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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0375
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Textile Kunst. Chaldäa und Assyrien. 325
vor einigen Jahren nach Schätzen grub, und tief in die solide
Masse der Konstruktion aus festgebrannten Ziegeln vordrang.
Er arbeitete sich 16 Fuss tief hinein und gab dann sein Unter-
nehmen auf. Wäre er nur zwei Fuss tiefer gedrungen, so würde
er die innere Kammer entdeckt und sich überzeugt haben, dass
sie nichts als Schutt enthält, der von dem herabgestürzten Zie-
gelgewölbe, das sie bedeckte, herrührt. Vielleicht mag dennoch
unter diesem Schutte manches Interessante begraben liegen. Das
genannte Gebäude aus gebrannten Ziegeln erhebt sich auf einer
Plattform von Luftziegeln, die ihrerseits 40-—50 Fuss hoch über
den Grund der Ebene emporsteigt. Herum deuten kleinere Rui-
nenhügel und erhöhte Allignements auf Anlagen von Höfen und
Nebenwerken die dieses Hauptgebäude umgaben, und eine Um-
fassungsmauer, (unabhängig von jener die die ganze Stadt ein-
fasst,) umschliesst alle diese zusammengehörigen Bauwerke. Sie
sind unter tiefem Schutt begraben, der nur von dem Haupt-
gebäude herrühren kann das hoch über alle andern Theile der
palastähnlichen Anlage pyramidenartig emporgeragt haben musste.
Die Fagade dieses Hauptgebäudes liegt gegen Südwest und ist
etwa 175 Fuss lang; aber der Zugang ist nicht hier, sondern auf
der entgegengesetzten nordöstlichen Seite. Die Mauern sind, wie
gesagt, aus gebrannten Ziegeln und von verschiedener Dicke
die zwischen 12 und 22 Fuss wechselt; die inneren Räume
sind lang und schmal (wie zu Ninive, s. weiter unten) und die
Mauern der langen Seiten stets die stärkeren, offenbar für den
Widerstand gegen den Schub der Gewölbe womit die Räume be-
dcekt waren, deren Schutt dieselben vollständig ausfüllt und
selbst die Abhänge der Terrasse welche das Gebäude trägt bedeckt.1
Die Südwestfront war mit Gyps bekleidet, der an
einigen Stellen 2^2 Zoll dick aufliegt. Dieser Stucküberzug
ist an den Stellen, wo er sieh erhielt, nach wenigstens 2500 Jahren
so fest als nur jemals. Nächst diesem Umstande ist vor allem merk-
würdig die eigentümliche architektonische Ausstattung dieser Fag-
ade, deren aus Loftus Werke Travels and Researches in Chaldäa and
Susiana entnommener Aufriss und horizontales Profil hier beifolgt.2
1 Der Schutt der Gewölbe allein konnte dazu nicht ausreichen. Offenbar
hatte der Bau noch viele Stockwerke über sich, unter deren Schutt die unter-
sten sich erhielten.
2 Vergl. das im Texte genannte Werk und einen Artikel der Illustrated
 
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