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Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (4): 1625 - 1710: [Johann Georg I <spätere Zeit> bis August der Starke <erste Zeit>] — Dresden, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.43933#0127
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SECHSTER ABSCHNITT ■ AUGUST DER STARKE (FRIEDRICH AUGUST I)

wieder an, um der drohenden Umklammerung durch Brandenburg zu entgehen335).
Ein Opfer freilich kostete das, seine Konversion, da ihn sonst weder die Polen
hätten wählen können noch der Kaiser ihn unterstützt hätte/ dieser Entschluß
aber fiel ihm nicht schwer, zumal er den entscheidenden Schritt erst tat, nachdem
er sich des Erfolgs nach Möglichkeit versichert hatte.
Flemming, der spätre allmächtige Kabinettsminister, war der rechte Mann
um die Sache des Kurfürsten in Polen zu betreiben,- mit Mut und Rücksichts-
losigkeit ausgestattet, voll Ausdauer und Geschick in den Geschäften, bot ihm
sein Verwandter der in Warschau lebende Kastellan von Kulm Przebendowski
die Möglichkeit, mit den entscheidenden Persönlichkeiten in nähre Verbindung zu
treten. Freilich war dafür weit mehr Geld nötig als augenblicklich zur Verfügung
stand. Friedrich August, von dem wieder zu Gnaden aufgenommnen altenHoym
in Finanzsachen unterstützt, entschloß sich kurzer Hand seinen Anspruch auf
Lauenburg, das ihm zugleich den Zugang zum Meer gebracht hätte, uml 100000
Taler an Hannover zu verkaufen,- ebenso an Brandenburg um 300000 Taler die
Schutzvogtei über Abtei und Amt Quedlinburg nebst dem Reichsschützamt in
Nordhausen,- ferner das Amt Petersberg bei Halle mit dem Kloster für 40000
an Zeiz,- den Anteil an Henneberg für 45000336). Durch äußerste Anspannung
seines Kredits wurde es ihm möglich die zehn Millionen Taler, womit der Prinz
von Conti, ein Neffe des großen Conde, die von Jakob Sobieski den polnischen
Wahlherrn gebotnen fünf aus dem Felde geschlagen hatte, noch zu überbieten.
Blieb nur übrig den Nachweis über den erfolgten Übertritt zum Katolizismus zu
erbringen, was kurz vor der Wahl noch zu Schwierigkeiten führte.
Der Kardinalprimas von Polen Erzbischof Radzijowski von Gnesen hatte
nämlich noch an dem für die Wahl anberaumten 25 Juni, als Prinz Conti schon
zweidrittel der Stimmen auf sich vereinigt hatte, Zweifel an der Rechtgläubigkeit
des Kurfürsten geäußert, obwohl Flemming bei seiner Rüdckunft nach Warschau
die Nachricht verbreitet hatte, dieser sei schon vor zwei Jahren in Rom zum
Katolizismus übergetreten,- demgemäß war die Wahl auf Vorschlag Przeben-
dowskis auf den folgenden Tag verschoben worden. Flemming mußte nun mit
dem von ihm mitgebrachten Dokument herausrüdcen, worin Augusts Vetter, der
vor acht Jahren übergetretne und kürzlich zum Bischof von Raab geweihte Herzog
Christian August von Zeiz, bestätigte daß der Kurfürst zu Trinitatis am 2 Juni
in aller Form den protestantischen Glauben abgeschworen und den katolischen
angenommen, zugleich auch kommunizirt habe <in Baden bei Wien mit alleiniger
Beihilfe des Herzogs). Zeigte dies Schriftstück auch daß der Übertritt nicht schon
Vorjahren erfolgt sei, so erregte es besonders durch das Fehlen einer Jahreszahl

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