Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0054
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III. Teil. Der Dichter.

I. Der Dichter sinnend und trauernd.

Seine charakteristischen Merkmale sind: 1) der auf einem
Hügel oder einem Sessel draussen im Freien mit vorgebeugtem
Oberkörper sitzende Sänger hat das linke Knie hoch empor-
gezogen , während das rechte Bein mit gesenkter Fussspitze
vorgestreckt ist. Die bei der gewählten Sitzweise nicht leichte
Wiedergabe des Faltenwerkes ist unserem Maler völlig ge-
lungen ; durch die geschilderte Haltung der Beine wird näm-
lich das Gewand über dem Schoss zu einer breiten Falte ge-
spannt, während es zur Seite des rechten Schenkels in kühn
geschwungenen Linien den Sitz bedeckt; 2) das emporgehobene
Knie dient dem Ellbogen des linken Armes als Stütze, der
herabhängende rechte Arm ist nur wenig über den Schoss
gehoben oder ruht auf demselben auf; 3) das von dicht wal-
lenden blonden Locken umgebene Haupt ist leicht zur Seite
geneigt; das Antlitz dem Beschauer dreiviertel zugewendet;
der Blick wie sinnend und nachdenklich schräg zur Erde ge-
richtet; 4) als Hinweis auf die dichterische Thätigkeit ist end-
lich dem Ganzen eine unnatürlich grosse und unförmliche
Schriftrolle beigegeben.

So zeigt das Bild auf S. 161) unserer Handschrift mit
der Ueberschrift Her Heinrich von Veldig den berühmten
Dichter der Eneit, den Vater der mittelhochdeutschen, spe-
ziell der höfischen Minne-Poesie, einsam auf einem sanft an-
steigenden Hügel dasitzend.

1) Vgl. A. von Oechelhaeuser, a.a.O. S. 128—129.
 
Annotationen