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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0712
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G5S

System der Hieroglyphik

Conjugation und Declination, die, wie wir eben gesehen, auf eine so durchgreifende Weise das n
als Zeichen des Plurales gebraucht. Dafür zeigt drittens thatsächlich das Gothische in Grimms
3t. und 4t. Declinat. der starken Feminina. Die von Hr. Bopp dem Gothischen Schuld gegebene
Verirrung erscheint desshalb als unbegründet, weil die Analogie dieses n, wäre es selbst nicht im
Gothischen vorhanden, gebieterisch verlangen würde. Das n des weiblichen Plurales wird endlich
unabweislich geheischt von den Aeolischen Accusativen auf aig, so fern dieselben, was unbestreit-
bar ist auch den Femininen zukommen und ein ursprüngliches avg voraus setzen. Daher ist es
ganz in der Ordnung, dass das Zend die Accusat. pl. des Skr. auf n und us gleichmässig in ö
(und eas?) umsetzt und dass das Griech. und Latein, so wohl die männlichen als weiblichen Accu-

das Zend der 3t. Pers. pl. des Skr. JT»^«« (s. p. C59. no. 3. 660.) ein ahn gegenüber stellt, so hat Bopp mit Recht auch
diesem n einen bloss euphonischen Rang beigelegt Cs. Vergl. Gram. p. 57. 283.).

1) Ich kenne nur Feminina, welche uns Accusative pl. auf aiq erhalten haben wie vv^mq, Tei/iaiq, eixovaq -/qv-
atcuq, ratq inuqxoiaaiq xTrjOiaq, tniTihnaavTa raiq &votaiq nuioaiq (s. oben p. 512. 520.) , rat; ihxaiq ed'ixaaae raini)'e (greg.
Cor. d. D. Aeol. ed. schaef. p. 618. d. D. D. p. 212.), xalcuq avri rov xa).aq, ooipaiq am rov ooyaq [gramm. Luid. d. D.
Aeol. ed. Sch. p. 637. vgl, andere Beispiele bei ButImakn Gr. Gr. Gram. §. 34. Not. 21. Häutung Heb. d. Cas. p. 263.).
In der Gegenbemerkung Hr. Borrs Vergleich. Gram. p. 27-1. „Was die von Härtung angeführten weiblichen Accusative
wie fityalaiq, nouilaiq, reiftaiq anbelangt, so glaube ich, dass sie der Analogie der Masculina gefolgt sind, von denen sie
ihr Geschlecht durch das dem i vorstehende a hinlänglich auszeichnen; wir können aber daraus nicht folgern, dass auch
die erste vorzüglich weibliche Decliu. ursprüngliche Accusative auf vq gehabt habe , da weder das Gothische in der ent-
sprechenden Declin. ein ns noch das Sanskr. ein n zeigt. —, so wie im Vocälisnius p. 242. wo es im Bezug auf Vergl.
Gram. p. 274. heisst, dass das t in tvyaiq für Vocalisirung eines ursprünglich aii dessen Stelle gestandenen v zu hallen
sei, w7ird demnach keineswegs bezweifelt, dass rci/iaiq etc. aus ursprünglichem ratftavq entstand, sondern nur, dass das
avq dem Femiuino als weibliche, oder, was hier mit einbegriffen ist, als gemeingeschlechtliche (xoivij) Form zukam. Allein
da die Aeol. Accusat. pl. auf cuq uud oiq nicht etwa nur ausnahmsweise stehen, sondern unstreitig die regelmässige, durch-
gängige Bildung dieses Casus in dem Aeol., also dem alterlhüinlichsten der uns erhaltenen Griech. Dialekte darstellen,
wesshalb sie auch in die Decliu. des Artikels oder des ursprünglichen Pronomens aufgenommen worden sind, da der
Aeolism auch in anderen Sprachfälleu und namentlich in der mit dem Nominat. und Accus, pl. in der engsten Berührung
siebenden 3t. Pers. pl. omo für ovti Cp- 518.) das v in i zerweicht oder richtiger dem c den an das v gebundeneu Cha-
rakter der Pluralität erlheilt, da die Lalein. Casus auf ai und aes uns geraden Weges auf die Accusat. pl. ais , aes hin-
führen, da das a weder im Griech. noch im Latein, als ein ursprüngliches Merkmal des weiblichen Geschlechtes anzuse-
hen ist und da endlich die auch von Hr. Borr aus ursprünglichem ovq abgeleiteten os; uud ovq (letzteres mit „verflüchtigtem
v für r", wogegen wir uns oben p. 511. erklärten) eben so wohl dem Masculino als Feminino angehören, so können wir
die aus den classischen Sprachen entlehnten Gründe nicht für bündig erachten. Ohne Zweifel wurde aber auch Hr. Borr
nicht von diesen Gründen, sondern vielmehr von dem Skr., welches keine absolut weibl. Accus, pl. auf h enthält, zu obiger
Annahme bewogen. Allein da das Sanskr. öfters Formen enthält, welche aus sprachphysiologischem Standpuncte beurtheilt
den ihnen gegenüberstehenden Griechischen uud Lateinischen au Alterthümlichkeit nachstehen Cs. hierüber weiter unten),
da namentlich die Griech. Accusative auf cuq, oiq die Skr. Accusative auf as in der genannten Hinsicht übertreffen (was
auch Giksk Her Aeol. Dial. I. p. ioo. fg. gegen Bopp bemerkte), indem eben so, wie jene aus avq, ovq entsprangen, so diese
aus ais zusammen geschrumpft sein können, so ist das Skr., dessen Schwächung der Accusative Hr. Bopp selbst hervor
hob, nicht befugt, der anderweit begründeten Gemeingeschlechtigkeit des pluralischen n entgegen zu treten. Das Gothi-
sche aber, statt das Skr. gegen den Aeolism zu unterstützen, leistet im Gegeutheile diesem den bedeutendsten Vorschub.
Bei dem unverkennbaren Streben aller Spracheu, die ursprünglichen Formen im Laufe der Zeit zu verkürzen und bei der
verhältnissmässig so späten Zeit, in welcher das Goth. an das Licht tritt, ist es ohne Frage bei weitem mehr zu verwun-
dern, dass es das alte pluralaccusativische ns nicht nur durchgängig in der Decliu. der Masculina, sondern auch in der 3t.
und 4t. Declin. der starken Feminina gerettet, als dass es dasselbe in der Ist. uud in der mit dieser im Grunde identischen
2t. Declin. der st. Femin. eingebüsst hat. Diese Verwuuderuug steigt um so höher, wenn wir bei dem Hinblick auf das
dem Goth. doch so nahe stehende Althochdeutsche (vgl. Goth. ins, Althochd. sie, Goth. paus, Althochd. die, st. Masc. Ist.
Decliu. Goth. fiskans, Althochd. viscä, 2t. Declin. Goth. hairdjans, Althochd. hirtä, 3t. Decliu. Goth. sununs, Althochd.
sunt, 4t. Declin. Goth. balyins, Althochd. pelTii, st. Fem. Ist. Declin. Goth. gibus , Althochd. kepö, 2t. Declin. Goth.
Jjiujäs, Althochd. heilt, 3t. Declin. Goth. handuns, Althochd. fehlt, 4t. Declin. Goth. anstins, Althochd. ensti, st. Adject.
Goth. in. bündans, f. blindös, Althochd. plinte (?'— <0) f- pUntfr) wahrnehmen, dass das accusalivische ns uud s des
Goth. im Althochd. bereits völlig verschwunden ist.
 
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