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Abstrichmethode

§ 2. Die erste Aufgabe erweist sich noch als einigermaßen leicht durchführbar. An
konkreten Sätzen wird das weggestrichen, was entbehrlich erscheint, ohne den darge-
stellten Sachverhalt — beim Satz mit (festem) Verbum finitum ist er im Verbalkern ver-
ankert — entscheidend zu verändern 2. Die Bestimmung des Abstreichbaren mag im
einzelnen zwar unsicher sein, es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß man auf
diese Art zu einer überschaubaren Zahl von Grundformen gelangt. Abgestrichen wurde
nur mit Vorsicht; denn es ist besser, eine zu große als eine zu kleine Anzahl von Ge-
stalten herauszusondern: zusammenlegen läßt sich immer noch.

Die Abstrichrnethode bringt zwei Forderungen mit sich, die besondere Aufmerksamkeit
verlangen, da sie das Ergebnis wesentlich bestimmen. Die erste Forderung ist die, daß
nur „vollständige" Sätze ausgewertet werden; die zweite, daß zwischen „festen" und
„freien" Ergänzungen des Satzes geschieden wird.

§ 3. Die Forderung „vollständiger" Sätze besagt, daß alle die Satzglieder, die zwar
nicht explizit im Satz stehen, aber sich aus der Situation bzw. dem Kontext als implizit
vorhanden erweisen, in den Satz vor der Zuweisung zu einer Grundform eingesetzt wer-
den müssen. Damit soll erreicht werden, daß durch situations- und kontextbestimmte
Kurzformen die Zahl der Grundformen nicht unnötig vergrößert wird. Alle diese Satz-
abbreviaturen lassen sich nämlich umgekehrt sehr leicht mit der Ansetzung von Ellipsen
aus den vollständigen Grundformen ableiten. Sätze mit Ellipsen sind unten gekenn-
zeichnet, das elidierte Satzglied ist angegeben. Als elidierte Satzglieder kommen prak-
tisch nur Erst- und Zweitnomen in Betracht. Nicht gekennzeichnet ist lediglich das nur
implizit im Imperativ vorhandene „Subjekt". Da dieses „Subjekt" niemals explizit (als
Erstnomen) erscheint, in bestimmten Fällen aber sich als implizit vorhanden erweisen
läßt (vgl. Beitrag V), kann man dem Imperativ ein der Verbalform bereits immanentes
„Subjekt" zuschreiben.

§ 4. Die Forderung der Scheidung zwischen „festen" und „freien" Ergänzungen be-
zieht sich auf den „Satzrest", die präpositionalen und adverbialen Ausdrücke und die
absoluten Nomina also. Obwohl formal (innerhalb der Untergruppen der präpositio-
nalen Ausdrücke; Adverbien; usw.) gleich gebaut und im Satz an gleicher Stelle stehend,
haben sie im Satzzusammenhang ungleiches Gewicht.

Daß „Satzreste" in bestimmten Fällen für eine Grundform des Satzes ebenso gut wie
etwa ein Zweitnomen („Objekt") konstitutiv sind, läßt sich leicht zeigen. In Beitrag I in
ZÄS 88 (1963) 116 f. wurde festgehalten, daß das „zweite Objekt" bei Kausativbildun-
gen zu trans. Verben als präpositionaler (bzw. adverbialer) Ausdruck auftritt. Diesem
präpositionalen Ausdruck entspricht bei Kausativbildungen zu intr. Verben ein Zweit-
nomen („Objekt").

2 Zur Methode s. etwa die Duden-Grammatik, Ziff. 859—864.

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