Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0169
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Einleitung. 115

Geistigen, fand gewiss Statt, freilich, historisch erweishar, mit dem einen Lande früher, mit dem
andern spater. Der Begriff des Verkehres enthält aber schon den der Wechselwirkung in sich.
Ungleich jedoch mag diese Wirkung gewesen sein in den verschiedenen Zeiten, eben so ungleich
das Verhältniss des Gebens und Nehmens und wiederum in anderer Zeit beides fast von gleichem
Masse. — Dass diese hier durch nichts begründete Meinung, dem Urtheile so gewichtiger Gelehrten
gegenüber, noch von gar keiner Kraft sei, giebt der Verfasser bereitwilligst zu. Dahingegen hofft
er, wird man auch ihm zugeben, dass die Aegyptische Mythologie so lange in der Luft schwebe,
gleichsam einem Ballon gleiche, der je nach der verschiedenen Luftströmung bald nach Indien, bald
nach Aethiopieu, bald nach Syrien, Persien oder nach Griechenland getrieben wird, bevor nicht
mit umsichliyer Benutzung der verschiedenartigen Quellen gehörig untersucht worden ist, wie
weil sich denn im Allgemeinen und im Besondern der Einfluss nachweisen lasse, welchen Ae-
gypten so wohl auf das Ausland ausüble, als von diesem wieder empfing. Es muss demnach
mit einem tiefem Eingehen auf Aegyptens Geschichte, Monumente, Sprache und die durch beide
vennillelle Hieroylyphik, so wie auf die Form und den Gehalt des Aeyyplischen Geistes überhaupt
im Veryleiche mit den entsprechenden Geyenstünden der Völker, welche in Wechselwirkuny mit
den Aeyyplern yeslanden haben sollen, erwoyen werden, was von einem yeyenseiliyen Verhältnisse
zwischen Aegypten und Aelhiopien, Indien, dem westlichen Asien und dem östlichen Europa hin-
sichtlich der Beyründuny des Aeyyplischen ^lautes zu halten sei} ferner, welche Bewegungen des
Acgi/plischen Geistes von den älleslen Zeilen bis auf Psammelich zu bemerken oder mil Grund zu
folgern seien ; welche Einflüsse Aegypten während jener Zeil auf das Ausland ausyeübl und von
diesem erhallen zu haben scheine. Dann, von icelchem Umfunye die Neuerunyen waren, icelche
Aegypten unter Psammelichs und seiner Nachfolyer Regierung bis auf Cambyses erlitt. Nicht
minder, icelche Umänderungen in Aegypten durch die Herrschaft der Perser Stall yefunden ha-
ben. Endlich, mit wie starken Schrillen Aeyyplens Nationulilül unter den Plolemäern lind Cä-
saren bis herab auf die Tempelzerslöruny unter Theodosios ihrem Verfalle und ihrer Auflösuny
enlyeyen yiny. üb gleich die Wechselwirkung zwischen Aegypten und dem Auslande hierbei nie
aus den Augen zu verlieren ist, so bleibt doch, da die Fragen zunächst im Aegyptischen Interesse
angeregt werden, immer das die Hauptsache, was mit Aegyptens Schicksalen selbst in unmittelba-
rer und mittelbarer Berührung stand.

Zwar möchte uns nun jener Nationalhass der Hellenen, mit welchem sie alles Ausländische
und Barbarische von sich abgestossen, oder höchstens in einer untergeordneten Sphäre zugelassen
haben sollen, völlig abschrecken, irgend etwas Aegyptisches, was das höhere Geistesleben in An-
spruch genommen hätte, bei ihnen auffinden zu wollen. Allein so willig und aufmerksam wir stets
die Worte Herrn Lobeck's hören, so lassen sich doch in dem vorliegenden Falle einige Bedenk-
lichkeiten nicht unterdrücken. Wie vereinigt es sich denn mit diesem Nationalhasse und diesem
Nationalstolze der Hellenen, fragen wir, dass sie ihre ausgezeichnetsten Männer Aegypten bereisen
und zum Theil Jahre lang, um sich Kenntnisse zu erwerben, dort verweilen lassen? Denn völlig
geläugnet, dass ein Orpheus. Musäos, Dädalos, Melampus, Homer je in Aegypten waren-, in Zweifel
gezogen, ob ein Thaies, Solon, Lykurg dieses Land bereisten, so bleiben uns, Herodot und der
Hekatäer gar nicht zu gedenken, ein Pythagoras, Piaton, Eudoxos, Oenopides übrig, bei denen der
Zweifel doch auf zu viel Widersprüche stossen würde. Allein zeugt es nicht für die hohe Meinung,
die mau von einem Lande hat, wenn man es den gefeiertsten Mähnern seines Volkes so gar andichtet,

15 #
 
Annotationen