Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0008
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8

Kaiser als älteren Mann kennzeichnen soll, als vielmehr durch
die manirierte divergierende Haltung der Unterarme und die
convergierende Haltung der Beine. In seiner steifen AufPassung
und symmetrischen Verteilung wirkt das Bild fast heraldisch.
Und dieser Eindruck wird vermehrt besonders noch dadurch,
dass links oben der Wappenschild des Kaisers, rechts oben
sein Helm, links unten sein mächtiges Schwert angebracht *),
vor allem aber dadurch, dass unser fürstlicher Minnesänger
ohne jegliche Begleitung dargestellt ist. Ob aber unser Bild,
welches in ähnlicher, wenngleich nicht so vollendeter Gestalt
in der Weingartner Hs. (S. 1) wiederkehrt, als lediglich an
das Wort „Keiser" anknüpfend zu betrachten ist, scheint mir
doch nicht ganz gewiss zu sein; denn aus der 3. Strophe des
1. der beiden Lieder Heinrich's, welche zu den schönsten und
gefühlvollsten der ganzen Sammlung gehören, und also einen
grellen Contrast zu dem historischen Heinrich bilden, welchen
die Geschichte nur als einen strengen, harten, ja grausamen
Herrscher kennt2), erfahren wir, dass der Sänger lieber die
Krone als die Geliebte aufgeben wolle3), ein Gedanke, der
sich in nur etwas veränderter Gestalt in der 4. Strophe wieder-
holt ; und aus der 2. Strophe erfahren wir, dass sich der
Dichter nur bei der Geliebten als alles beherrschender Fürst
fühle. Diese Verse scheinen doch ziemlich deutlich auf die
Kaiserliche Würde anzuspielen4).

Demselben Typus des thronenden Herrschers, welchen
wir in unserer Handschrift (C) angetroffen haben, begegnen wir
auch in der zeitlich und örtlich mit ihr eng zusammengehöri-
gen Weingartner Liederhandschrift5), und zwar in dem

1) Das Schwert führte der Ritter zu jeder Zeit mit sich. Selbst wenu
er daheim in bequemer Friedenskleidung von den Strapazen des Kampfes
ausruhte, hatte er stets das Schwert, wenn er es nicht umgegürtet
trug, in handlicher Nähe bei sich; vgl. Schultz, hüf. Leben, 2, 20 f.

2) Vgl. Raumer's Gesch. der Hohenstaufen und ihrer Zeit.

3) „e ich mich ir verzige, ich verzige mich e der kröne".

4) Wie auch von der Hagen Minnesinger IV. S. 3(b) will.

5) Auf die auffallende Uebereinstimmung unserer Bilder mit denen
des Weingartner Codex machte bereits aufmerksam Rahn in seiner Gesch.
d. bild. Künste in d. Schweiz, Zürich 1876 S. 636; über das Verhältnis
der Bilder beider zu einander spricht er sich ebenfalls dort aus S. 637;
 
Annotationen