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Das Pandschab ist eine grosse Alluvialebene aus Lehm und thoniger Erde zusammengesetzt
und durch Zersetzung aus denselben Gesteinen entstanden, welche noch jetzt die hohen Gebirgsmassen
im Norden der Provinz bilden. Einen Unterschied in der Bodenbeschaffenheit begründet der
Grad, in welchem der bindigen Erde Sand zugesetzt ist. Der Sand rührt meist von den Flüssen
her, die ihn beim Zurückweichen der Hochwasser zurücklassen oder durch Veränderung ihres
Bettes als Sandbänke hervortreten lassen; Wind zerstreut dann diesen Sand und führt ihn über
die Felder. Festes Gestein tritt nirgends zu Tage, selbst Rollsteine aus Kalk und Konglomerate
oder Gesteine aus verkitteten Gerollen bestehend sind selten und deshalb die Gewinnung von
Deckmaterial für Strassen sehr kostspielig. Die grossen Ströme, welche der Provinz den Namen
geben, durchfliessen diese Ebenen in Nord-Südrichtung; jeder Zwischenraum zwischen zwei Flüssen
heisst Doab oder Zwischenstromland. Jeder Doab ist am höchsten und deshalb auch am unfrucht-
barsten in der Mitte; hier tritt Reh auf, eine Salzkruste, welche den Boden ganz ertragsunfähig
macht und die Folge der Hochwasser in der Regenzeit ist; das Grundwasser steigt in dieser Zeit,
laugt die Salze aus und wenn das Wasser fällt, verdunstet an der Sonne die Feuchtigkeit rasch,
der Salzgehalt tritt als weisse Blüthe auf die Oberfläche. Von der Mitte nach den Flussrändern
zu fällt das Land leicht ab, der Boden erhält eine graubraune Farbe, die gelblich wird, wo Sand
stärker beigesetzt ist; je mehr man sich dem Flussufer nähert, um so ertragsfähiger wird das Land.

Jeder Fluss in Indien hat ein stets mit Wasser angefülltes Bett und ein Regenflussbett;
sein Aussehen in der heissen Jahreszeit ist ganz anders als in der Regenzeit. Ist auf die trockene
Jahreszeit, während welcher kein Wölkchen die Macht der direkten, glühenden Sonnenstrahlen
auch nur auf Augenblicke bricht, die Regenzeit gefolgt und strömen jetzt Wochen hindurch mit
kaum nennenswerther Unterbrechung Regengüsse mit einer Heftigkeit herab, dass wir sie bei uns
als Wolkenbrüche ansehen würden, so füllt der Fluss sein Regenflussbett voll an, ja überfluthet es
noch und erhält eine Breite von vielen Kilometern, wo er in der heissen Jahreszeit als schmales
Gewässer mit einer Schiffbrücke überspannt ist; das Regenflussbett ist an den Hauptströmen
unerwartet breit. Lange Zeit, ehe Wasser sichtbar wird, zeigt das Land eine Einsenkung. Steigt
man hinab, so findet man sich auf einer ebenen breiten Stufe; dieser folgt eine weitere Ein-
senkung, dann wieder ebene Fläche und je näher dem Wasserspiegel, desto rascher folgen sich
die Absätze, desto geringer sind sie an Breite. Dies ist das Regenflussbett, das während der
Zeit der Ackerbestellung trocken liegt und dem Bauer reiche Ernten liefert. Die Pandschab-
Ströme sind echte Gebirgswasser, werden von mächtigen Gletschern gespeist, mit welchen
verglichen die grössten Firnflächen der Alpen klein zu nennen sind (siehe das nächste Kapitel)
und erhalten mit dem Schmelzen des Gebirgswassers, das unter den Tropen rascher vor sich geht
als bei uns, ganz gewaltigen Zufluss. Bei Attok, 1384 Kilometer von seiner Mündung entfernt,
steigt der Indus im September bis zu fünfzehn Meter über den Wasserstand im Winter an; die
Flussgeschwindigkeit ist in der Stunde zwanzig Kilometer gegen zehn in der trockenen Jahreszeit.
Unter solchem Wechsel der Wassermenge und Flussgeschwindigkeit haben Veränderungen im
Flussbett nichts Ueberraschendes. Die Rawi, die einst die Mauern der Provinzhauptstadt Lahor
bespülte, fliesst jetzt drei Kilometer westlich daran vorbei; im Delta des Indus sind viele einstige
Hafenstädte trocken gelegt. Für den Verkehr bieten die Ströme geringe Erleichterung, selbst
der Indus gestattet nicht regelmässige Schiffsfracht. Die Boote der Eingeborenen sind plump
aus Planken gezimmert und gleichen mit ihren flachen Böden, breitem Vorder- und Hindertheile
den Schiffen auf dem Inn; stromaufwärts benutzt man ein viereckiges Segel an einem Mastbaume
im Vordertheile. Sofort nach Besitzergreifung des Delta des Indus rief die englisch - indische
Regierung eine Dampfschifffahrt ins Leben. Von 1847—52 üess die Centralstelle [Government
of India) zehn Dampfer auf dem Indus laufen; aufgelöst, stellte 1862 die Provinz-Regierung vier

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