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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0845

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von Champollion.

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welcher das den Latein. Wortformen innerhalb einiger Iahrhunderte widerfahrene Schicksal beob-
achtet hat, wird liier ausrufen, dass wir dem Latein, einen Sprach-Gang beilegen, von dessen
Gegentheile hundert und aber hundert Belege das sprechendste Zeugniss ablegen. Denn es ist
ja bekanntlich eine Eigentümlichkeit der Latein. 3t. Declin., also eben derselben, welche mit ihrem
unorganisch erweiterten is dem Skr. s gegenüber tritt, dass sie in Masse aus einem altern is und
es das i und c abwarf und dass sie demnach, um nur an einiges zu erinnern urbs für urbis, slirps
für stirpis, slips für slipis, scrobs für scrobis, seps für sepes, plebs für plebes, adeps für adipes,
prueceps für pruecipes, frux für fruges, frugis, culx für calcis, merx für mcrces, mercis, nex für
neces, fax für face», nix für ninguis oder niguis, supellex für supelleclilis, Pollux für Vollmes, fron»
für frondis, vas für vades, Concors für concordis, triceps für tricipilis, lens für lentis, sors für sortis,
penas für penulis, optima» für oplimatis, Cujus für Cujulis, Tyburs für Tyburlis, Quirls für Quiri-
ns, CcomJPos> Om}Pos un(l potQtim) für polis und polissum sprach. Liess sie doch häufigst nicht
bloss das e und i, sondern auch zugleich das Schluss-s fallen wie z. B. die grösstenteils veralte-
ten Ausdrücke tomeris für vomer, rulluris für vullur, buchnris für bachar, Atari» für Arar, ussis
für us, mugilis für mugil, sulis für sul, pari» für Heids für Z/ch, so wie das neutrale cd und
«r, welches aus Adjectiven auf alis, e, aris, e entstanden ist, zur Geniige darthun. Auf gleiche
Weise verfuhr aber auch das Litth., wie die Bildungen mole, dulde (5t. Deel, für moleris, duk-
leris (vgl. Arm. ^jlu^i • doustr neben ^nu[um douc/d in Compos., das Pers. j^-^> dokler, oa.<>
doctj, ferner piemü für piemenis, ukmü für ahnenis (5t. Deel.), die Participia auf ans für «/«fe,
das Pron. puls für paß* (zugleich Herr, fem. pati, Gattin) neben Cfl%{jj«fö, Zend puilis, Griech.
noatq, Lat polis (Goth. fups), ganz vornehmlich aber die Wörter der Ist. Deel, beweisen, welche
meistenteils das us ihres Nomin. sg. in s verkürzen wie z. ß. ponus in pon's, diewas in diew's,
etc. (Buhig Litth. Gram. p. 25, 1.). Das Latein, und Litthauische gingen also in dieser Hinsicht
Hand in Hand nicht nur mit den Schwestersprachen, sondern auch mit den sämmtlichen Semit.
Sprachen, ja ohne Zweifel mit allen Sprachen der Welt. Denn der Nominat. sg., dessen Charak-
ter als solcher (Subject) durch die anderweite Satzverbindung am Leichtesten zu erkennen ist, war
eben dadurch am Meisten der Gefahr ausgesetzt, von der Glättung und Verkürzung der Formen
erfasst zu werden. Dass diese Verkürzung theils in dem geschärften Sinne für den Wohllaut, theils
in der durch das raschere, schnellere Denken notwendig gemachten grössern Beweglichkeit und
Geläufigkeit der Bede beruhte, habe ich bereits oben angeführt. Im Bezug auf die hierbei ange-
wendeten Wohllautsgesetze würde man allerdings, wollte man eine ältere, vollere Wortform neben
der abgekürzten jüngern für sich allein betrachten, meistenteils der ältern den Vorzug geben und
desshalb meine Behauptung unwahrscheinlich finden. Allein die Lautelättun»' stand hier auf dem
entgegengesetzten Standpuncte, indem ihr die Gestaltung eines Wortes für sich allein, in welcher
es für sie gewissermaassen gar nicht, oder doch äusserst selten vorkam, gleichgültig, desto wich-
tiger aber dessen Gestaltung in dem Zusammenhange und der Verbindung mit anderen Wörtern war.
Von diesem Gesichtspuncte aus betrachtet, mussten die längeren, aufVocale des Vordermundes ausge-
henden Wörter störend und unleidlich werden. Eben so, wo nicht noch einflussreicher, war der
zweite Punct. Denken und Beden (das Reden ist ja nur ein geäussertes Denken) stehen in der
aller innigsten Beziehung. Eben so widerwärtig, wie es dem gebildeten Denker ist, einen schon be-
wiesenen Satz, unnötig noch ferner beweisen zu hören, eben so unangenehm ist es dem Gefühle des
 
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