V. DIE NACHRÖMISCHEN INN-ÜBERGÄNGE BEI PFUNZEN UND ROSENHEIM UND
DIE AUF DER MORÄNE DES INNTAL-GLETSCHERS BIS SEEBRUCK AM CHIEMSEE
WEITERFÜHRENDEN FERNWEGE
EINLEITUNG
Die Inn-Übergänge bei Pfunzen und Rosenheim
bilden den Kernpunkt dieses Kapitels (Karte 49).
Die nach Osten weiterführenden Fernwege werden
zur Absicherung dieser Befunde bis etwa zum
Chiemsee verfolgt. Im einzelnen handelt es sich um
folgende Plätze: 1. die älteste frühmittelalterliche
Überfahrt im Bereiche der ehemaligen römischen
Inn-Brücke bei Pons AenUPhunzinalPfaffenhofen-
Mühltal am FW 11/21; 2. die Überfahrt bei Phunzi-
nö/Langen-/Leonhardspfunzen des frühen und be-
ginnenden Hochmittelalters am FW 12/22 und 3. die
seit dem 13. Jahrhundert bestehende, burggeschütz-
te Inn-Brücke bei Rosenheim nebst Markt am FW
13/23. Die zeitliche Staffelung ist mit einer schritt-
weisen Verlegung der Fernwege von Nord nach Süd
gleichbedeutend.
Am Beginn der Wegeerkundungen bedarf es einer
Urteilsbildung über die frühmittelalterliche Weiter-
nutzung der RS I. P. Reinecke nimmt für deren
Verlauf eine vom Mühltal nach Norden aufsteigende
Rampe in Anspruch (Karte 43). Auf der Höhe hat er
im Buch-Wald nordöstlich Zaisering (Karte 50) und
nordwestlich Grafing (Karte 51) Geländespuren
nachgewiesen205. Deren Verbindung ist mittels der
Flurkarte lückenlos möglich. Weil diese Dokumen-
tation wesentliche Aussagen über die jüngere Ge-
schichte des Straßenzuges erlaubt, werden diese Ab-
schnitte auf den Karten 43 bis 46,1 wiedergegeben.
Im Jahr 1812 hat auf der Rampe nur ein Fußsteig
bestanden, der auf der Höhe bis südlich Zeizherigenl
Zaisering (1092—1113)206 weiterzog (Karte 43; 49)
und als Schul- und Kirchensteig diente. Auf der
Hochfläche fällt er mit einer Besitzgrenze zusam-
men. Trotzdem schneidet er zunächst die etwa ost-
westliche orientierte Flurgliederung. Erst danach
paßt sich diese dem Steig an. - Nun führt ein
Wirtschaftsweg bis zur Einmündung in den von Aign
kommenden Weg, die heutige Chaussee. Er schnei-
det die Feldflurgliederung bis zum Zaiseringer
Oberfeld. Dann folgt bis zur Feldflur von Ziellechen
eine unklare Situation. Wahrscheinlich schneidet
der Weg hier ebenfalls die Flur. Nun beginnt auf der
anderen Seite die Feldflur des Ausbauhofes Sellech-
ner/Ziellechen (1478)207, der zu den Rodungseinzel-
höfen zu rechnen ist, welche nach E. Klebel208 seit
dem frühen 10. Jahrhundert im königlichen Forstbe-
zirk /bht/Vogtareuth (959)209 angelegt worden sind.
Nordöstlich des Buch-Waldes setzt sich der Zug der
RS I in einem die Feldflur zwischen Tödtenberg und
Reipersberg 150 m lang schneidenden Wirtschafts-
weg fort. Dahinter beginnt mit dem Eintritt in die
Straßkirchener Flur über mehrere Kilometer hin
eine flurkonkordante Trasse. Sie wird in der Regel
von einem Wirtschaftsweg und an drei eingeschalte-
ten Stellen lediglich von einer Grenze zwischen Flur-
einheiten bezeichnet. Letzteres ist nordöstlich Höl-
king (Karte 44,1), nordöstlich von Söchtenau (Karte
44,2) und südöstlich Irlach (Karte 46,1) der Fall.
Außerdem hat sich zwischen Dingbuch und Mühl-
dorf die Ackerflur an zwei Stellen über die ehemali-
ge Straße gelegt (Karte 45). Diese beiden dadurch
entstandenen Lücken im Wirtschaftsweg sind später
wieder geschlossen worden, während es an drei an-
deren weglosen Abschnitten bei diesem Zustand
geblieben ist. Daraus geht zunächst hervor, daß der
Zug der RS I in einem jüngeren Stadium nur noch
lokalem Nahverkehr gedient hat, nicht mehr aber
einem Durchgangsverkehr.
Ein solcher könnte für das frühe Mittelalter wegen
der zweimaligen Überackerung der Straße bei Ding-
buch-Mühldorf (Karte 45) überhaupt ausgeschlossen
werden. In diese Richtung deutet ferner, daß der
Straßendamm östlich Mühldorf auf einer etwa 650 m
langen Strecke keinerlei Fahrspuren aufweist (Karte
46,1), wie sie durch mittelalterlichen Verkehr üb-
licherweise entstehen und oben aufgezeigt worden
sind. Gegen eine derartige Interpretation spricht
indes das Vorkommen von drei straßenbezogenen
Ortsnamen, von Öde/Straßöd (1326)210, von Strazchi-
205) Reinecke (Anm. 109) 28; Keller (Anm. 103) 182.
206) Acht (Anm. 46) 99 nr. 127.
207) Meixner, Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim. Wiss. Beil. z. Jahresber. d. human. Gymnasium Rosenheim f.
d. Schuljahre 1919 mit 1922 (1920) 62.
208) E. Klebel, Aus Verfassungs-, Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte der Hofmark Vogtreuth bei Rosenheim. ZBLG
6,1933, 51.
209) MG DO I 282 nr. 203.
210) Klebel (Anm. 208) 56.
- 79 -
DIE AUF DER MORÄNE DES INNTAL-GLETSCHERS BIS SEEBRUCK AM CHIEMSEE
WEITERFÜHRENDEN FERNWEGE
EINLEITUNG
Die Inn-Übergänge bei Pfunzen und Rosenheim
bilden den Kernpunkt dieses Kapitels (Karte 49).
Die nach Osten weiterführenden Fernwege werden
zur Absicherung dieser Befunde bis etwa zum
Chiemsee verfolgt. Im einzelnen handelt es sich um
folgende Plätze: 1. die älteste frühmittelalterliche
Überfahrt im Bereiche der ehemaligen römischen
Inn-Brücke bei Pons AenUPhunzinalPfaffenhofen-
Mühltal am FW 11/21; 2. die Überfahrt bei Phunzi-
nö/Langen-/Leonhardspfunzen des frühen und be-
ginnenden Hochmittelalters am FW 12/22 und 3. die
seit dem 13. Jahrhundert bestehende, burggeschütz-
te Inn-Brücke bei Rosenheim nebst Markt am FW
13/23. Die zeitliche Staffelung ist mit einer schritt-
weisen Verlegung der Fernwege von Nord nach Süd
gleichbedeutend.
Am Beginn der Wegeerkundungen bedarf es einer
Urteilsbildung über die frühmittelalterliche Weiter-
nutzung der RS I. P. Reinecke nimmt für deren
Verlauf eine vom Mühltal nach Norden aufsteigende
Rampe in Anspruch (Karte 43). Auf der Höhe hat er
im Buch-Wald nordöstlich Zaisering (Karte 50) und
nordwestlich Grafing (Karte 51) Geländespuren
nachgewiesen205. Deren Verbindung ist mittels der
Flurkarte lückenlos möglich. Weil diese Dokumen-
tation wesentliche Aussagen über die jüngere Ge-
schichte des Straßenzuges erlaubt, werden diese Ab-
schnitte auf den Karten 43 bis 46,1 wiedergegeben.
Im Jahr 1812 hat auf der Rampe nur ein Fußsteig
bestanden, der auf der Höhe bis südlich Zeizherigenl
Zaisering (1092—1113)206 weiterzog (Karte 43; 49)
und als Schul- und Kirchensteig diente. Auf der
Hochfläche fällt er mit einer Besitzgrenze zusam-
men. Trotzdem schneidet er zunächst die etwa ost-
westliche orientierte Flurgliederung. Erst danach
paßt sich diese dem Steig an. - Nun führt ein
Wirtschaftsweg bis zur Einmündung in den von Aign
kommenden Weg, die heutige Chaussee. Er schnei-
det die Feldflurgliederung bis zum Zaiseringer
Oberfeld. Dann folgt bis zur Feldflur von Ziellechen
eine unklare Situation. Wahrscheinlich schneidet
der Weg hier ebenfalls die Flur. Nun beginnt auf der
anderen Seite die Feldflur des Ausbauhofes Sellech-
ner/Ziellechen (1478)207, der zu den Rodungseinzel-
höfen zu rechnen ist, welche nach E. Klebel208 seit
dem frühen 10. Jahrhundert im königlichen Forstbe-
zirk /bht/Vogtareuth (959)209 angelegt worden sind.
Nordöstlich des Buch-Waldes setzt sich der Zug der
RS I in einem die Feldflur zwischen Tödtenberg und
Reipersberg 150 m lang schneidenden Wirtschafts-
weg fort. Dahinter beginnt mit dem Eintritt in die
Straßkirchener Flur über mehrere Kilometer hin
eine flurkonkordante Trasse. Sie wird in der Regel
von einem Wirtschaftsweg und an drei eingeschalte-
ten Stellen lediglich von einer Grenze zwischen Flur-
einheiten bezeichnet. Letzteres ist nordöstlich Höl-
king (Karte 44,1), nordöstlich von Söchtenau (Karte
44,2) und südöstlich Irlach (Karte 46,1) der Fall.
Außerdem hat sich zwischen Dingbuch und Mühl-
dorf die Ackerflur an zwei Stellen über die ehemali-
ge Straße gelegt (Karte 45). Diese beiden dadurch
entstandenen Lücken im Wirtschaftsweg sind später
wieder geschlossen worden, während es an drei an-
deren weglosen Abschnitten bei diesem Zustand
geblieben ist. Daraus geht zunächst hervor, daß der
Zug der RS I in einem jüngeren Stadium nur noch
lokalem Nahverkehr gedient hat, nicht mehr aber
einem Durchgangsverkehr.
Ein solcher könnte für das frühe Mittelalter wegen
der zweimaligen Überackerung der Straße bei Ding-
buch-Mühldorf (Karte 45) überhaupt ausgeschlossen
werden. In diese Richtung deutet ferner, daß der
Straßendamm östlich Mühldorf auf einer etwa 650 m
langen Strecke keinerlei Fahrspuren aufweist (Karte
46,1), wie sie durch mittelalterlichen Verkehr üb-
licherweise entstehen und oben aufgezeigt worden
sind. Gegen eine derartige Interpretation spricht
indes das Vorkommen von drei straßenbezogenen
Ortsnamen, von Öde/Straßöd (1326)210, von Strazchi-
205) Reinecke (Anm. 109) 28; Keller (Anm. 103) 182.
206) Acht (Anm. 46) 99 nr. 127.
207) Meixner, Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim. Wiss. Beil. z. Jahresber. d. human. Gymnasium Rosenheim f.
d. Schuljahre 1919 mit 1922 (1920) 62.
208) E. Klebel, Aus Verfassungs-, Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte der Hofmark Vogtreuth bei Rosenheim. ZBLG
6,1933, 51.
209) MG DO I 282 nr. 203.
210) Klebel (Anm. 208) 56.
- 79 -