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VORWORT

rechtmäßigen Besitz in der päpstlichen Bibliothek aufzustellen4. Der Nachfolger
Gregors XV., Urban VIII., wies den Heidelberger Büchern bei den Räumen der
Vaticana einen großen Saal zu, ließ ihn schmücken und mit Schränken für Hand-
schriften und Drucke ausstatten. Diese wurden nun nach Sprachen in folgende
Fonds gegliedert: Codices Palatini Latini (1956 Bände), Codices Palatini Germanici
(847 Bände, seit 1816 wieder in Heidelberg), Codices Palatini Graeci (431 Bände),
Codices Palatini Ebraici (mit orientalischen Handschriften 289 Bände) und die
Libri stampati Palatino-Vaticani (über 6000 Bände).

In Rom machte man sich sofort daran, die Bibliotheca Palatina für den Gebrauch
innerhalb der päpstlichen Privatbibliothek zu bearbeiten. Da vor dem Transport
alle schweren Holzdeckeleinbände entfernt worden waren und sich außerdem
ungebundene Handschriften und Drucke unter den Büchern befanden, nahmen die
Arbeiten der Buchbinder lange Zeit in Anspruch5. Vor allem aber ging es darum,
die noch nicht geordneten Fonds zu gliedern und Signaturen für die einzelnen
Bände festzulegen. Die in vielen Handschriften der Codices Palatini Latini auf den
Vorsatzblättern eingetragenen, teilweise gestrichenen Nummern von Händen des
17. Jh. weisen auf einige vorläufige Zählungen und Inventarisierungen dieser Hand-
schriften in der Vaticana hin. Den Index zu dem heute noch gebrauchten Inventa-
rium manuscriptorum latinorum Bibliothecae Palatinae hat Jacobus Vincentius
Marchesi im Jahre 1678 vollendet6. Dieses nach Sachgebieten gegliederte Ver-
zeichnis der Codices Palatini Latini bringt die medizinischen Handschriften unter
den Nummern 1079—1339 und bietet eine das Auge beeindruckende Folge von
Autoren und ihrer Werke nach zeitlichen und sachlichen Gesichtspunkten. In ihm
sind aber vor allem die medizinischen Sammelhandschriften mit ihren vielfältigen
Inhalten so unzulänglich erfaßt, daß sie bis in die Gegenwart unbekannt blieben
und erst im zweiten Drittel unseres Jahrhunderts in L. Thorndike's und seiner
Mitarbeiter Forschungen zur Geschichte der mittelalterlichen Wissenschaften in
gewissem Umfang berücksichtigt werden konnten. Es lag jedoch nicht allein an den
Sknptoren der Vaticana, daß der Inhalt der Handschriften so weitgehend im Dun-
keln blieb. Die Bearbeiter des Inventars von 1678 haben sich nur zu oft mit den
summarischen Titeln zufrieden gegeben, welche Heidelberger Bibliothekare im
16. Jh. in die Handschriften und in ihre Inventare von 1556 und 1581 eingetragen
hatten. Offenbar war die handschriftlich überlieferte medizinische Literatur von
den im 16. Jh. im Druck erschienenen medizinischen Werken alter und neuer Autoren
verdrängt sowie durch die Überwindung der mittelalterlichen Schulmedizin über-
holt. Vor allem aber haben die in erster Linie an humanistischen Studien oder an
theologischen Fragen interessierten Bibliothekare des 16. und 17. Jahrhunderts
medizinische Handschriften kaum noch verstanden oder geachtet.

4 J. Bignami Odier, La Bibliotheque Vaticane de Sixte IV ä Pie XI. Recherches sur l'hi-
stoire des collections de manuscrits avec collaboration de Jose Ruysschaert (Studi e Testi
72), Cittä del Vaticano, 1973, 107f.

5 Alte Einbände an medizinischen Handschriften: 17 Ottheinrichbände und 1 Schweinsleder-
einband Mitte 16. Jh.

6 S. Bignami Odier, S. 125 n. 92 (s. Anm. 4).

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