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V

Klimaänderung und andere Ursachen für die Einführung
der künstlichen Felder-Bewässerung
Eine Ursache der schwierigen Versorgungslage und der daraus resultierenden Hungers-
nöte der Zeit nach dem Alten Reich ist die mangelhafte Bewässerung der Agrarfläche durch die
jährliche Nilüberschwemmung. Dies ist die Erklärung, die die Ägypter selbst geben, und es be-
steht nach den genaueren Umständen der altägyptischen Darstellungen aus der objektivierenden
Distanz des heutigen Beobachters nicht der geringste Zweifel daran, daß diese Erklärung We-
sentliches trifft. Allerdings werden, worauf unten noch einzugehen sein wird, weitere Ursachen
bzw. Randbedingungen in Rechnung zu stellen sein, die der Zeitgenosse schwer oder gar nicht
durchschauen konnte und die erst dem Historiker, der Kausalketten oft besser überblickt, er-
kennbar werden.
Die zeitgenössische Erklärung der Versorgungsmisere aus mangelhafter Überschwemmung
ergibt sich aus zweierlei: erstens aus den in den Texten geschilderten Umständen der Versor-
gungsmisere und zweitens aus einer Reaktion der Zeitgenossen, mit der sie versuchten, die miß-
liche Lage zu überwinden, der Einführung der künstlichen Felder-Bewässerung. Die ältesten
Zeugnisse für die künstliche Felder-Bewässerung behandeln bezeichnenderweise die technische
Neuerung der künstlichen Felder-Bewässerung in einem Atemzug mit der Versorgungslage. Ein
näheres Eingehen auf diese Zeugnisse ist an dieser Stelle nicht mehr erforderlich, da die Texte
bereits in Kap. III in extenso behandelt wurden. Dagegen bleiben die ägyptischen Erklärungen
der Versorgungsmisere aus der mangelhaften Überschwemmung, auf die in Kap. IV eingangs
bereits hingewiesen wurde, noch genauer zu untersuchen.
Am unproblematischsten ist der direkte Hinweis auf den Wassermangel, wie er in Siüt V
(Kap. III, Dok. 1) vorliegt: nn mw „Wasser war nicht zu sehen“; dies im weiteren Kontext
der sonst beliebten Rede von den „Jahren“ der Not, die auf den Zusammenhang mit dem
Jahreszyklus, also mit der periodischen Nilflut hinweisen, und im Kontext des Siut-Textes
selbst, wo kurz danach darauf hingewiesen wird, daß dank den Maßnahmen des Gaufürsten die
„Nilflut“ (Äfp;) die „alten Stätten“ (die er früher zu erreichen pflegte?) wieder überschwemmt
(Siüt V 7). Weniger klar in seiner genauen Bedeutung ist die Rede von den tz.w (n.jw t>) „den
Sandbänken (?) (des Landes)“207. Die Belege aus den in Kap. III und IV behandelten Texten sind
die folgenden:
a) Mofalla IV 9f. (Kap.IV, Dok.9): „ [(Jedermann) starb] vor Hunger in dieser Sandbank
des Apophis. [ “
b) Krakau MNK-XI-999, 9f. (Kap. III, Dok. 2): „ Ich versorgte mit Lebensmitteln den, der
lebendig war, überall, wo ich Halt machte, in dieser Sandbank (Zz pn), die entstanden war.
Ich versiegelte ihre Felder “
207) Der Ausdruck ist ausführlich behandelt bei Vandier, Famine, S. 74—77.

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