unter-
ſchiedliche Standsper ſonen anzutreffen und zu ſehen
im arbeiten / reden / handlen / zanken / lachen / fireiz
ten und ſchlagen / was für Gebaͤrden ſowol ſie / als
die umſtehende Zuſeher / fuͤhren. Dieſes alles zeich-
Buͤchlein / und verwahre ſolches / zu ſeinem Ge-
unterſchiedliche actiones und Poſtuͤren der Men-
reiffer Gedaͤchtnis zu behalten: welche hingegen /
Berlierung
der Dinter
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durch aufſchlagung ermeldtes Buͤchleins / allemal
wieder zu gedaͤchtuis geruffen und angebracht wer-
den koͤnnen. —
Es ſollen aber / in aller Kunſt und Fleiß / der
Verſtand und die Hand des Kuͤnſtlers / glücklich
und klüglich zuſammen ſpielen / und die Lieblichteit /
ſich alſo zur Vollkommenheit geſellen / daß die Spe-
ctatores, nicht zur Furcht und Unluſt / ſondern
vielmehr zu herzlicherFreude uͤber der perkection
und Gluͤcklichkeit des Meiſters / belveget werden.
Es ſoll auch ein vollkommenes Werk / mehr leben-
dig / als gemahlet / ſcheinen
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gratia und Natuͤrlichkeit / kehren und wenden:
welches oft vielen ermanglet / und doch einem jeden
notwendig iſt / der da verlanget / ſo wol Bilder / als
Statuen / nach dem Leben zu mahlen.
Es geſchihet aber die Zeichnung auf Papier /
entweder durch den Roͤtel / ſo ein zarter und linder
Stein / leicht zu ſchaben und zu ſchneiden / auch in
unſerm Teutſchen Gebuͤrg zu finden iſt; oder aber
durch ſchivarze Kreide gleicher Gattung / welche
uns Holland uͤberſchicket. Andere nehmen bloß ei-
ne Feder / und laſſen dem weißen Stoff / es ſey gleich
Papier oder Tuch / ſeine Liechte und Helle. Es iſt
zwar ſchiver / aber die gewoͤhnliche meiſterhafte
Manier / daß man auf graulicht Papier mit ſchivarz
ſchattiret / und mit weiß erhoͤhet: deren ſich die mei-
ſten gebrauchen.
Wer nun / nach ſolcher Zeichnung / auf die
Mauren mahlen will / der nimt ein langes Rohr /
ſtecket oben eine Kohle darein / und faſſet es in die
rechte Hand / in die linke aber ſeinen Carton oder
Papier / auf welchem der Abriß ſtehet: tritt alſo
von ferne / und traͤget ſolchen / mit dem Kohl Rohr /
von Stuck zu Stuck / nach proportion und Maß
ſeines gutgedunkens / in geziemender Groͤße / auf
die naße Mauer; nach welchem Abriß er ſo fort ſein
Verk / mit den gebuͤhrenden Farben / auf ſolcher
Mauer Kunſtmaͤßig vollendet.
Aus beſagter Ubung an natuͤrlichen Leibern /
entſpringet die invention oder Erfindung / welche
anordnet / wie man in großen Hiſtorien vier / acht /
zehen / fünfzehen / zwanzig und mehr Figuren / oder
ganze Heere in Bataglien und Feldſchlachten / ſtel-
len ſolle. Bey ſolcher Erfindung iſt zu beobachten /
daß man die Bilder manierlich alſo ordne / damit /
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erbietung zugruͤßen hat / ſie im umwenden den an-
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andern Stuͤcken zu verfahren.
Eine Hiſtorie ſoll erfuͤllet ſeyn mit vielen un-
terſchiedlichen Dingen / doch daß jedes aufden vor-
geſetzten Zweck ziele. Es mus auch der Figuren
Amt / Dienſt und Verrichtung / Jugend und Al-
ren ſeyn. Dahero an einem Frauenbilde / wie auch
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und zaͤrter / als an Maͤnnern / zu bilden: die Alten /
muͤßen mit ſittſamen und bedachtſamen Gebaͤrden /
abſonderlich ſo ſie geiſtliche oder hohe Stands Per-
ſonen præſentiren / geſtaltet werden. Mal hat
auch allezeit zu beobachten / damit jedes Ding mit
dem ganzen Werk einſtimme / und alſo / gleich in er-
ſter anſchanung des Gemaͤhls / eine Harmonie zu
ſpuͤren ſey. Trotzig ſoll eine Furie, und freundlich
eine Liebes-Goͤttin / gebildet werden: damit man
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muͤßen eine freche Geſtalt bekommen. Andere / die
man in die ferne ordnet / muͤßen als fluͤchtig / mit all-
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