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DER HELLENISMUS IN PERSIEN
I
Alexanders des Großen Gestalt lebt noch heute im Gedächtnis der
Völker des Ostens, und die Erinnerung an ihn haben jüngere Welt-
eroberer, ein Djingiz Khan oder Timur, nicht verdunkeln können. Unerhört
kühn war der Gedanke, Okzident und Orient, die ganze damalig bekannte
Welt, zu einem Weltreiche zu vereinen und den persischen Begriff der Welt-
herrschaft auf die breiteste Basis zu stellen. Ein Mittel zur Erreichung dieses
Zieles, der Verschmelzung von Orient und Okzident, waren die zahlreichen
griechischen Stadtgründungen; sie haben auf die kulturelle Umgestaltung, die
Hellenisierung des Orients, den nachhaltigsten Einfluß geübt. Unter den
Diadochen, unter der Herrschaft des Seleukos und seiner Nachkommen, der
Seleukiden, die in Mesopotamien und Iran Alexanders Herrschaft übernahmen,
hält diese Hellenisierung an. Allein Seleukos (321—281 v. Chr.) hat 70 Städte
auf iranischem Boden gegründet. Leider sind diese griechischen Ansiedlungen
des weiteren Orients, unter ihnen auch die hervorragendste, Seleukeia am Tigris,
die Nachfolgerin von Babylon und die Vorläuferin von Ktesiphon und Bagdad,
noch nicht durch Ausgrabungen näher erforscht und deshalb nur ungenügend be-
kannt; hat man doch bisher fast ausschließlich den Denkmälern des alten Orients
Interesse entgegengebracht und nur ausnahmsweise solche jüngerer Zeit, z. B. das
griechische Theater von Babylon oder die parthischen Bauten von Assur,gelegent-
lich von babylonischen und assyrischen Grabungen in den Kreis der Unter-
suchungen gezogen. Die hier gemachten Kleinfunde, soweit sie bisher veröffent-
licht sind, lassen keinen Zweifel über die Stärke hellenistischen Einflusses im
Zweistromlande. Aus dem persischen Hochlande, wo, abgesehen von dem in der
westlichen Randzone gelegenen Susa, überhaupt noch keine wissenschaftlichen
Ausgrabungen gemacht worden sind, kennen wir nur ganz wenige Ruinen von
Bauwerken hellenistischer Zeit, und auch von einigen von diesen ist es noch
zweifelhaft, ob sie nicht schon jüngeren Datums sind und in die Partherzeit
gehören. Wir erwähnen die ionischen Säulen eines seleukidischen Tempels in
Khurha, die Tempelruine von Kengawer und das am Tor von Asien, am Paitak-
Paß, gelegene Monument, den Tak i Girra.
DER HELLENISMUS IN PERSIEN
I
Alexanders des Großen Gestalt lebt noch heute im Gedächtnis der
Völker des Ostens, und die Erinnerung an ihn haben jüngere Welt-
eroberer, ein Djingiz Khan oder Timur, nicht verdunkeln können. Unerhört
kühn war der Gedanke, Okzident und Orient, die ganze damalig bekannte
Welt, zu einem Weltreiche zu vereinen und den persischen Begriff der Welt-
herrschaft auf die breiteste Basis zu stellen. Ein Mittel zur Erreichung dieses
Zieles, der Verschmelzung von Orient und Okzident, waren die zahlreichen
griechischen Stadtgründungen; sie haben auf die kulturelle Umgestaltung, die
Hellenisierung des Orients, den nachhaltigsten Einfluß geübt. Unter den
Diadochen, unter der Herrschaft des Seleukos und seiner Nachkommen, der
Seleukiden, die in Mesopotamien und Iran Alexanders Herrschaft übernahmen,
hält diese Hellenisierung an. Allein Seleukos (321—281 v. Chr.) hat 70 Städte
auf iranischem Boden gegründet. Leider sind diese griechischen Ansiedlungen
des weiteren Orients, unter ihnen auch die hervorragendste, Seleukeia am Tigris,
die Nachfolgerin von Babylon und die Vorläuferin von Ktesiphon und Bagdad,
noch nicht durch Ausgrabungen näher erforscht und deshalb nur ungenügend be-
kannt; hat man doch bisher fast ausschließlich den Denkmälern des alten Orients
Interesse entgegengebracht und nur ausnahmsweise solche jüngerer Zeit, z. B. das
griechische Theater von Babylon oder die parthischen Bauten von Assur,gelegent-
lich von babylonischen und assyrischen Grabungen in den Kreis der Unter-
suchungen gezogen. Die hier gemachten Kleinfunde, soweit sie bisher veröffent-
licht sind, lassen keinen Zweifel über die Stärke hellenistischen Einflusses im
Zweistromlande. Aus dem persischen Hochlande, wo, abgesehen von dem in der
westlichen Randzone gelegenen Susa, überhaupt noch keine wissenschaftlichen
Ausgrabungen gemacht worden sind, kennen wir nur ganz wenige Ruinen von
Bauwerken hellenistischer Zeit, und auch von einigen von diesen ist es noch
zweifelhaft, ob sie nicht schon jüngeren Datums sind und in die Partherzeit
gehören. Wir erwähnen die ionischen Säulen eines seleukidischen Tempels in
Khurha, die Tempelruine von Kengawer und das am Tor von Asien, am Paitak-
Paß, gelegene Monument, den Tak i Girra.