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Füssli, Johann Heinrich [Ill.]; Schiff, Gert [Bearb.]
Johann Heinrich Füssli - ein Sommernachtstraum — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 66: Stuttgart: Reclam, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.63631#0046
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FÜSSLI ÜBER SEIN EIGENES GEMÄLDE
TITANIA, DEN ESELSKÖPFIGEN ZETTEL
ANSCHMACHTEND (Abb. 4)
Dies ist das Werk eines dichtenden Malers, und die
Szene ist wesenhaft sein Eigentum; eine glühende
Harmonie des Tons durchwaltet das Ganze, und anstelle
bloßer humoristischer Belustigung ist es ein Ensemble,
berechnet, den einfachen, korrekten Geschmack, den
Sensibilität verfeinert hat, zu erfreuen, was hier auf uns
einstürmt und die Züge entspannt, ohne lautes Gelächter
zu entfesseln. Der vom Maler gewählte Augenblick, als
die Königin mit sanftem Schmachten Zettel liebkost, der
seinerseits humorvoll die ihm aufwartenden Elfen an-
spricht, erlaubte ihm jene phantasievolle, jedoch nicht
groteske Gruppe zu schaffen, die er so kunstgerecht in
Kontrast gesetzt hat, um doch nicht die angenehmen
Empfindungen zu stören, welche das Ganze einem Sinn,
der empfänglich ist für die wilden, doch bezaubernden
Reize der Poesie, stets muß vermitteln können. Die ele-
ganten, vertrauten Aufwartefrauen scheinen getragen
von der süß sie umhüllenden Atmosphäre und dem duf-
tenden Blumengewinde, das mit sorgloser Kunst zusam-
mengefügt ist, wenn auch so leicht, daß der rauhe Wind
das „schwerelose Schauspiel“ zerstreuen könnte. Die
sanfte und einschmeichelnde Schönheit, die spielerischen
Reize, die hier ausgebreitet sind, wären ohne nähere
Überlegung kaum zu gewärtigen von dem wagenden
Pinsel, der doch ständig bereit scheint, bis an die äußer-
sten Grenzen der Natur vorzudringen.
Besprechung von Boydells „Shakespeare-Galerie“, anonym
veröffentlicht in der Zeitschrift „Analytical Review“, London,
Mai 1789, als Arbeit Füßlis erkannt und zum erstenmal ver-
öffentlicht von Eudo C. Mason, The Mind of Henry Fuseli,
London 1951, S. 289 (Übersetzung vom Verfasser).

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