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Schramm, Albert; Möller, Maria [Hrsg.]
Der Bilderschmuck der Frühdrucke (Band 5): Die Drucke von Johann Zainer in Ulm — Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.16946#0009
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Augsburgs Drucker der Incunabelzeit faft durchweg in guten Verhältnissen, so ift dies bei den
Ulmer Druckern dieser Zeit keineswegs der Fall. Dies gilt schon für Ulms erften Drucker Johann
Zainer', der zwar in den erften Iahren seiner Tätigkeit große Werke schaffen konnte, in späterer Zeit aber durch
finanzielle Sorgen gehindert wird, Größeres zu schaffen. Wie Günther Zainer in Augsburg ftammt auch er
aus Reutlingen und war früher in Straßburg tätig. Ob Iohannes Zainer Günther Zainers Bruder gewesen
oder sonftwie näher mit diesem verwandt war, wissen wir nicht. Auch ift nicht genauseftzuftellen, wann er seine
Druckertätigkeit begonnen hat. Seine großen Werke fallen faft alle in die 7Oer Iahre des 15. Iahrhunderts.
Von 1480 ab läßt seine Druckertätigkeit bereits wesentlich nach und mindert sich von Iahr zu Iahr.

Was den Bilderschmuck seiner Drucke anlangt, so ift wohl der Eßlinger Arzt Heinrich Steinhöwel, der am
IZ.Iuli 145O als Stadtarzt in Ulmer Dienfte getreten war, für ihn in erfter Linie beftimmend gewesen. Er hat
Iohann Zainer veranlaßt, die Drucke, die für eine Illuftrierung in Frage kamen, mit Holzschnitten versehen
zu lassen, und verdient deshalb besonders hervorgehoben zu werden. Die Namen der Künftler, die die Holz-
schnitte geschaffen haben, kennen wir freilich ebensowenig, wie die der Augsburger Holzschneider.

Der erfte datierte Druck Iohann Zainers ift Heinrich Steinhöwels „Büchlein der Drdnung der Pestilenz",
das „am montag nach Erhardi" (-11. Ianuar) des Iahres I47Z erschien (Abb. 2). Eine Ranke und eine Bild-
initiale (Abb. 1) leiten den kurzen Tert ein, diese die Marter Sebaftians zeigend, jene an der Seite links und
oben den Text einfassend mit den Wappen Ulms und Zainers sowie Vögeln und wilden Männern. Auch weitere
vier Drucke desselben Iahres weisen solche Einleitungsranken, die die erfte Seite besonders hervorheben, auf,
so Steinhöwels„Tütsche Cronica von Ansang der Welt"(Abb.Z), die Schriften von Albertus Magnus:
„Oe m^storio missae" und „Oe acilrLereirclo Oeo" (Abb.4, in beiden Drucken gleich), sowie Petrarcas:
Lpi8toIa de os>oec^ieutia Oriselciis, in der die Leifte der „Tütschen Cronica" wieder verwendet ift.

Mit den beiden undatierten Ausgaben der „Griseldis", die wohl auch noch dem Iahre 147Z angehören und
ebenfalls Einleitungsranken aufweisen (Abb. 5), beginnt die eigentliche Illuftration von Iohann Zainer'schen
Drucken. IO Holzschnitte von 9 Stöcken abgezogen schmücken die wenig von einander abweichenden Iohann
Zainer'schen Ausgaben des seinerzeit sehr volkstümlichen kleinen Buchs.

Blatt 2 v etwas iiber dcr Mitte Holzschnitt (Abb. 6):

„_vn hütet och der wenigen schaufe ieres vatters vffd' waid/vn die

wyl mit spinen de tag vertribende/ — Gegen der iunksrowe ließ dcr
walthcr so er spacieret dik spne ogen schiesse —"

Blatt4r oben Holzschnitt (Abb. 7):

„ — Also fürt er sie vß dem huß offcnlich vnd zaiget sie aller mcnig;
die ist mpn wnb (sprach er) die ist cwer frow die söllen ir eren...."

Blattstr unten Holzschnitt (Abb. 8):

„ — Dz sic aber iercs alten gelnkes nichcz brechte in das nüw huß hieß
sic dcr hcrr nakcnd vßziehen/vnd von den solen der füs vnc; an die schaiteln
nüw klaiden_"

Blatt 6r Mitte Holzschnitt (Abb. 9):

„— Sunder mit frölichen geberden nam sie ir kind vnd besach es ain
wenig/vnd kust vnd segnet es — vnd bot es dem diener/vnd ge hin sprach
sie/vn volbring das dich vnßer hcrr hat gehaissen...."

Blatt V v oben ist der eben genannte Holzschnitt nochmals wiederholt.

Blatt 9r H^zschnitt (Abb. 10):

„....Zn der zpt volbracht dcr walther spn gewonliche hertigkait/vnd

fürt spn wpb für mcnglichen vnd sprach also_"

Blatt 9 v nnter dem Text Holzschnitt (Abb. II):

„ .Do kamen so überflüssig vil zaher in die ogcn des mancs/dz er

fürbas nit verhalten mocht/vnd keret das angesicht vö ir/_Grisel zoch

sich ganc; ab vor aller menig/—"

Blatt Ivv obcn Holzschnitt (Äbb. 12):

„ — vn lief spner tochter engegen dz er sie da mit verdeckcn möchte_"

Blatt 11 v oben Holzschnitt (Abb. IZ):

„_mit frölicher begird gieng sie der iunkfrowen engegcn_"

Blatt 12r unten Holzschnitt (Abb. 14):

„_du bift allain mpn wpb vnd hab kain andrc nie gchabt/noch hin

für haben wil/vnd die du schäezest myn gemahel die ist dpn tochter/vn den
jüngling den du mpn schwager schazest/ist dyn sun/— ond mit gütigcn
zehern vmfieng sie ire kind/—"

Wie PetrarcasGriseldis, so hat Iohann Zainer auch Boccaccios Schrift: Oe muüeri^us claris mehr-
mals aufgelegt'. Nicht weniger wie vier Ausgaben dieses Buches sind uns aus der Offizin Iohann Zainers
überkommen, alle mit Holzschnitten geschmückt, zwei datiert(147Z), zwei undatiert; die datierten Ausgaben in

^ Vergleichc E. Voulliömc. Die deutschcn Drucker des 15. Jahrhundcrtö. 2. Auflage (1922), Seite I6Zff; E. Weil. Dcr Ulmcr Holzschnitt iin 15. Jahr-
hundcrt, Scite 22ff.

^ Vergl. Leo Baer. Die illustrierten Hiftorienbücher des 15. Jahrhunderts. Straßburg I90Z. Seite 46 ff (siehe auch: Bilderschmuck der Frühdrucke.
4. Die Druckc von Anton Sorg, Seite 1 lff u. Abb. 599 ff).

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