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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0186
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132

Einleitung.

man gewöhnlich die Feder zuerst in der obersten Abtheilung abwechselnd mit dem Uräos je vier
Male zu beiden Seiten einer knieenden, die Arme über zwei Augen breitenden Frau stehen. In der
zweiten Abtheilung tragen sie die 42 in zwei Reihen sitzenden, theils mit Menschen-, theils mit
verschiedenen heiligen Thierköpfen versehenen, für die Richter der Unterwelt ausgegebenen Figuren,
vor deren beiden Reihen ein Mensch (die Seele) mit aufgehobenen Händen kniet. In der untersten
Abtheilung sieht man am Eingange die menschliche Figur zwischen zwei sie empfangenden, mit der
Feder geschmückten Göttinnen bittend stehen. Weiter hin vor dem Throne des Osiris die bekannte
Seelenwage, wo meist in der einen Schale ein Gefäss, in der andern entweder eine sitzende Figur
mit der Feder auf dem Haupte, oder die Feder allein gewogen wird. Das sitzende Figürchen trägt
das gewöhnliche Zeichen der göttlichen Würde, das gehenkelte Kreuz, nicht, und dass wir die ein-
zelne, aufrecht auf der Haube stehende Feder nicht für ein Abzeichen der Göttlichkeit halten, lehrt
schon die bekannte Harfenspielerin in Ilithyia, die wahrscheinlich in einer ähnlichen Beziehung
diese Feder trägt Endlich erscheint auch noch auf dergleichen Papyrus eine knieende Göttin
mit ausgebreiteten Fittigen, in den ausgestreckten Armen zwei Federn haltend s). Fügt man nun
zu diesen bildlichen Darstellungen die Mittheilung Horapollon's 3), dass die Aegypter einen Men-
schen, der jedem Gerechtigkeit wiederfahren lasse, durch eine Straussfeder angedeutet hätten, so
wird es allerdings sehr wahrscheinlich, dass die Feder in jenen Darstellungen den Begriff der
Gerechtigkeit und, wie namentlich auch in der Seelenwage, den der allgemeinen Rechtschaffenheit
angedeutet habe. Auch möchten wir gar nicht bezweifeln, dass es eben diese Stelle Horapollon's
war, welche Champollion den Hauptstützpunkt für die Erklärung der Feder als des Symbols der
Gerechtigkeit gegeben habe, wenn nicht seine so oft wieder kehrenden Worte „die Feder oder das
Blatt" unser Befremden erregten. Aber völlig zugestanden, dass die Feder die Idee der Gerech-
tigkeit symbolisire, folgt etwa hieraus, dass die mit der Feder bezeichnete Göttin als eine besondere
Göttin der Gerechtigkeit zu personificiren und unter dem besondern Namen Tme, Thmei in dem
Aegyptischen Pantheon aufzuführen ist? Nach unserm Dafürhalten durchaus nicht. Denn wenn
Isis- Jixcaoavvrj-Qsanocpoooq, welche bekanntlich als Demeter den Abgeschiedenen vorstand 4), in
der Stellung als richtender Hort der heim gegangenen Seelen die Feder trug, so blieb Isis vor
wie nach Isis ß), gerade wie der Sonnengott, wenn er nach Champollion die Feder oder das Blatt

1) De'script. de VEy. Ant. Vol. d. PI. I. pl. 71, 6.

2) De'script. de l'tig. Ant. Vol. d. PI. II. pl. 58.

3) HüBAror.LiN. Ilieroylt/ph. II, 118. AvO-qanov iao>q itaat to Sixaiov ct7TnvefiovTa ßov).o/ievoi mm^vai, 0TQOv0-oxatn]).ov
nreQov "/Qatfiovrit. tovto yaQ ro £o>ov navrayoOev taa eyji ta 7treqvyo>fiara naqa roiv allmv. Andere Sinnbilder der Gerech-
tigkeit waren das Auge, s. Diodob. Sic. III, 4. (daher die beiden Augen zu Oberst in den Leichenpapyrus wohl eben so
Wenig Sonne und Mond und Apis und Mnevis als solche, sondern nur Osiris und Isis, die beiden grossen Vorstände der
Heimgegangenen, als äixijq n^j/ra» darstellen mögen), ferner die mjxv; s. Clement. Alex. Srom. VI, 4. (s. uns. B. p. 34.
no. 1.) vergl. Dbumann Hislor-Antiquar. Untersuch, p. 110. fgg.

4) Hkbodot. II, 123. 59. 15ß. Diodob. Sic. I, 13. 25. Pi.utabch. de Is. et Os. 27. Imv ryv IleQaeyaooav, w? Aqxe-
fiayoz eiQtjxtv 6 Evßoevq.

5) Wenn es in Spixeto Lectures on the Eiern, of Hierogl. L. I. p. 10. 11. heisst: the gods and goddesses of tbe
Kgyplians were merely emanatious or representations of the several attributes of the supreme Being- For the religion of
the Egyptians, in its primary Institution, was Deism — . — Osyris tbe represenlative of Ammon in the next World, became
the Pluto of the Greecs and Isis, as the wife of Osyris, or Sate, or Snie, as Ins assistant, was converted into Proserpine,
who was the wife of Pluto, and soinetimes into Themis, the goddess of justice and truth. — so ist das recht gut möglich,
mir Schade, dass für das Ganze, so wie insbesondere für Sate und Sme, der Beweis fehlt.
 
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