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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0389
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Textile Kunst. Assyrien.

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vorliegende nächste Aufgabe unbedingt verlangt, für das Weitere
auf das Hauptstück „Ninive^ in dem zweiten Theile dieser
Schrift und vorzüglich auf die bekannten Werke über diesen
Gegenstand verweisend.
Die Ausgrabungen haben, wie ich schon oben bemerkte, uns
nur die untersten Etagen eines sehr ausgedehnten und complicir-
ten Terrassenbaues enthüllt. Sie bilden gleichsam nur Kellerräume
und hatten keinen anderen Hauptzweck als den eigentlichen
Hochbau zu tragen, der nicht mehr existirt und mit dem auch
leider das tektonische Element der Konstruktion, die Säule mit
dem ihr zugehörigen Gebälk und Dachwerke, fast bis auf die
letzte Spur verschwunden ist.
Bekanntlich wurden die wichtigsten Entdeckungen über assy-
rische Baukunst an den drei isolirt gelegenen Ruinenhügeln
Chorsabad, Nimrud und Kudjundshik gemacht. Sie liegen alle
drei an der östlichen Seite des Tigris, unweit Moss ul, der erstere
einige Meilen nördlich von dieser Stadt, der zweitgenannte, wel-
cher die ältesten Denkmäler einschliesst, nahe am Ufer des Flusses
und, eine Tagereise südlich, Mossul’gegenüber, der dritte.
Sie waren innerhalb des weiten Umfangs der Stadt Ninive
isolirte feste Burgen, Dynastenhäuser, unter vielen anderen, die
in der Gegend zerstreut liegen.
Alle sind in ihrer Anlage einander ähnlich und gleichen den
vorhin erwähnten chaldäischen Schuttbergen der Gegenden süd-
lich von Bagdad. Mehr oder weniger regelmässige, dem Rechteck
sich annähernde, meilenweite Circumvallationen, deren einge-
schlossener Raum mit kaum mehr kenntlichen Spuren ehemaliger
Konstruktionen untergeordneten Ranges unregelmässig überstreut
ist. — Aber das Bedeutendste der Anlage, der Kern und Mittel-
punkt der Beziehungen aller seiner Theile, ist die erhabene Platt-
form die, einer Bastion vergleichbar, nicht von der Wallmauer
umschlossen und geschützt ist sondern vielmehr, Schutz gewäh-
rend, diese durchsetzt und flankirt.
Die Ebene der Plattform ist im Kleinen was der ganze mit
Wällen umschlossene Raum im Grossen; sie ist ihrerseits mit iso-
lirt stehenden Bauwerken besetzt, deren bedeutendste sich am
Rande der Ringmauer wiederum terrassenförmig erheben und für
sich abgeschlossene Massen bilden. An ihnen wiederholt sich in
geringerem Umfange aber mit desto kräftigerem Ausdruck der
 
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