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Scheffer-Boichorst, Paul [Hrsg.]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0101
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Uebrige kann immerhin vor dem Sturze Heinrichs geschrieben sein. Doch
scheint dagegen zu sprechen, dass der Benutzer des ersten Theiles unserer
Annalen, der kölner Annalist, der nach 1176 schrieb, selbst diese früheren
Notizen der Portsetzung nicht gekannt hat.

Noch über Heinrichs Sturz hinaus ist das AVerk fortgeführt; zunächst
in dürftiger Weise; ausführlicher wird der dritte Kreuzzug erzählt. Ihn
hatte der schon genannte Vogt im Heere des Kaisers mitgemacht: 1 der
Tod Widukinds von Schwalenberg bildet den Schluss.

Aber vielleicht zu bestimmt habe ich die grössere oder mindere Aus-
führlichkeit begrenzt. Denn nur Bruchstücke sind uns erhalten: nach dem
dürftigen Gebrauch, den Gobelin von seinen Quellen macht, kann die Port-
setzung viel umfangreicher gewesen sein, als sie uns in Gobelins Auszügen
erscheint. Namentlich was der Portsetzer aus dem Keiche zu erzählen
wusste, mag Gobelin verkürzt, bei Seite gelassen haben. Eine reichere Quelle,
die kölner Annalen, gab ihm hier sein Material. Vollständiger wird er uns
erhalten haben, was die Portsetzung für die Lokalgeschichte bot.

Prägen wir nach dem Werthe dieser Bruchstücke, so erhält die Ge-
schichte Westfalens, insbesondere Paderborns, auch für jene Zeiten, die
dem Abschlüsse ferner liegen, manch' schätzbaren Beitrag. Die erste An-
gabe, welche das Eeich betrifft, handelt über die berühmte Zusammenkunft
am Comersee. Sie leitet zu den sächsischen Kämpfen; seitdem ein gutes
Stück Reichsgeschichte auf westfälischem Boden sich vollzieht, seitdem also
die Provinzialgeschichte fast mit der Keichsgeschichte zusammenfällt, kann
uns der Verfasser, in einer durchaus glaubwürdigen Weise, von anderweitig
nicht bekannten Vorgängen unterrichten. Doch wird auch bestätigt, was
uns dieser und jener Geschichtschreiber erzählt. Weiterhin erfährt die Pro-
vinzialgeschichte noch einige Bereicherung. Nicht so die Keichsgeschichte;
für sie hat der Schluss nur einen bestätigenden Werth. Das gilt nament-
lich vom dritten Kreuzzuge. Denn was hier etwa eigenthümlich erscheint,
ist übertrieben oder ganz unwahr. Die Phantasie hatte ihre Macht geübt;
hörte der Schreiber auch nicht von einem ganz Unbetheiligten, — vielleicht
hat ein Landsmann, der vom Kreuzzuge zurückgekehrt war, ihm die Ge-
rüchte des Lagers erzählt.

1) Als Windichint de Swalmsech nennt ihn unter den Kreuzfahrern auch
Ansbert De exped. Frid. iinp. Font. rer. Austr. I. 5,16.
 
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