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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0203
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der Hieroglypkik.

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ihre Bevorzugung so eifersüchtigen Priester einen so mächtigen Hebel dieser Bevorzugung von sich
gewiesen hätten? Da nun auch die Aethiopischen Gesandten kurzweg die meisten Aegyptischen
Einrichtungen für die treulich aufbewahrten Geschenke der in undenklicher Vorzeit von Aethiopien
aus Statt gefundenen Colonisirung Aegyptens ausgeben, so können wir in diesen Behauptungen nur
eine den alten Völkern so eigenthümliche patriotische Grosssprecherei erblicken, welche die einst-
malige Mittheilung der ersten Culturelemente mit der vollen Culturentwickelung verwechselte, eine
Entwickelung, welche ohne Zweifel erst im Laufe vieler Jahrhunderte in Aegypten zur Reife
gedieh und späterhin ihre Früchte wieder an die alte Mutter zurück gab, ob schon diese nie die
geistige Höhe des Tochterstaates erreicht haben mochte. Dass wir jedoch die Aeusserungen der
Aethiopier nicht als eine ganz.leere Prahlerei verwerfen, scheinen die näheren Umstände zu ver-
bieten, unter welchen Diodor dieselben zur Erfahrung brachte. Er vernahm sie nämlich nicht in
Aethiopien, sondern in Aegypten. Da er nun ausdrücklich versichert, dass er über die Aethiopischen
und Aegyptischen Verhältnisse so wohl zahlreiche Aegyptische Priester, als auch nicht wenige
Aethiopische Gesandten und die Griechischen Schriftsteller gehört und nach gegenseitiger. Ausglei-
chung das ihm wahrscheinlich Dünkende berichtet habe1), so lässt sich bei Diodor's sonstiger Ehr-
lichkeit wohl annehmen, dass die Aegypter den Aethiopiern nicht unbedingt widersprochen haben
mögen, wenn auch Diodor hier, wie so oft, die Sache aus dem richtigen Standpunkte aufzufassen,
übersah. Auch bietet sich bei gehöriger Berücksichtigung der verschiedenen Zeit noch ein Umstand
dar, welcher selbst die zu Diodor's Tagen und in der ihm zunächst vorher gegangenen Zeit allge-
mein unter den gesitteteren Aethiopiern verbreitete Kenntniss der heiligen oder königlichen Schrift
erklärlich macht. Es ist bekannt, dass unter dem zweiten Ptolemäer das alte Priesterthum Meroe's
durch den König Ergamenes aufgehoben Avurde. Sonder Zweifel war bis dahin die Kenntniss der
heiligen Schrift nur ein Geineingut der so hoch gestellten Priester. Als aber nach dem Sturze des
alten, streng in sich abgeschlossenen Priesterstandes Aethiopische und wahrscheinlich selbst Aegyp-
tisch-Criechische 2) Bildung, so wie vielleicht die ausgebildetere Aegyptische Schrift, in Meroe Ein-
gang fand, öffnete sich bei der untergeordneten Stellung des neuen Priesterstandes die Einsicht in
die so genannte heilige Schrift, wenn auch nicht all und jedem Meroenser, doch wohl allen Gebil-
deteren. In Aegypten hingegen, wo die Priesterkaste keiner so erschütternden Katastrophe unter-
lag, behielt sie auch länger als in Meroe den Besitz ihrer althergebrachten Vorrechte und namentlich
den der altnationalen Gelehrsamkeit, deren ausschliessliches Eigenthum sie wahrscheinlich noch
unter den ersten Ptolemäern vor den anderen Kasten um so eifersüchtiger zu bewahren suchte, je
mehr sie unter den so ganz veränderten politischen Verhältnissen ihrer allmähligen, unausbleiblichen
Aullösung entgegen sah.

Das Wichtigste von dem, was Diodor über die Aegyptische Schrift berichtete, besteht darin,
dass er sie gleich Herodot in eine heilige und in eine gemeine oder Volksschrift eintheilte, dass er
die heilige Schrift eins sein Hess mit den bei den Aegyptern so genannten Hieroglyphen und dass
er endlich diese Hieroglyphen schlechterdings nicht als eine syllabische Buchstabenschrift (ovx ett

1) Diodor. Sic. III, 11. Kai yuq tjßtu; xaö-' uv xatqov naQtfiakopiv eiq Aiyvitrov, noV.oig fuv tojv uqco>v tverv^o/itv,
ovx ofayoiq (Te Ti/itqßevTaK; «To t^j AiO-iomas naqovaiv fj; Xoyovi ucpixo/u&w naq äp. ctxqißojq Ixaora nv&ontrot. xai rovt
Xoyovq toiv taroQmwv e^cXcytixvtcq, rot; /icihora ov/ufoivovoiv axo/.ovO-ov Ttjv avayQaqujv !t£7ioitjße0-a.

S) S. uns. Buch p. 108.
 
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