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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 125
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0506
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garde ihm das schriftliche Versprechen gegeben hat-
ten, sie' würden Vorkommendenfalls zur Anfrecht-
haltung, beziehungsweise Herstellung der Ruhe aus
allen Kräften beitragen. Doch die Mannschaft der
Bataillone, republikanischer als ihre Führer, sanc-
tionirte den Vertrag nicht; aufgestachelt durch eine
aus Barcelona massenhaft importirte Karrikatnr
(welche die Freiwilligen der Freiheit von Valencia
als Hühner, mit einem Käppi ans dem Kopfe,
darstellte), erklärten sie die von ihren Komman-
danten eingegangene Verbindlichkeit für null und
nichtig. Der General-Kapitän, als ihm dies zu
Ohren kam, schrie über Verrath und machte An-
stalten, die Freiwilligen zu entwaffnen. Dies war
das Signal zum Kampfe. Die Nationalgardisten
antworteten ans die Aufforderung, ihre Gewehre
zu übergeben, mit Flintenschüssen und verschanzten
sich auf dem Marktplatze. Der Regierungs-Ge-
neral machte mehrere vergebliche Versuche, sie aus
der festen Position zu vertreiben. Von allen Sei-
ten, aus den Fenstern, von den Dächern, von den
Ballonen regnete es Flintenkugeln, Stühle, Tische
und allerhand andere schwere Gegenstände auf die
Truppen, die nach schilleren Verlusten (unter An-
deren wurden ein Oberst und ein Major getödtet)
sich an das äußerste Ende von Valencia zurück-
zogen. Die ganze Stadt war nun nach zehnstün-
digem Kampfe in den Händen der Freiwilligen ^
der Freiheit. Der General-Kapitän und die Trup-
pen, die ihm geblieben waren, faßten anderen Ta-
ges Posto in der prachtvollen vierfachen Pappel-
und Ulmen-Allee. die zu dem Hasen El Grno
führt. Mit diesem mußte die -Verbindung aufrecht
erhalten werden, um den Anschluß an die Verstär-
kungen, die auf dem Seewege eintreffen mußten,
zu bewerkstelligen. Zu Lande konnte der General
Hilfstruppen nicht erwarten, denn die ganze Pro-
vinz steht unter Waffen; die Bewohner der „ewig
grünen Guerta", sind gegen die Regierung noch
viel aufgebrachter, als selbst die Städter. Republi-
kanische Gesinnung beseelt sie durch und durch.
Ohne sie wäre Valencia heute schon wieder in den
Händen der Regierung. Doch was heute nicht ist,
wird, allem Anscheine nach, morgen oder über-
morgen sein, denn es fehlt den Belagerten an
Proviant, auch sind ihnen die Truppen vor der
Stadt bedeutend überlegen. Ohne harten Kampf
wird es keinesfalls abgehen; die Männer von
Guerta ergeben sich nicht so leichten Kaufes. (Seit
Absendung dieses Briefes sind bekanntlich die Re-
gicrungstruppen nach schweren Kämpfen wieder
Herren von Valencia; als solche aber aufs Nelle
angegriffen geworden.)

Aus dem Amtsbezirke.
Z Hockenheim, 22. Okt. Künftigen Sonn-
tag findet hier ini Gasthof z. K a n n e eine land-
wirthschaftliche Besprechung statt, welcher auch

die HH. Generalsekretär Funk, sowie Hr. Land-
wirthschaftslehrer Zeeb anwohnen werden.
Die angemeldeten Vorträge, die beide Herren
halten werden, lassen erwarten, daß die Betheili-
gung aus dem ganzen Bezirk eine recht zahlreiche
sein wird und freuen wir uns, die Mitglieder des
landwirthschaftlichen Vereines bei dieser Gelegenheit
in unserer Mitte zu sehen.

Literarisches.
— Es liegt uns das erste Hest einer „Welt-
geschichte" von dem rühmlichst bekannten Volks-
und Jugendschriftsteller Ferdinand Schmidt vor,
mit Illustrationen voll Georg Bleibtreu. Wir
machen unsere Leser gern auf dieses Unternehmen
(Verlag voll Albert Goldschmidt in Berlin) auf-
merksam, weil es uns dazu bestimmt scheint, eine
in der deutschen Literatur vielfach gefühlte Lücke
anszufüllen. Die Ausgabe, die sich Ferdinand
Schmidt gestellt hat, ist eine sehr hohe, schwierige:
er will in interessanter lind klarer Darstellung vor-
urtheilsfrei die wichtigen Momente der Weltge-
schichte vorführen und Vollständigkeit mit Kürze
verbinden. Seine Weltgeschichte soll ein Werk
werden, das man der Jugend vertrauensvoll in
die Hand geben kann, ein Werk, das die Geschichte
! nicht als bloße Sache des Gedächtnisses darstellt,
i augehäust mit Namen und Zahlen. Das neue
Werk soll eben nicht durch eine trockene ununter-
brochene Erzählung von Kriegen und.Kämpfen den
Leser ermüden, sondern ihn in der dem Volks-
schriftsteller eigenthümlichen edlen und für Jeder-
mann verständlichen Sprache, die wir in allen
Werken von Ferd. Schmidt schätzen, einführen in
die Vergangenheit und ihm so den Maßstab geben
zur richtigen Beurtheilung der Gegenwart. Mehr
als irgend ein Anderer mag hierzu Ferd. Schmidt
geeignet sein, der durch seine langjährigen ge-
schichtlichen Studien, durch seine reichen Erfah-
rungen, durch seine vielgelesenen Geschichtswerke,
durch seine Jugend- rmd Volksschriften einen ehren-
vollen Platz unter den Schriftstellern der Jetztzeit
einnimmt. Georg Bleibtreu, der allbekannte Ge-
schichts- und Schlachtenmaler, liefert die Illustra-
tionen zu dem Werke und verleiht demselben da-
durch auch einen künstlerischen Werth. Das Werk
wird in etwa 30 Heften (L 5 Sgr.) vollständig
werden, welche in vierwöchentlichen Zwischenräumen
erscheinen sollen. Die elegante Ausstattung und
der billige Preis werden dazu beitragen, dem Un-
ternehmen eine große Verbreitung zu geben.

Me lmrdWirih?chastL. Würterschttle
M Kadenvllrg.
Ein Wort an unsere Landwirthe.
Wie wir den öffentlichen Blättern entnehmen,
wird die landwirthschaftliche Wiuterschule in Laden-

Blut und der Verwundung empfänglich, welches aber sich
bei dem Brandmale des Jnquisiten nicht gezeigt hat. Da
nun keine Wunde ohne Schmerz den: menschlichen Körper
kann verursacht werden, so kann man vernunftgemäß schließen,
daß das Vorgefundene braune Mal ein wirkliches Teufels-
zeichen sei, weil Jnquisit erst bei dem lullten Stich einen
Schmerz bezeugt hat, aus welchen Gründen sich daher evi-
dent erweiset, daß der Angeklagte eine mit einem Teufels-
zeichen versehene Person, iä est ein wahrer Zauberer ist."
Solch ein Gutachten gab zu damaliger Zeit ein —- Ge-
richtsarzt I
Nun folgten die Befragungen derjenigen Personen,
welche an dem Abende zugegen gewesen waren, als Pratzer
in der Dorfschenke sich den Scherz müdenMäusen erlaubte.
Ein alter Handarbeiter, Michael Kirschvogel, gab dem An-
geklagten das beste Zeugniß. Er sagte, Pratzer sei ein or-
dentlicher, rechtschaffener Mann, der immer fleißig in, die
Kirche gegangen wäre, was er doch wohl hätte bleiben lassen,
wenn er ein Hexenmeister sei. In der Dorfschenke halte der
Pratzer verschiedenen Scherz getrieben und zuletzt Mäuse aus
einem Sacke herauslausen lassen; allein er glaube, Pratzer
würde die Mäuse schon mitgebracht haben, um den tollen
Burschen in der Schenke einen Spaß zu machen. Als ihm
nnn van Seiten des Gerichts eingehalten wurde, es seien

? ja übernatürliche Mäuse gewesen und wie denn dieselben
ausgesehen hätten, erwicderte er, er habe noch keine über-
natürliche Maus gesehen, die Mäuse hätten gesehen wie alle
andere und ob denn der Herr Richter noch keine Maus ge-
sehen habe? Schließlich bemerkte er noch, er halte den Pratzer
wol für einen Spaßmacher, keineswegs aber für einen Zau-
berer. — Diese Aussage scheint dein Gerichte nicht sonder-
lich gefallen zu haben,- denn es heißt in den Acten: „Da
aus der ganzen Aussage des Gezeugens klar erhellet, daß
Gezeuge entweder selbsten mit dem Hcxenvcitl unter der
Decke stecket oder ein unchristlichcr Mann ist, der das Mäuse-
machen und dergleichen Teufeleyen ohne Scheu in Bezwei-
felung ziehet, so hat man dieses zur Vorsorge kürzlich an-
mcrken wollen "
Anderer Meinung war die zweite Zeugin, die 62jährige
Elisabeth Sicgelin, eine Nachbarin des Angeklagten. Der
Veit Pratzer -- sagte sie — stehe ganz sicherlich mit
dein Schwarzen in Bekanntschaft und wenn sie vom
Morgen bis in die Nacht hinein erzählte, so könne sie
nicht Alles sagen.
(Fortsetzung folgt.)

bürg ihren Unterrichtskurs am Mittwoch den 3. No-
vember beginnen. Diese, durch das Zusammen-
wirken der Gr. Regierung und der Kreisbehörden
in's Leben gerufene Anstalt hat den Zweck: „Jun-
gen Leuten aus dem Bauernstände Gelegenheit zu
geben, sich die für ihren Berus in der Jetztzeit nö-
thig gewordene Bildung anzueignen."
Sie knüpft an das in der Volksschule Gelernte
mn, und gibt zunächst Unterricht im Schön- und
Rechtschreiben, in Geschüftsaufsätzeu und Rechnen.
In Rücksicht auf die Wichtigkeit dieser Fächer für
das tägliche Leben, wird in denselben statt bisher
sechs, jetzt neun Stunden wöchentlich Unterricht er-
theilt. Wir halten dies für eine wesentliche Ver-
besserung des neuen Lehrplans.
Durch den Untericht in Geometrie und Feld-
mefsen lernen die jungen Leute ein Stück Feld
abschreiten, ausmessen und nach seinem Flächenin-
halt berechnen.
In der Physik und Mechanik werden ihnen
die Wirkungen des Lichtes der Wärme und der
Eleclricität, sowie die Gesetze des Hebels, der Be-
wegung u. s. w. erklärt und durch Beispiele aus
dem Leben anschaulich gemacht.
Der Unterricht im Ackerbau führt die Schüler
zuerst in die Kenntniß der Naturgesetze ein. Sie
lernen in der Chemie, der Gesteins-, Boden- und
Pflanzenkunde die Stoffe kennen, welche bei der
Ernährung der Pflanzen und Thiere wichtig
sind; sie hören und sehen, was die Gesteine ent-
halten und der Boden, welcher sich aus denselben
bildet, welche Stoffe in dem Stallmist, in dem
Pfuhl und anderen Düngmitteln enthalten sind.
Daran knüpfen sich die praktischen Regeln für den
Betrieb des Ackerbaues, welche den Verhältnissen
der Pfalz, der Bergstraße und des Odenwaldes,
die ja der Landwirthschaftslehrer kennt, genau an-
gepaßt werden.
In der Lehre von der Thierzucht wird gezeigt,
wie das Leben und die Ernährung der Thiere
vor sich geht, was dieselben brauchen, wenn sie
gut gedeihen sollen. Man spricht von den Racen
der Thiere und deren Eigenschaften, von den
Grundsätzen einer richtigen Viehzucht, zeigt, wie
die Thiere beschaffen sein müssen, wenn sie zur
! Mast oder Milcherzeugung tauglich sein sollen.
In der Thicrheilkünde beschäftigt man sich mit
der inneren und äußeren Beschaffenheit des Thier-
körpers , besonders aber des Pferdes und Rindes
mit ihren Hauptmängeln, und mit den häufiger
vorkommenden Thierkrankheiten. Die Schüler be-
kommen praktische Anweisung darüber, wie man
bei vorkommenden Erkrankungen die Thiere be-
handelt, welche vorbeugenden Mittel der Viehbe-
sitzer anwenden soll, bis der Thierarzt das Weitere
anordnet.
(Schluß folgt.)

Theater.
—n. Schwetzingen, 22. Okt. Der Mittwochsvvr-
stellung unserer Theatergescllschafl:
Die Lieder des Musikanten müssen wir heute
lobend Erwähnung thun. Das Stück wurde recht hübsitz
gegeben und bedauern wir nur, Laß zufällig an diesem
Abend die Vorstellung nicht so besucht war, wie sonst.
Das Wiedersehen zwischen Vater und Tochter im zweiten
Akte kennzeichnete sich durch tiefes, warmes Gefühl, wogegen
auch die heitern Parthiem des Stückes ihre Wirkung nicht
verfehlten.
Frl. Wolfs gelangen verschiedene Momente ihrer Rolle
ganz vortrefflich, nur da, wo ländliche Naivität ins Spiel
tritt, vermissen wir jene kindliche Einfalt die durch eine
gewisse Schelmerei nie ersetzt werden kann.
Die Hrn. Hahn und Island, sowie Frau Hahn, waren
gleich vorzüglich in ihrer Darstellung.
Hr. Island jun. sängt auch schon an, ein Häckchen,
das sich krümmt, werden zu wollen; nur ist seine Stimme
noch nicht biegsam genug. Schließlich darf das Violinspie!
Hr. Weiustötters nicht unerwähnt bleiben, welches Schrei-
ber dieser Zeilen übrigens schon vor Jahren als ein treff-
liches kennen lernte.
 
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