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Schinkel, Karl Friedrich
Sammlung architektonischer Entwürfe: enthaltend theils Werke welche ausgeführt sind theils Gegenstände deren Ausführung beabsichtigt wurde (Text) — Berlin, 1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.5215#0013
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»latt 61.

Denkmal für den General von Scharnhorst.

Die Offiziere des Preußischen Heeres vereinigten sich, um dem hochver-
dienten und für die Preußische Geschichle denkwürdigen General von Scharn-
horst ein Monument auf seinem Grabe in Prag zu setzen. Das Grab liegt auf
einem Kirchhofe, einem Bergabhange nahe, wo bei starken Regengüssen eine An-
sammlung von Wasser um das Monument zu fürchten war. Hieraus, und in Be-
trachtung, dafs der König bereits die Verdienste dieses Mannes durch die Errich-
tung einer kolossalen Marmor-Statue in Berlin öffentlich anerkannt hatte, ist der
hier nebenliegende Entwurf in Berathung der Commission, welche für diese An-
gelegenheit in den Personen des General-Fcldinarschalls Grafen von Gneisenau,
General-Lieutenants, ersten General-Adjutanten Sr. Majestät des Königs von dem
Knesebeck und General - Lieutenants von Schöler zusammentrat, entstanden.
Ein Sarcophag von weifsem Marmor, an dessen Seiten die Hauptmomente aus der
Lebensgeschichte Scharnhorst's in Basrelief dargestellt sind, ist auf zwei starken
pfeilerartigen Steinen in beträchtlicher Höhe aufgestellt, so dafs die daran befind-
lichen Kunstwerke vor der Feuchtigkeit sowohl als vor Angriff geschützt sind.
Am Deckstein des Sarcophages stehen die Inschriften, und auf den in den letzten
Augenblicken seines Lebens ausgesprochenen Wunsch des Verewigten ist das eiserne
Kreuz an den Ecken angebracht. Ein Löwe, in Metall gegossen, liegt ruhend auf
dem Deckstein; das Metall hierzu wird aus eroberten Kanonen gewonnen. Es ist
späterhin entschieden worden, die Gebeine Scharnhorst's von Prag nach Berlin
zu bringen und sie auf einem Militair-Kirchhofe bei der Stadt in einem Gewölbe
zu verwahren, welches dann durch dieses Denkmal geziert werden soll. Die Aus-
führung der Sculpturen dieses Monuments sind dem Bildhauer Professor Tieck
üI»ertragen; der Löwe wird nach einem Modell gegossen, welches unter Leitung
des Professors Piauch gearbeitet wurde.

Blatt 62. 63.

Entwurf zu einem Stadt - Gebäude.

Entwurf für das Wohnhaus eines begüterten Mannes in Berlin, der dasselbe
mit seiner Familie ganz allein bewohnt, und dazu einen Gartenplatz von 200 Fufs
Länge an der Strafsc gelegen, 490 Fufs Tiefe zwischen nachbarlichen Grundstücken,
gewählt hat. Es war der Wunsch bei der Anlage, dafs das Wohnhaus mit einer
Seite die Strafse begrenzen, mit drei anderen Seiten in dem Garten liegen, und
ganz isolirt von nachbarlichen Gebäuden stehen sollte. Die Thür des Hauses geht
nicht unmittelbar auf die Strafse, sondern ist an einer Seitenfronte angebracht.
Zwei Gitterthore, in der Gartenmauer an der Strafse auf jeder Seite des Wohn-
hauses angebracht, gestatten Einfahrt. Ein Fahrweg an der rechten Seite des Grund-
stücks führt hinter dem Garten in einen Hof, wo ein Gebäude für Stallung, B_e-
misen, Kutscher- und Gärlnerwohnung steht (siehe Situationsplan Blatt 63). Das
Piez de Chaussee des Wohnhauses enthält ein Vor- und Sprachzimmer des Herrn
und einen kleinen Gartensalon, ferner die Räume für ökonomische Bedürfnisse
und Domestikenstuben. Von dem geräumigen Vestibüle führt eine breite Treppe
durch die Mitte des Gebäudes unmittelbar in das Vorzimmer des Hauptgeschosses,
von welchem man in die Wohn-, Schlaf- und Gesellschaftszimmer durch die nö-
thigen Communicationen gelangt; letztere sind durch Glasthüren im Vorzimmer
und Speisesaal erleuchtet. Im oberen Geschosse sind die Zimmer der Kinder und
ihrer Erzieher, einige Logirzimmer und die Arbeits- und Bibliothekzimmer des
Herrn vcrtheilt. Die Treppe und der Flur in der Mitte werden durch einfallendes
Licht von oben her erleuchtet (siehe die drei Grundrisse Blatt 63). Die Durch-
schnitte und Facaden auf Blatt 62. geben über diese Anordnungen weitere Auskunft.

Blatt 64. 65.

Entwurf zu einem Stadt-Gebäude.

Wohnhaus in der Stadt auf einem Platze von 88 Fufs Strafsenfronte,
170 Fufs Tiefe zwischen nachbarlichen Grundstücken. Die Aufgabe war, das Grund-
stück so anzulegen, dafs in dem Hauptgeschofs eine bequeme grofse Wohnung für
den Besitzer liege, das untere und obere Gcschofs vortheilhaft vermiethet werden
könne. Die Treppen sollten in abgeschlossenen BJiumen massiv 'angelegt werden,
damit die verschiedenen Hausbewohner ihre ganzen Wohnungen aufscrhalb der
Treppe abschliefsen könnten. Im unteren Geschofs sind deshalb Piäume für zwei
elegante Waarenmagazine mit zugehörigen kleinen Wohnungen angelegt. Das
oberste Geschofs ist für einen Miether nach der Einrichtung des Mittelgeschosses,
oder für zwei Miether nach der Einrichtung des unteren Geschosses zu vertheilen.

Die hinteren Zimmer empfangen ihr Licht von einem achteckigen Hofe, den das
Gebäude umschliefst, und von einem Hinterhofe, auf welchem die ökonomischen
Bedürfnisse eingerichtet sind. Aufser den Passagen und Corridoren im Gebäude
ist auch noch Communication auf freien Gallerieen um den achteckigen Hof in die
beiden oberen Geschosse gebracht. Die Grundrisse und der Durchschnitt auf Blatt 65.
geben diese Einrichtungen deutlich an.

Blatt 64. zeigt die Facade und eine perspectivische Ansicht des unteren
Vestibüls mit seinen Decorationen. Die Laube an der Decke ist auf kräftig blauem
Grunde in frischen Farben gemalt, das Gitterwerk in Goldgelb. In gleicher Art
sind die Kinder mit den Blumengehängen über der Glasthüre farbig auf blauem
Grunde ausgeführt. Die Architektur der Wände ist in einer hellen Steinfarbe ge-
halten, die Füllungen zwischen den Pilastern sind von Friesen eingefafst, welche
bunte Arabesken auf rothbraunem Grunde zeigen, die schwebenden Figuren in den
Feldern sind in leuchtenden Farben auf weifsem Grunde gemalt. Die Seite des
Vestibüls ahmt eine grünliche Marmorart nach. Der Fufsboden ist mit glasürten
Fliesen von dunkel rothbrauner und lichtgelber Farbe ausgelegt.

Blatt 66.

Ein Lusthaus.

Ein Lusthaus, welches auf einem Platze an einem der Seen von Potsdam
einen kahlen Fleck der Gegend malerisch ausfüllen sollte; zugleich hatte es die
Bestimmung, die vier Thcilnehmer des Baues Abends im Salon beim Theetisch zu
vereinigen, auch Spazierfahrten auf dem Wasser von dort aus zu erleichtern. Ringsum
von Weinlauben und von einer kleinen Gartenanlagc umgeben, sollte überhaupt
hier der Genufs der angenehmen Gegend, die aus diesen Lauben übersehen wird,
in aller Art befördert werden. Jeder der vier Besitzer hat ein eigenes Lesecabinet
neben dem Salon, in welches man durch die zur Seite des Saals liegenden Nischen
gelangt. Die vor diesen Nischen aufgestellten Candelaber mit starker Lichtflamme
für die Abend-Beleuchtung erhellen zugleich den Salon und die vier Cabinets, wenn
deren Thüren geöffnet werden. Durch die Treppen gelangt man auf die Platform,
um aus einem noch höheren Standpuncte die Gegend zu überschauen. Die kleinen
Oelfijungen unter dem Gesimse sind für den Luftzug unter dem Metalldache an-
gelegt, damit die Hitze, welche ein solches Dach erzeugt, wenn die Sonne darauf
brennt, von den Zimmern abgehalten werde. Im Unterbau des Gebäudes ist die
Wohnung eines Gärtners, welcher zugleich Aufseher ist, eingerichtet. Ein kleiner
Hühnerhof, worin ausländisches Geflügel gehalten wird, längs der einen Fronte des
Gebäudes eingerichtet, sollte der Anlage ein kleines Interesse mehr geben.

Blatt 69. 68.

Entwurf zu einem Stadt-Gebäude.

In grofsen Städten finden sich häufig Aufgaben für Wohnhäuser, wie die
auf Blatt 67. und 68. gelöste, wo die Beengung des Bauplatzes und die durch
sehr hohe nachbarliche Gebäude auf demselben erzeugte Dunkelheit dem Archi-
tekten, wenn er freundliche Wohnungen bauen will, viele Schwierigkeiten in den
Weg legt, und zu Anordnungen zwingt, welche von den gewöhnlichen durch-
aus abweichen müssen. Der Bauplatz des vorliegenden Planes ist in Berlin an einer
Strafse, 100 Fufs lang, und hat die Tiefe von 104^ Fufs; er ist an drei Seiten von
sehr hohen nachbarlichen Gebäuden eng begrenzt. Wollte man bei der Anlage
eines Wohnhauses hier einen hinteren Hof annehmen, so entstände eine düstere
unangenehme Wohnung, weil dieser Hof, der den hinteren Zimmern und Räumen
das Licht geben mufs, selbst zu wenig Licht hat, und zwischen den 50 bis 60 Fufs
hohen Rück- und Giebelseiten der nachbarlichen Gebäude, die dem Bauplatze ganz
rohe Wandfiächen zukehren, sehr unheimlich sein würde. Bei dem hier darge-
stellten Gebäude ward eine vollständige "Wohnung für eine reiche Familie verlangt,
die in drei Geschosse vertheilt würde, jedoch sollte das untere Geschofs auch durch
Anlegung von Waarenmagazinen einträglich gemacht, und dem Ganzen ein
möglichst freundlicher Cbarakter gegeben werden.

Unter diesen Bedingungen wurde das Gebäude an drei Seiten um einen
Hof gelegt, der gegen die Strafse hin offen ist, und also von dieser Seite das Licht,
welches die ganze Strafsenbreitc darbietet, für sich gewinnt. Für die zweckmälsige
Anlage der Waarenlager konnte indefs die Fronte an der Strafse nicht entbehrt
werden, und so wurde das untere Geschofs an der Strafsc durchgeführt; es bildet
aber einen Altan, der durch eine Weinlaube und durch Gewächse in grofsen Vasen
verziert ist, und welcher die beiden an die Strafse heraustretenden Seitenflügel des
Gebäudes im mittleren Geschofs verbindet. Der Hof ist durch diese Anordnung
unterhalb rings umschlossen und mit einer Säulenlaube umgeben, so dafs er dem

Eintretenden als eine Vorhalle, wie das alte Atrium, dienen kann. In der Mitte mit
einem springenden Brunnen, zwischen den Säulen mit Vasen und Blumen, an den
Wänden mit aufgestellten, nach schönen Antiken gearbeiteten Hermen verziert,
sollte diese Vorhalle das Freundlich-Einladende erhalten, welches der Anlage be-
sonders gewünscht wurde. Die perspectivische Ansicht des Hofes und die des
ganzen Gebäudes, von der Strafse gesehen, auf Blatt 67. zeigen, wie weit dies hier
geglückt ist.

Die drei Grundrisse auf Blatt 68. und die daneben stehenden Durchschnitte
zeigen, wie das untere Geschofs aufser den Waarenlagern für die ökonomischen
Bedürfnisse des Hauses, das mittlere Geschofs für die Wohn- und Gesellschafts-
zimmer, das obere für Schlafzimmer, Kinderwohnungen und Arbeitszimmer ver-
wendet ist.

Die doppelarmige Haupttreppe, welche nur ins Mittelgeschofs führt, liegt
längs der letzten Grenzwand des Hauses, und erhält ihr Licht von Fenstern im
Dache; der Raum der beiden Entrees im Mittelgeschofs geht gleichfalls, wie der
Treppenraum, bis zum Dache, und erhält von dort die Beleuchtung. Die Com-
munication um die oberen Zimmer wird durch eine Gallerie erreicht, welche in
den hohen Räumen der Treppe und der Entrees angefacht ist. Die Zimmer des
Mittelgeschosses haben auf dem, den Hof umgebenden Altan einen Blumengarten
vor den Fenstern. Durch die kupfernen Pvöhren aaa... wird das Dachwasser in
gemauerte Kanäle unter dem Hause herabgeführt. Die Piöhren bb sind für die
auf dem Dachboden angebrachten Reservoirs angelegt, die den Springbrunnen ver-
sorgen. Die Reservoirs werden theils durch Regenwasser, theils durch Pumpwerke,
welche im Keller angebracht sind, gefüllt.

Blatt 69. ?0.

Entwurf zu einem Stadt-Gebäude.

Bauplätze von unverhältnifsmäfsig geringer Fronte an der Stafse zu einer
sehr bedeutenden Tiefe, wie der vorliegende Plan angiebt, kommen gleichfalls häufig
in grofsen Städten vor, und der Architekt hat viele Schwierigkeiten dabei zu
überwinden.

Wenn im vorliegenden Falle die Strafsenfronte nur 60 Fufs hält, die Tiefe
des Grundstückes aber 167 Fufs, auf demselben ein Wohnhaus von mehreren Ge-
schossen errichtet werden soll, welches in jedem Geschosse eine für sich adgeschlos-
senc vollständige Wohnung darbietet, so kann der Raum nur durch zwei Haupt-
gebäude, die durch einen Seitenflügel in Verbindung gebracht sind, erlangt werden.
Für zwei Seitenflügel ist der Platz zu schmal, der Hof würde zu eng und zu finster
werden. Das Hauptgebäude an der Strafse empfängt sein Licht von der Strafse
und vom Hofe, das zweite hintere Hauptgebäude, wenn es mit einer doppelten
Reihe von Zimmern angelegt und also vollständig benutzt werden soll, fordert
einen zweiten Hof zum Lichtgeben hinter sich, der für ökonomische Zwecke ein-
gerichtet ist, dagegen der erste Hof um so reinlicher gehalten werden kann.

Bei Gebäuden mit Seitenflügeln, die nur vom Hofe ihr Licht erhalten kön-
nen, hat die Erleuchtung des Zimmers in der Ecke allemal Schwierigkeit, wenn
man nicht, wie im vorliegenden Falle, diese Ecke bricht, und so übereck das Licht
in dies Zimmer bringt, welches dann eine regelmälsig sechseckige Gestalt erhalten
kann, wobei die abfallenden Winkel für allerlei bequeme Einrichtungen zu benutzen
sind. Ein Corridor hinter den Zimmern des Seitenflügels ist für die Bequemlich-
keit der Wohnung nothwendig, wenn man vermeiden will, dafs jedes Zimmer
Durchgang wird.

Die Treppe ist hier in dem dunkelsten Winkel des Hauses angebracht, um
für die Lage der Zimmer das Licht zu gewinnen; sie ist aus Eisen construirt, und
empfängt ihr Licht theils durch ein grofses Fenster im Dache, theils von dem Licht
der Hauslhür und dem der Glasthüren in den Entrees der beiden oberen Geschosse.
Die Corridore und Passagen, welche die Zimmer zugleich verbinden und trennen,
können nur durch Glasthüren aus den Zimmern erhellt werden; dies genügt aber
vollkommen, weil die Zimmer selbst durch ihre Lage viel Licht empfangen. Diese
Corridore sind heizbar gemacht, weil sie in manchen Fällen, z. B. um Leute von
geringerem Stande warten zu lassen, als Vorzimmer benutzt werden können, be-
sonders aber, weil sie die Communication vom Schlafzimmer zu den Wohnzim-
mern bilden. Sic haben den grofsen Nutzen, dafs der Geschäftsmann, welcber
z. B. das untere Gescbofs des Hauses gemietbet bat, drei verschiedene Parteien,
deren Zusammentreffen er nicht wünscht, in den drei Räumen des Saales, des
Wohnzimmers der Frau und seines eigenen Wohnzimmers abgesondert sprechen
und sie entlassen kann, ohne dafs sie von einander wissen.

Die beiden Grundrisse, Blatt 70., geben hierüber das Nähere an. Der Grund-
rils des oberen Geschosses ist dem des mittleren ganz gleich. Der über den
Grundrissen gezeichnete Durchschnitt giebt die Anlage der eisernen Treppe und

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