Textile Kunst. Prozesse. Geflecht.
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schritten waren, zweifle aber nicht daran dass sie zum Steppen der
früher erwähnten linnenen Schutzwaffen benützt wurde. Die assy-
rischen Krieger der späteren Zeiten trugen Trikotbeinkleider, die
wohl gestrickt sein mochten. Die Aegypter benützten eine Art
von Strickwerk zu ihren Perücken. In neueren Zeiten erfreut
sich diese Kunst wohl in Spanien ihrer höchsten künstlerischen
Ausbildung. Der Skandinavier und Norddeutsche liebt aus uralt-
traditioneller Anhänglichkeit diese Kunst der Bereitung warmer
enganschliessender Kleider, (Hosen oder neuplattdeutsch Hasen,)
zu deren Bereitung die an sich elastische langhaarige Wolle des
Nordens besonders geeignet ist.’ Die Maschine hat auch hier Um-
wälzungen herbeigeführt, die den ästhetisch-ornamentalen Charak-
ter des Gewirks zum Theil vernichteten oder doch zu bedeu-
tungsloser Monotonie herabsetzten.
§. 52.
Das Geflecht (Zopf, Tresse, Naht. Rohrgeflecht, Matte.)
Das Geflecht hätte vielleicht vor dem Strickwerk unter den
Produkten der textilen Künste genannt werden müssen. Es ist
nächst dem Gezwirn dasjenige, was bei der Bereitung der Ge-
binde benützt wird; doch dient es auch zu der Bereitung von
Tegumenten. Das Geflecht gibt ein solideres Strangwerk ab als
das Gezwirn, indem die einzelnen Stränge woraus es besteht,
mehr nach ihrer natürlichen Richtung, d. h. in dem Sinne der
absoluten Festigkeit fungiren, wenn dasselbe gespannt wird. Zu-
gleich hat es den Vorzug, sich nicht so leicht „abrebbeln“ d. h.
in seine elementaren Fäden auflösen zu lassen. Zum Geflecht ge-
hören wenigstens drei Stränge die abwechselnd übereinander grei-
fen. (vde Figur.) Doch lässt sich die Zahl der Stränge beliebig ver-
mehren, wobei aber in der Bereitung des Geflechts momentan immer
nur drei einfache oder mehrfache Stränge aktiv sind, so dass nach
bestimmten Gesetzen immer aktiv gewesene Stränge fallen gelassen
und dafür der Reihe nach andere aufgenommen werden. Das
Rundgeflecht bringt den Wulst (törus) hervor und ist in der
1 Merkwürdig, dass die technischen Ausdrücke die in dieser Branche
der Textrin vorkommen in allen Sprachen nordischen Ursprungs sind: stri-
cken, plattdeutsch knütten, englisch to knit, franz, tricotter, Masche,
davon maglia, mail, far lavori di maglia etc.
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schritten waren, zweifle aber nicht daran dass sie zum Steppen der
früher erwähnten linnenen Schutzwaffen benützt wurde. Die assy-
rischen Krieger der späteren Zeiten trugen Trikotbeinkleider, die
wohl gestrickt sein mochten. Die Aegypter benützten eine Art
von Strickwerk zu ihren Perücken. In neueren Zeiten erfreut
sich diese Kunst wohl in Spanien ihrer höchsten künstlerischen
Ausbildung. Der Skandinavier und Norddeutsche liebt aus uralt-
traditioneller Anhänglichkeit diese Kunst der Bereitung warmer
enganschliessender Kleider, (Hosen oder neuplattdeutsch Hasen,)
zu deren Bereitung die an sich elastische langhaarige Wolle des
Nordens besonders geeignet ist.’ Die Maschine hat auch hier Um-
wälzungen herbeigeführt, die den ästhetisch-ornamentalen Charak-
ter des Gewirks zum Theil vernichteten oder doch zu bedeu-
tungsloser Monotonie herabsetzten.
§. 52.
Das Geflecht (Zopf, Tresse, Naht. Rohrgeflecht, Matte.)
Das Geflecht hätte vielleicht vor dem Strickwerk unter den
Produkten der textilen Künste genannt werden müssen. Es ist
nächst dem Gezwirn dasjenige, was bei der Bereitung der Ge-
binde benützt wird; doch dient es auch zu der Bereitung von
Tegumenten. Das Geflecht gibt ein solideres Strangwerk ab als
das Gezwirn, indem die einzelnen Stränge woraus es besteht,
mehr nach ihrer natürlichen Richtung, d. h. in dem Sinne der
absoluten Festigkeit fungiren, wenn dasselbe gespannt wird. Zu-
gleich hat es den Vorzug, sich nicht so leicht „abrebbeln“ d. h.
in seine elementaren Fäden auflösen zu lassen. Zum Geflecht ge-
hören wenigstens drei Stränge die abwechselnd übereinander grei-
fen. (vde Figur.) Doch lässt sich die Zahl der Stränge beliebig ver-
mehren, wobei aber in der Bereitung des Geflechts momentan immer
nur drei einfache oder mehrfache Stränge aktiv sind, so dass nach
bestimmten Gesetzen immer aktiv gewesene Stränge fallen gelassen
und dafür der Reihe nach andere aufgenommen werden. Das
Rundgeflecht bringt den Wulst (törus) hervor und ist in der
1 Merkwürdig, dass die technischen Ausdrücke die in dieser Branche
der Textrin vorkommen in allen Sprachen nordischen Ursprungs sind: stri-
cken, plattdeutsch knütten, englisch to knit, franz, tricotter, Masche,
davon maglia, mail, far lavori di maglia etc.