dass er um diese Zeit die Lust am Schreiben verloren, dass die genauere
Kunde ihm gefehlt habe. Beides mussto ja eintreten, als nun die Entschei-
dung gefallen war, dass die Herrschaft nicht den Sachsen verbleiben, son-
dern auf die Franken übergehen solle.
Darin liegt jedenfalls der Grund, dass unsere Annalen keine gleich
ausführliche Fortsetzung fanden, dass die bisherige Eeichsgeschichte, wenig-
stens für die nächste Zeit, zur blossen Lokalgeschichte herabsinkt. »Der
Ruhm der Sachsen,<( klagt Helmold beim Tode Lothars,1 Ä der unter einem
solchen Kaiser hell gestrahlt hatte, schien nun ganz erloschen zu sein. *
Noch die Kämpfe, in welchen das Sachsenland die Herrschaft des Eeiches
sich aufs Neue sichern wollte, fesselten das Interesse. Was galt dem stol-
zen Volke jetzt der Kuhm eines andern Stammes ? Auch hätte man unter
dem schwachen Konrad solchen Ruhm vergebens gesucht; und selbst wenn
eine fähigere Person die Zügel der Regierung erfasst hätte, wenn selbst ein
» Ausländer * sich die Herzen gewonnen hätte, — wohnte man nicht wieder
in tiefster Abgeschiedenheit, befand man sich nicht wie im Stillleben eines
entlegenen Winkels, in den keine Kunde von der Aussenwelt dringt?
Das ward anders, als der Krieg gegen Heinrich den Löwen entbrannte,
als die Mächtigen des westfälischen Landes sich für den Kaiser oder den
Herzog erklären mussten. Nicht mehr der Arnsberger steht an der Spitze
der Bewegung; ein Herr aus kleinem Hause, aber in seinem engen Kreise
ein anderer Heinrich, macht von sich reden. Bernhard von der Lippe be-
ginnt, noch bevor Herzog und Erzbischof selbst das Schwert gezogen haben,
mit den Anhängern der kölnischen Partei zu streiten. Keiner hat später
dem Kölner mehr geschadet, und als er seiner Uebermacht weichen muss,
da leitet er jene denkwürdige Vertheidigung von Haldensleben. Ihm zur
Seite, wenigstens in der Verwüstung der kölnischen Besitzungen, steht
Widukind von Rheda. Die kölnische Partei führen die Grafen von Ravens-
berg und Tecklenburg; zu ihr gehört auch Widukind von Schwalenberg,
der paderborner Hauptvogt. Sie zu bezwingen, entsendet der Herzog die
Holsteiner; vor ihren wuchtigen Streichen sinkt die ßlüthe der westfälischen
Jugend. Es war ein fürchterliches Blutbad, »weil die Männer, welche
Holsteiner heissen, ohne Barmherzigkeit und höchst blutdürstig sind.*2
Glücklich, wer wie der paderborner Vogt das Leben mit der Gefangenschaft
erkaufte!
Nachdem man solche Kämpfe erlebt hatte, mochte man wieder zu den
vergessenen Annalen greifen. Wohl erst jetzt verzeichnete man auch frühere
Ereignisse: Brände, Bischofswechsel, Fehden und namentlich was in der
zwischenliegenden Zeit das Denkwürdigste war: die Demüthigung des
Arnsbergers. Jedenfalls ist die Geschichte der sächsischen Kämpfe nicht
ganz gleichzeitig;3 sie ist erst eingetragen, als die Ruhe wiedergekehrt; das
1) 1,54. M. G. Ss. 21,63.
2) Arn. Lub. 2,13. M. G. Ss. 21,134.
3) Wie man namentlich daraus sieht, dass der Bruder des Landgrafen von
Thüringen schon 1179 Pfalzgraf heisst, während er doch erst Martini 1182 die
Pfalzgrafschaft erhielt.
Kunde ihm gefehlt habe. Beides mussto ja eintreten, als nun die Entschei-
dung gefallen war, dass die Herrschaft nicht den Sachsen verbleiben, son-
dern auf die Franken übergehen solle.
Darin liegt jedenfalls der Grund, dass unsere Annalen keine gleich
ausführliche Fortsetzung fanden, dass die bisherige Eeichsgeschichte, wenig-
stens für die nächste Zeit, zur blossen Lokalgeschichte herabsinkt. »Der
Ruhm der Sachsen,<( klagt Helmold beim Tode Lothars,1 Ä der unter einem
solchen Kaiser hell gestrahlt hatte, schien nun ganz erloschen zu sein. *
Noch die Kämpfe, in welchen das Sachsenland die Herrschaft des Eeiches
sich aufs Neue sichern wollte, fesselten das Interesse. Was galt dem stol-
zen Volke jetzt der Kuhm eines andern Stammes ? Auch hätte man unter
dem schwachen Konrad solchen Ruhm vergebens gesucht; und selbst wenn
eine fähigere Person die Zügel der Regierung erfasst hätte, wenn selbst ein
» Ausländer * sich die Herzen gewonnen hätte, — wohnte man nicht wieder
in tiefster Abgeschiedenheit, befand man sich nicht wie im Stillleben eines
entlegenen Winkels, in den keine Kunde von der Aussenwelt dringt?
Das ward anders, als der Krieg gegen Heinrich den Löwen entbrannte,
als die Mächtigen des westfälischen Landes sich für den Kaiser oder den
Herzog erklären mussten. Nicht mehr der Arnsberger steht an der Spitze
der Bewegung; ein Herr aus kleinem Hause, aber in seinem engen Kreise
ein anderer Heinrich, macht von sich reden. Bernhard von der Lippe be-
ginnt, noch bevor Herzog und Erzbischof selbst das Schwert gezogen haben,
mit den Anhängern der kölnischen Partei zu streiten. Keiner hat später
dem Kölner mehr geschadet, und als er seiner Uebermacht weichen muss,
da leitet er jene denkwürdige Vertheidigung von Haldensleben. Ihm zur
Seite, wenigstens in der Verwüstung der kölnischen Besitzungen, steht
Widukind von Rheda. Die kölnische Partei führen die Grafen von Ravens-
berg und Tecklenburg; zu ihr gehört auch Widukind von Schwalenberg,
der paderborner Hauptvogt. Sie zu bezwingen, entsendet der Herzog die
Holsteiner; vor ihren wuchtigen Streichen sinkt die ßlüthe der westfälischen
Jugend. Es war ein fürchterliches Blutbad, »weil die Männer, welche
Holsteiner heissen, ohne Barmherzigkeit und höchst blutdürstig sind.*2
Glücklich, wer wie der paderborner Vogt das Leben mit der Gefangenschaft
erkaufte!
Nachdem man solche Kämpfe erlebt hatte, mochte man wieder zu den
vergessenen Annalen greifen. Wohl erst jetzt verzeichnete man auch frühere
Ereignisse: Brände, Bischofswechsel, Fehden und namentlich was in der
zwischenliegenden Zeit das Denkwürdigste war: die Demüthigung des
Arnsbergers. Jedenfalls ist die Geschichte der sächsischen Kämpfe nicht
ganz gleichzeitig;3 sie ist erst eingetragen, als die Ruhe wiedergekehrt; das
1) 1,54. M. G. Ss. 21,63.
2) Arn. Lub. 2,13. M. G. Ss. 21,134.
3) Wie man namentlich daraus sieht, dass der Bruder des Landgrafen von
Thüringen schon 1179 Pfalzgraf heisst, während er doch erst Martini 1182 die
Pfalzgrafschaft erhielt.