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Schwarz, Klaus; Ixmeier, Eugen [Ill.]; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Archäologisch-topographische Studien zur Geschichte frühmittelalterlicher Fernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee: im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee (Band 49, Textband): Textband — Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.73519#0057
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chen sie vielfach. In anderen Abschnitten befindet
sich die CH 1 in 30 m breiten Flurstücken. Sie sind
als Hinweise auf vorchausseezeitliche Fahrspuren-
bündel zu verstehen und treten auch in der offenen
Feldflur auf, deren Parzellen sie bisweilen schnei-
den, so z. B. beiderseits Dürrnhaar (Karte 11).
Vor dem Südrand der Hohenkirchener Feldflur lö-
sen sich die Fahrspuren dort von der nachmaligen
Chaussee, wo diese mit stumpfem Winkel auf den
Ort hin abknickt. Sie laufen geradeaus weiter und
durchziehen dabei die heute bewaldete Wölbäcker-
Flur des »Siegertsbrunner Feldes« (Karte 24,2),
welche fast genauso wie der Fernweg orientiert ist.
Die wenigstens fünf Fahrgeleise können bis zum
Waldrand verfolgt werden. Für eine unveränderte
Weiterführung des FW 4 gibt es nach der Feldflur-
gliederung keine Möglichkeit. Vielmehr kann der
Weg seine bisherige Richtung nur noch kanpp 100 m
über den Waldrand hinaus beibehalten haben, um
dann entweder mit stumpfwinkligem Knick nach
Westen umzubiegen, wobei er bald wieder den Zug
der späteren Chaussee erreicht hätte, oder er wäre
wie der Feldweg verlaufen, der leicht geschwungen
und flurdurchschneidend den Südausgang von Hö-
henkirchen ansteuert (Karte 24,2). Der Ort wird in
jedem Falle achsial durchfahren und in nördlicher
Richtung verlassen. Dabei nutzt der FW 4 einen
ursprünglichen Wirtschaftsweg, dessen Verlauf
wechselweise die Flurgliederung durchschneidet,
oder sich ihr bewußt anpaßt. Der Weg erreicht den
Waldgürtel zwischen Höhenkirchen und Hohen-
brunn, der u. a. hier den Namen »Der Altlauf«
trägt. Geländemäßig kann der Weg darin nicht mehr
nachgewiesen werden, weil der Wald inzwischen für
den dort entstandenen Wächterhof gerodet worden
ist. Die Fortsetzung nach Hohenbrunn erfolgt in der
Trasse eines Wirtschaftsweges, der die Flur in der
gleichen Weise wie der Hohenkirchener Weg durch-
quert (Karte 24,1).
Den Ort Hohenbrunn verläßt der FW 4 am West-
rand mit einer flurdurchschneidenden Trasse (Karte
24.1) . In nordwestlicher Richtung erreicht er als
»Alte Münchner Straße« den Waldrand (Karte
25.1) . Hier im großen Wald zwischen Hohenbrunn
und Perlach haben noch vor vierzig Jahren alle
Chancen bestanden, seinen exakten Verlauf an Ge-
ländespuren ausfindig zu machen. Heute sind nach
der flächigen Aufsiedelung nur an den beiden ehe-
maligen Rändern winzige Waldreste erhalten, doch,
wie sich bei den Geländearbeiten herausgestellt hat,
immerhin genug, um den Altweg zu erfassen und
sich von ihm ein Bild machen zu können.
Am nordwestlichen Waldrand der Hohenbrunner
Flur tritt er mit einem Bündel aus wenigstens sechs

Fahrspuren auf, die einen 45 bis 50 m breiten Strei-
fen bilden (Karte 25,1). Einige auf der Nordost-
Seite ausscherende Geleise brechen am Rand der
Siedlung Riemerling ab und sind deshalb nur unvoll-
kommen zu beurteilen. Wenn sie überhaupt zum
Fernweg in einer Beziehung stehen, werden sie als
Spuren eines vor dem Eintritt in die Hohenbrunner
Feldflur gelegenen Rastplatzes interpretierbar. Die
Breitenstreuung ist jedenfalls ungewöhnlich, wie die
gestraffte Fortsetzung des Fahrspurenbündels (Kar-
te 25,2; 26) erkennen läßt. — Beiderseits tritt je eine
Wölbäcker-Flur an den FW 4 heran (Karte 25,1).
Beide gehören zur äußersten Ausbauzone der Ho-
henbrunner Flur und werden, wie unten gezeigt (vgl.
S. 202ff.), bereits im späten 12. Jahrhundert nicht
mehr bewirtschaftet. Die gegenständig orientierten
Fluren sind durch den Weg voneinander getrennt,
wobei es wegen des z. T. besonders schlechten Er-
haltungszustandes offen bleibt, ob ihr Abstand auch
ursprünglich so groß oder kleiner gewesen ist. Rand-
lich vorspringende Ausläufer der südwestlichen Flur
werden von einer auseinanderfächernden Fahrspur
durchzogen. Dadurch wird das höhere Alter der
Wölbäcker gegenüber dem FW 4 wahrscheinlich
gemacht. — Ein eindeutiges Bild ergibt sich am
anderen Rand des Forstes vor der Unterbiberg-
Perlacher Flur (Karte 25,2). Dort durchschneiden
fünf bis sechs kräftig eingetiefte und auf einem 15 bis
20 m breiten Streifen zusammengehaltene Fahrspu-
ren eine weite Wölbäcker-Flur. Hier kann es an der
zeitlichen Relation keinen Zweifel geben.
Am Unterbiberg-Perlacher Waldrand verlieren sich
die Geländespuren des FW 4. Die Verlängerung
ihrer Trasse stößt nach 1100 m auf die Chaussee
Rosenheim — München, unsere CH 1, deren Ver-
lauf sich nun mit dem des FW 4 deckt. Flurdurch-
schneidend führt er im Zuge der Chaussee über
Perlach und Ramersdorf bis zur Isarbrücke bei Mün-
chen (Karte 2).
Wertung des FW 4
Trassierung: Der FW 4 stellt die nordwestliche
Hälfte einer neuen Verbindung der Inn-Brücke bei
Rosenheim mit der Isar-Brücke bei München dar
(Karte 27; 42). Er benutzt teilweise vorhandene
Wirtschaftswege. Trotzdem ist es auf der ganzen
Strecke von Großhelfendorf bis München gelungen,
eine einheitliche und zielstrebige Konzeption zu ver-
wirklichen. Im Gegensatz zum FW 3 sucht er die
Ortsnähe. Dabei führt er überwiegend durch die
Ortschaften hindurch, wodurch die Trasse vielfach
winklig wird (Karte 24,1). Der FW 4 zieht durch
folgende Wohnplätze: Großhelfendorf, Göggenho-

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