8 Die Struktur der magischen Weltanschauung
und daß daher das Wohlergehen des Frommen allein und aus-
schließlich von ihrer Gunst abhängig ist.
Wesentlich anders ist die Situation im Atharva-Veda.
Im Vordergrund des Weltbildes stehen nicht mehr die großen
Götter des rgvedischen Pantheons, sondern niedere Dämonen,
Genien und endlich abstrakte „Substanzen", die der Mensch
durch zauberische Techniken zu beeinflussen und zu beherrschen
versteht. Der Gegensatz, der uns hier gegenüber dem Rg-
Veda entgegentritt, ist wesentlich soziologisch,1) zu be-
urteilen: dem hoch-offiziellen Soma-Kult, der den Inhalt
des höheren Srauta-Rituals bildete, und, wie Oldenberg,
Die Religion des Veda, II. Aufl. S. 450 mit Recht annimmt,
für die breiten Schichten des Volkes höchstens den Charakter
eines unverständlichen Schauspiels gehabt hat, steht zur
Seite das populäre, überwiegend zauberische Grhya-Ritual,
das sich hauptsächlich um den Kult des häuslichen Feuers
herumgruppierte und offenbar bereits in der vorvedischen Zeit
von einer besonderen Kategorie der Priester, von den Athar-
van (vgl. awest. äthravan) gepflegt wurde. Der Atharva-Veda,
der diese volkstümliche, sicherlich urarische Überlieferung
vertritt, ist aber nicht nur das älteste Denkmal des primi-
tiven Zauberwesens, sondern zugleich eine Samhitä, und als
solche in erster Linie ein Versuch, diesem Zauberwesen den
Anstrich offizieller Gültigkeit zu verleihen und in das System
der priesterlichen trayi vidyä einzuordnen. — „The Atharvan
hymns — sagt Bloomfield, Grundriß der indoarischen Philo-
logie, II, 1 B, S. 2 — present themselves in a form thouroughly
Rishified and Brahmanized; even the mantras and rites of
the most primitive ethnological flavor have been caught in
the drag-net of the priestly class and made part of the uni-
versal Vedic religion." Damit hängt zusammen, daß die ex-
tatisch-emotionale Magie, schamanenhafte Dämonologie und
9 Inwiefern neben den soziologischen Momenten auch geographische
und vor allem ethnische Differenzen das stärkere Hervortreten des ma-
gischen Elements im AV bedingt haben, ist schwer zu entscheiden. Die
Magie war den Ariern ebensogut wie den Dravida-Völkern bekannt. Die
Argumente G. Brown's, Studies in honor of Maurice Bloomfield, S. 75 ff.
sind verfehlt.
und daß daher das Wohlergehen des Frommen allein und aus-
schließlich von ihrer Gunst abhängig ist.
Wesentlich anders ist die Situation im Atharva-Veda.
Im Vordergrund des Weltbildes stehen nicht mehr die großen
Götter des rgvedischen Pantheons, sondern niedere Dämonen,
Genien und endlich abstrakte „Substanzen", die der Mensch
durch zauberische Techniken zu beeinflussen und zu beherrschen
versteht. Der Gegensatz, der uns hier gegenüber dem Rg-
Veda entgegentritt, ist wesentlich soziologisch,1) zu be-
urteilen: dem hoch-offiziellen Soma-Kult, der den Inhalt
des höheren Srauta-Rituals bildete, und, wie Oldenberg,
Die Religion des Veda, II. Aufl. S. 450 mit Recht annimmt,
für die breiten Schichten des Volkes höchstens den Charakter
eines unverständlichen Schauspiels gehabt hat, steht zur
Seite das populäre, überwiegend zauberische Grhya-Ritual,
das sich hauptsächlich um den Kult des häuslichen Feuers
herumgruppierte und offenbar bereits in der vorvedischen Zeit
von einer besonderen Kategorie der Priester, von den Athar-
van (vgl. awest. äthravan) gepflegt wurde. Der Atharva-Veda,
der diese volkstümliche, sicherlich urarische Überlieferung
vertritt, ist aber nicht nur das älteste Denkmal des primi-
tiven Zauberwesens, sondern zugleich eine Samhitä, und als
solche in erster Linie ein Versuch, diesem Zauberwesen den
Anstrich offizieller Gültigkeit zu verleihen und in das System
der priesterlichen trayi vidyä einzuordnen. — „The Atharvan
hymns — sagt Bloomfield, Grundriß der indoarischen Philo-
logie, II, 1 B, S. 2 — present themselves in a form thouroughly
Rishified and Brahmanized; even the mantras and rites of
the most primitive ethnological flavor have been caught in
the drag-net of the priestly class and made part of the uni-
versal Vedic religion." Damit hängt zusammen, daß die ex-
tatisch-emotionale Magie, schamanenhafte Dämonologie und
9 Inwiefern neben den soziologischen Momenten auch geographische
und vor allem ethnische Differenzen das stärkere Hervortreten des ma-
gischen Elements im AV bedingt haben, ist schwer zu entscheiden. Die
Magie war den Ariern ebensogut wie den Dravida-Völkern bekannt. Die
Argumente G. Brown's, Studies in honor of Maurice Bloomfield, S. 75 ff.
sind verfehlt.