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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0091
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Einleitung.

3?

Nilwasser den Göttern dargebracht wurde. Wie nun der Stolist zwischen dem Hierogrammafeus
und Propheten in der Mitte stand, so knüpfte er durch seine liturgische Wirksamkeit gleichsam
den enchorischen Nil an den kosmischen und eben dadurch das Irdische an das Himmlische. Die
astronomischen Schriften hatten den Grund gelegt, auf welchem dann die den tiefer stehenden
Horoskopen zugeteilten astrologischen Bücher fussten. Noch weiter abwärts von den hieratischen
Schriften standen die hymnologischen. Wahrscheinlich hatte der Sänger nur den musikalischen
Bestandteil der Hymnen unter sich, während der theologische an den Stolisten gewiesen war,
unter dessen Wirkungskreise oben auch die Hymnen genannt wurden. Die Geringschätzung, mit
welcher die Aegypter auf die Musik herabsahen i), erklärt die tiefe Stellung des Sängers und der
ihm untergebenen Bücher. Vielleicht erblickt man den Stolz, der alten Priester darin, dass, wäh-
rend die Vorschriften über die Priestererziehung in den Händen des Propheten lagen, diejenigen,
welche des Königs Leben regelten, der letzten von den eigentlichen Priesterclassen anvertraut
waren. Dass die medizinischen Schriften, von den dienenden Pastophoren verwaltet, den niedrig-
sten Hang einnahmen, wird Niemand befremden, welcher die Ansicht der Aegypter von dem
Verhältnisse des irdischen Lebens zu dem himmlischen in Erwägung zieht. Wenn wir nun nach
dieser Zergliederung der Clementischen Stelle von dem Verfasser der Antworten an die Rechtgläu-
bigen2) hören, dass die tiefere Weisheit der alten Aegypter in den hieroglyphischen Wissenschaf-
ten enthalten, von denselben aber Astronomie, Astrologie und Geometrie ausgeschlossen gewesen
sei, so irrte er ohne Zweifel darin, dass er den hieroglypliischen Wissenschaften eine zu enge
Ausdehnung gab 3), sah aber wenigstens darin richtig, dass er, wie Clemens, den zuletzt genann-
ten Wissenschaften die Religionsphilosophie als höhere Weisheit voranstellte. Ist nun auch ohne
Zweifel anzunehmen, dass der Inhalt der Hermetischen Schriften zu Clemens Zeit, läge er uns
offen vor Augen, nicht mehr als ein getreuer Abdruck der altern Zeit angesehen werden dürfe,
so ist dagegen wohl eben so unbezweifelt festzusetzen, dass die Rangordnung der Priester und die
davon abhängige Classification und Stufenfolge der ihnen anvertrauten Wissenschaften in ein hohes
Alterthum hinaufreicht und seit dieser Zeit in Aegypten unverrückt beibehalten worden ist, obgleich
wir dabei gern einräumen, dass in der Zeit, als die eigentümliche Verfassung Aegyptens sich
immer mehr auflöste, die Ueberweisung bestimmter wissenschaftlicher Kreise an die einzelnen Prie-
sterclassen, so wie deren Rangordnung nur noch dem Namen nach bestand und dass damals auch
die niederen Priester, ja wohl selbst einflussreiche Laien, Einsicht hatten in die höchste Wissen-
schaft, die eigentliche Theologie, während umgekehrt sich die höheren Priester vorzugsweise (denn
unbedingt war es ihnen gewiss nie verboten) mit niederen Wissenschaften, z. B. der Astrologie
beschäftigten.

Wenn wir uns bisher gegen die Einseitigkeit zu verwahren suchten* welche in der Aegyp-
iischcn Religion nur Eine Wissenschaft nachweisen will, so müssen wir jetzt noch einen Schrill

1) Diodor. Sic. I, 81.

8) Justiv. Mabtvr. AnoxQtattt; nqot; Oq&o do£ov<;. ed. Ron. Stki-h. Lutet. 1551. p. 246. KpwTffor*«

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ra tv tok; advroiq ov roig rv/ovaiv, aXXa to(; eyxqiroiq Tiaqadiöo/teva.

S) S. uns. Buch pag. 19. no. 1., p. 33. no. 3.
 
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