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Der Satyr: lose Blätter aus dem Deutschen Reiche — 1.1848-1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.16232#0026
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Eln Professor: Lauter! lauter!

Eiu Kausmanu: 9tuhc doch! Sie horen sa daß cr
Patlcut tst, er kanil nicht lautcr sprechen.

Ein Ofsizicr: Abcr eineu Puter wlll cr uns zcigcn!
Wo ist der Putcrhahn?

Lakal: O übcr dic Zgnoranz! ich rcde ja mit dcn
Wortcn dcü hcrühmtcsten RcducrS! zwar bin ich kcin Cicero. —

Picle Linkc: O daS wissen wir auch so! (Ungeheurc
Hcitcrkeit, die gar nicht wiedcr zu bändigcn ist.)

Lakai: (schrcit znm Schiummcrstübchcn des Königs hinaus,
der aus cincm Fcnstcrchcn dic druntcn wogcndc Mcnge lorg-
netrirt:) Mascstät! es hilft all nir! sie wollen nichts lernen!
sie lasscn mich nicht zu Wort kommcn!

Dcr König schreit herunter: Schell cr! schcll er! Wozu hat
er dcnn dic Schcllen-Klingcl hintcn am Schwanz? Hat cr noch
nicht so oiel parlamcntarischc Bildnng? wozu hab' ich ihn denn
nach Frankfurt geschickt? Nicht cinmal das hat er in der Hcibcn-
kirche gelernt — hat doch den Gagern und Soiron und Sim-
svn stndirt! und weist noch nicht daß man sich nur mit dcr
Schclle Respckt vcrschafft? Wcnn die nicht hilft, muß srcilich
Lie Kappc hclscn — will sagcii dcr Hut — also schcll er!
schcll cr!

Lakai wcdclt mit dcm Schweif, dic Schcllc arbeitct laut,
darauf wird es still und er redet also: Sic schen hier mcine
gänzlich ron mir unoerebrtcn Zuschaucr die großc Sccnc wie
nach unbcgrciflichcm Bcschluß der Nationalocrsammlung dic
einzclncn Staaten keine ständigen Gcsandtcn mchr halten svllcn.
Durch die ständigen Gesandtcn abcr . . .

Einc Damc: Waü sind denn anständige Gesandtc?

Eine Schriftstcllcrin: Das sind solche dic nicht
unanständig und also sehr langwcilig und unbrauchbar sind.

Lakai: Ouonsgno tsinlom 6ntilinn —

Landjunker: Ach so! das ist die Kathi und die Lina
(Bcsieht sie gcnau durch sein GlaS) nicht so ganz übcl —
besonders die Lina.

Lakai: (klingelwcdclr Lcn Schwcif), Jch bitt' um Ruhc!
durch die ständigen Gcsandten kündigcn sic sich dcn auswärügcn
Skaaien als Siaatcn an. Dicsc Befugniß ist dcn größcrcn
dcntschen Staatcn nun durch die Bcschlußnahme gcnommcn.
Wcnn die grösicrcn Staatcn DeutschlandS dicsc Opfer bringen,
so habcn Sie cin Großcs aus den Altar des Varer-
landeö nicdcrgciegt! — Sie sehcn hier mcine Damen und
Hcrren wic alle die Gropmächre daherkommen, ihre Gesandrcn
hereinschlcisen und sie ans dcn Altar des VatcrlandcS' nicdcr-
legen.

Ein Linkcr: Ja, wic Kälbcr und Schöpsc! —

Die Dame: Ach Gott! und da wcrden sie abge-
schlachtet? (Gclächter).

Lakai: Dieses wciügcr. Nur nicdergelegt. — Aber cin
niedergclcgter odcr cin abgcschlachtcter Gesandter, das ist doch
fast pnctio eZslo! Dic nicdergelcgtcn Ercellenzcn singen dabci
das Traucrlicv: „Ach wir arnicn Diplomaten! Wic ist's uns

so schlechr gcrathcn! Licgen hicr auf dem Altar! O verstuchtcr
Februar! Schändlich Rcvolution! Und dazu noch ssns konsion!"

Ein gcheimcr O bersta atsrath: Das wär' ent-
sctzlich!

Linkcr: Aber gcsctzlich! —

Lakai: Lilontinm! Schcn Sic hicr die zwcitc Scene.
„Jch crinncre Sie daran wie Friedcrich dcm Großcn sein Ge-
sandtcr aus London (cö war ein Baron Quirlcguitsch Jtzenplitz)
meldcte, er könnc nüt dem Gehalt (an preußischcn Groschcn) das
er ihm gcbe, in London nichr mchr bestehcn, cr müssc zu Fuß
nach Hof gehen, und darübcr halre man sich auf (Zohn Bull
lachc darob äußerst schr), da antwortcic Fricdrich der Große^
(unser alter Fritz) in dcr damaligcn Sprachc (die damalige
Sprachc ist abcr nicht die dermalige!) — cilso dcr alte Fritz:
mein licbcr Jtzcnplitz! gchc Er zu Fuß nach Hof und sage
Er denjciügen die sich darüber aufhalten, cs marschirtcn 70,000
Mann Prcußcn hinter ihm her!" — Nun schauen Sie hier,
wie Baron Qiürlegiütsch Jtzenplitz durch ganz London an Hof
geht und 70,000 Maun Preußcn hinter ihm her marschicren!

Offizier: Auf Ehrc, das ist superb!

D a m e: Rührcnd!

Professor: Wclthistorisch!

Ein Rcchter: Svlche Zciten kommen gar nicht wicder!

Lakai: Aber dcnnoch hat auch dic neucstc Zcit ihre
Größcn. Man mnß,wcnn man staatSmännisch handeln will,nicht
zu großc Opfcr oerlaugcn. Die größcrcn Staaten könncn un-
möglich ihre ganzc bewaffnete Macht im Krieg und Fricden
ausschlicßlich untcr die Neichsgewalt stcllen, ohne sich sclbst
gänzlich auszugebcn. — Svlchcs Opfcr können sic nicht auf
den Altar dcö Vatcrlandes bringen! (Obglcich dcr Altar ziem-
lich groß nnd nüt AuSschicbcrn wie ein Spcisctisch oerschen ist,
danüt möglichst viel hinaufgehe, kann man dvch nicht 100,000
Mann daraus lcgen.) Aber abgesehcn hicroon, so sind namcnt-
lich in den größcren Staaicn dic Hcerc mit der Nation doch
zu imüg ocrwachsen, als daß man verlangen könntc, die Hcerc
sollten unmittelbar nnrcr dic Rcichsgcwalt gestcllt wcrvcn; da-
mit würde nian dic Nation iclbst unmittclbar nnter dic Reichs-
gcwalt stcllen." Dicses Stück kann abcr nicht aufgcführt wer-
den. Sie sehen wic hicr aus Nummcr 3 Svldac und Bauer
so innig mtt einander ocrwachsen stnd wie jene siamesischcn
Zwillinge wclchc uns auch cin gcistrcichcr Rcdner cinst in der
PanlSkirche oorgczrigt hat, und wie man sie nicht oertrennen
und auscinandcr jchncidcn kann, vhnc daß dcr Niß durch das
Leben, bcsonders aber durch den Rückgrat dicscr Verwachsenen
gingc.

Offizier: Wie cin doppeltcr Adlcr!

Schriftstcllerin: Wie sind die denn eigcnrlich zu-
sammengewachscn? und habcn sie bcide nur cinen Nücken? —

Offizier: Da kann man die KerlS ja gar nichr mchr
prügcln.

Prvfessor: Deshalb ist auch dic Prügelstrasc abge-

schafft.
 
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