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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0554
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System der Hieroglyphik

sehen wurden. Die an sich schon langen Vocale erlitten also dadurch eine noch grössere Deimling,
welche man dem Leser durch die Setzung der Vocalbuchstaben veranschaulichte, ob schon die bei
dieser Setzung früherhin beobachtete Kargheit und die auch späterhin nie ganz vermiedene Will-
kühr deutlich beweist, dass man dieses Verfahren durchaus nicht für ein unumgänglich notwendi-
ges hielt. Da nun aber die Vocalkürzen vor wie nach ohne Vocalbuchstaben geschrieben wurden,
so fragt es sich, warum man denn diesen Unterschied nicht auch bei den Vocalen der fremden
Wörter Statt finden liess, so dass man nur die langen Vocale durch Vocalbuchstaben bezeichnet
hätte. Es geschah diess, wie ich glaube, desshalb, weil erstens die Semiten eben keine grossen
Kenner der Griechischen und Römischen Prosodie sein mochten und weil sie zweitens Behufes einer
deutlichem oder im Ganzen mehr hervorgehobenen und dadurch gedehntem Aussprache der fremden
Wörter die Vocale derselben einige Stufen über deren ursprünglichen Tonumfang emporhoben und
gewissermassen den langen Vocalen ihrer eignen Sprache an die Seite stellten. Dieselben Ursa-
chen mussten natürlich auch bei den Aegyptern dieselbe Wirkung wie bei den Semiten hervor brin-
gen. Bei dieser allgemeinen Verlängerung und Dehnung der in den fremden Wörtern enthaltenen
Vocale kann es nun nicht befremden, wenn die Aegypter Vocalkürzen der Griechen und Römer
mit gleichem Range neben den Vocallängen setzten, oder wenn sie Vocalkürzen durch die Schrift
wieder gaben, während sie Vocallängen ungeschrieben Hessen und dass sie endlich Vocalkürzen
selbst durch eine Vereinigung von zwei Vocalzeichen ausdrückten, wie wenn sie das Griechische

,0 in O&avog und Jof.uTic.vog durch ^fc, also durch OU, oder in vollkommener Uebereinstimmung
mit den Gothen durch AU schrieben. Anderseits erhält aber auch die Stellung des Gothischen
Diphthong aü für das Griechische 0 ein näheres Licht. Denn da im Altdeutschen Ü und 0 zu-
sammen fiel und da die Gothen dem Griechischen O eine grössere Dehnung geben wollten als ih-
rem Ü, ohne ihm doch die volle Tiefe ihres 00=Ö=Q einzuräumen, so halfen sie sich dadurch,
dass sie vor dem U ein A einschoben, welches die oben bezeichnete Lautdehnung bewirkte. Gleich
wie wir dann das Ü ein blosses Dehnungszeichen eines vorher gehenden Vocales abgeben sahen,
so wäre es wohl auch möglich, dass V—U in Phi\li}fcpos nur ein dergleichen Dehnüngszeichen
vorgestellt habe *), vorzüglich, wenn man von der weiter unten vorzulegenden häufigen Verwech-
selung des Y und I Kenntniss genommen hat. — In der Hieroglyphensclirift fiel endlich auch noch
eine gewisse Versetzung der Vocale auf, wie z. B. in Ptlomis für Ptolemäos. Aber ganz dieselbe
Versetzung brachte uns das Semitische so gar in demselben Worte wieder.

Das gegenseitige Verhältniss der zu dem Ausdrucke der Griechischen und Römischen Vocale
verwendeten hieroglyphischeu und Semitischen Buchstaben wird man am Schnellsten in folgender
Zusammenstellung überblicken:

l^fej üb? 3b? 3t hypothetischer schwächerer Guttural im An- und Aus- )

laute der Wörter und zwar anlautend vor A, 0 5 auslautend \tFp>, '? 'v
nach A und II (häufigst). *

1) Man vgl. das Frauzös. eu in heure, leur etc. und das Englische accentuirte e 1/ in f/rey, they und noch mehr dessen
Ausnahmen Jcey und ley spr. ki, so wie das ühaccentüirte ey in dlley, barley, Valley spr. Ulli, barli, valli. — Cha.otoixioN
Gram. Ef/ypt. P- t. p. 32. übersetzt den obigen Kamen TTgPtApiTTOC CPliilipos). Es ist daher möglich, dass die Prio-
rität dieser Auffassung nicht Salvouni (s. oben p. 434. no. 2. vgl. j>. 435, ,w. .4.), sondern Chami'Ollion angehört.
 
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