Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (4): 1625 - 1710: [Johann Georg I <spätere Zeit> bis August der Starke <erste Zeit>] — Dresden, 1922

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43933#0128
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VIERTES BUCH ■ 1625-1710

Bedenken, denen der Nuntius Da Via noch am gleichen Tage dadurch zu be-
gegnen suchte, daß er sich bereiterklärte die Handschrift Raabs zu rekognosziren.
Als am folgenden Tage, dem 26sten, das Ergebnis der Wahl das gleiche blieb,
nämlich zwei Drittel der Stimmen für Conti, begann die sächsische Partei sich zu
bilden, indem Stanislaus Dombski, der Bischof von Kujavien, dazu drei Sena-
toren ihr beitraten. Erst am 27sten wurde der Nuntius darum angegangen in
einem Attest zu bekunden, daß er das Schreiben Raabs gesehen — was er bis
dahin verweigert hatte — ,- endlich tat er es, womit nicht nur das anfechtbare
Schriftstück legalisirt, sondern zugleich durch den Vertreter des Papstes selbst er-
klärt worden war, daß er von der Rechtgläubigkeit des Kurfürsten überzeugt sei.
Die sächsische Partei, die unterdessen durch die reichlich ausgestreutenBestechungs-
gelder Flemmings ungeheuer angewachsen war, — noch am vorigen Abend hatte
er 40000Taler erhalten, um Stimmen zu gewinnen —, konnte nun am Abend,
als auf dem Wahlfeld die Wahl Contis endlich vom Kardinalprimas verkündet
wurde, durch den Bischof von Kujavien ihrerseits Friedrich August als den mit
270 gegen Contis 73 Stimmen gewählten König ausrufen lassen. Der Kurfürst,
der als Drohung gegen Polen 8000 Mann in der Lausitz zusammengezogen hatte,
brach Ende Juli nach Krakau auf, wo er sich am 15 September im Dom krönen
ließ. Erst Ende September erschien Conti vor Danzig mit einer kleinen Flotte
aber ohne Armee, wurde jedoch nicht eingelassen und mußte nach einem Monat
umkehren, als Flemming ihm seine Reiterschwadronen entgegenschickte. Am
15 Januar 1698 hielt endlich der Kurfürst als König August II seinen Einzug in
Warschau (über die Konversion siehe die Anlage 38).
So hat er in dem gleichen Jahre wie sein alsbaldiger furchtbarer Gegner
Karl XII von Schweden den Tron bestiegen und damit jene polnische Episode
von 66 Jahren eingeleitet, die scheinbar einen Machtzuwachs für das Land be-
deutete, es tatsächlich aber von den Zielen, die ihm in Deutschland geblieben
wären, endgültig entfernt hat. Es wird berechnet daß ihm diese polnische Krone
88 Millionen Taler, 40000 Mann und 800 Kanonen gekostet habe337).
Die Konversion des Hauptes der Protestanten bedeutete einen Sieg, mit
dem sich die Kurie zufrieden gab, ohne Forderungen zugunsten der katolischen
Kirche in Sachsen aufzustellen. Durch ein Mandat, das der König gleich am
6 August erließ, beruhigte er die Bevölkerung wegen der Religion,- da Sachsen
das Direktorium des Corpus Evangelikorum im Reiche behielt, beruhigte man
sich in der Hoffnung daß der Übertritt nur ein »personaler«, die Änderung somit
nur eine vorübergehende sei. Dieses Mandat wurde am 17 März 1700 und
weiterhin noch am 24 August 1705 bestätigt. Die Königin hat Polen nie betreten.

516
 
Annotationen